"Ich bleibe zu Hause": Eher widerwillig nehmen die Italiener die Aufforderung an, in den eigenen vier Wänden zu bleiben.

Foto: imago images/Pacific Press Agency

Blick auf die Engelsburg: Der Lärm und die Vitalität Roms, die seit jeher Besucher aus aller Welt faszinieren, sind zum Erliegen gekommen.

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Dank des zum Erliegen gekommenen Privatverkehrs hat sich die Luftqualität wesentlich gebessert.

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Rom – Die auf ganz Italien ausgedehnte Quarantäne bewirkt Wunder. Von einem Tag auf den anderen ist Rom zu einer ruhigen, überschaubaren Metropole geworden. Der chaotische Verkehr und die bunten Touristenmassen, die sich durch die Innenstadt wälzten, sind verschwunden. Eine beinahe feiertägliche Stille liegt über der Ewigen Stadt.

Io resto a casa (Ich bleibe zu Hause) lautet der Slogan von Premier Giuseppe Conte, der diese Woche die Quarantänezone, die bisher nur die Lombardei und 14 andere Provinzen im Norden umfasst hatte, auf ganz Italien ausweitete. Missmutig passen sich die Römer den Vorschriften an, und zwar mehr aus Sorge vor Anzeigen und Strafen als aus echter Überzeugung, dass Heimisolierung die wirkliche Lösung für die Pandemie sei. Infektionsfälle haben die Metropole bisher nur in geringem Ausmaß betroffen.

Bessere Luft

Der Lärm und die Vitalität Roms, die seit jeher Besucher aus aller Welt faszinieren, sind zum Erliegen gekommen. Dafür ist die Innenstadt bei dem strahlenden Frühlingswetter noch attraktiver als sonst. Der bisher von Menschenmassen stets belagerte Trevi-Brunnen erstrahlt in all seiner barocken Schönheit. Lediglich ein paar Polizisten sorgen dafür, dass sich niemand dem Becken naht. Die Spanische Treppe, normalerweise von lärmenden Touristen in Beschlag genommen, zeigt sich gespenstisch leer. Wenige Fußgänger eilen rasch vorbei. Die Polizei stoppt ein verunsichertes ausländisches Urlauberpaar und befiehlt ihm, sofort ins Hotel zurückzukehren.

Die Quarantäne hat spürbare Auswirkungen auf den Alltag. Dank des zum Erliegen gekommenen Privatverkehrs hat sich die Luftqualität wesentlich gebessert. Tief kann man jetzt die milde Frühlingsluft einatmen, während man durch das Stadtzentrum streift. Das von chronischen Müllentsorgungsproblemen belastete Rom steht dieser Tage in Sauberkeit den nordeuropäischen Metropolen in nichts nach. Die Bediensteten der Müllentsorgungsgesellschaft AMA sind im Dauereinsatz, um die Straßen zu reinigen. Sauberkeit und Hygiene sind in Zeiten der Pandemie oberstes Gebot.

Schwierige Zeiten für Taschendiebe

Rom entdeckt sich während der erzwungenen Heimisolierung auch als durchaus sichere Stadt. Polizei und Militärs patrouillieren rund um die Uhr und kontrollieren, dass die Geschäfte und Lokale auch wirklich geschlossen halten und dass niemand müßig durch die Straßen streift. Es sind schwierige Zeiten für Taschendiebe und Kleinkriminelle, die im täglichen Trubel und dem Massentourismus das ideale Ambiente für ihre "Geschäfte" fanden. Die Kriminalitätsrate ist in der 3,5-Millionen-Metropole in diesen Tagen stark gesunken.

Seit Dienstag ist es den rund 60 Millionen Italienern nur unter drei Bedingungen erlaubt, das Haus zu verlassen: aus gesundheitlichen Gründen, aus beruflichen Verpflichtungen oder aus "sonstigen Zwängen", wie dem Einkauf für den Haushalt. Wem die eigene Decke auf den Kopf zu fallen droht, wandert zum nächsten Supermarkt und entdeckt, dass der Zutritt nicht so frei ist wie früher. Lediglich kleinere Gruppen von fünf Personen werden gleichzeitig eingelassen. Erst wenn diese eingekauft und bezahlt haben, dürfen neue Kunden hinein. Ziel ist, Menschenansammlungen zu vermeiden und an der Kasse eine Distanz von mindestens einem Meter einzuhalten.

Schlagenstehen als Qual

Für die undisziplinierten Italiener ist das Schlangestehen eine Qual, und viele reagieren missmutig auf die Verordnung, vor dem Supermarkt auf den Zugang zu warten. "Das sind ja beinahe Kriegszustände", seufzt eine Frau mit Atemschutzmaske, die mit zwei großen Einkaufstaschen Vorräte für die Quarantänetage besorgen will.

Pasta, Reis, Konserven und Tiefkühlgemüse sind jetzt vor allem gefragt. So sind in den vergangenen drei Wochen 61 Prozent mehr Pasta als üblich gekauft worden, und die Nachfrage nach Konserven hat sich verdoppelt, geht aus jüngsten Statistiken der Lebensmittelindustrie hervor. Wer Ansteckung befürchtet und das Haus nicht verlassen will, lässt sich die Einkäufe in die Wohnung liefern. E-Commerce erlebt eine Hochkonjunktur. (APA, 16.3.2020)