Die Verkleidung des Plasmagefäßes wird erneuert: Statt Kohlenstoffkacheln gibt es einen wassergekühlten Wandschutz.

Foto: IPP/Torsten Bräuer

In der deutschen Kernfusions-Forschungsanlage "Wendelstein 7-X" in Greifswald wird die Kraftwerkstauglichkeit von Kernfusion untersucht. Energie erzeugen wird die Anlage zwar nicht können, sie soll aber die physikalischen und technischen Grundlagen von Kernfusionsreaktoren des Typs Stellarator erforschen. Derzeit läuft die nächste Ausbaustufe der Fusionsanlage Wendelstein 7-X auf Hochtouren: Eine wassergekühlte Innenverkleidung des Plasmagefäßes soll die Anlage für höhere Heizleistung und längere Plasmapulse rüsten.

Die Vorbereitungen für den Einbau der neuen Verkleidung sind abgeschlossen. Die aufwändigen Montagearbeiten werden aber bis in das nächste Jahr dauern, wie das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) mitteilte. Ende 2021 sollen dann die Experimente wiederaufgenommen werden.

Umbauphase für heißere Zeiten

Ende 2018 wurden die Experimente an Wendelstein 7-X nach zwei erfolgreichen Arbeitsphasen vorläufig beendet. Seither läuft der Umbau im Plasmagefäß. "Erst einmal musste das meiste heraus. Jetzt kann der Einbau der neuen Teile beginnen", sagte Hans-Stephan Bosch, der für den technischen Betrieb der Anlage mit zuständig ist. Während bisher die meisten Wandschutz-Komponenten ungekühlt betrieben wurden, werden ab der nächsten Experimentrunde große Wandpartien wassergekühlt sein: "Damit wird Wendelstein 7-X später bis zu 30 Minuten lange Plasmapulse erzeugen können", so Bosch.

Herzstück der neuen Wandverkleidung ist der sogenannte Divertor, die am höchsten beanspruchte Komponente im Plasmagefäß. In zehn breiten Doppel-Streifen an der inneren Wand des Gefäßes folgen die Divertorplatten der geschwungenen Kontur des Plasmarandes. Sie schützen jene Wandbereiche, auf die Teilchen aus dem Rand des Plasmas magnetisch hingelenkt werden. Hinter einem Spalt in der Mitte jedes Doppelstreifens liegt eine Pumpe, die die auftreffenden Plasma- und Verunreinigungsteilchen entfernt. Auf diese Weise lässt sich mit dem Divertor die Reinheit und Dichte des Plasmas regeln.

30 Minuten lange Plasmapulse

Voraussichtlich Ende 2021 kann der Plasmabetrieb wieder starten. Geplant ist, zunächst mit geringer Wasserkühlung, kleiner Heizleistung und kurzen Plasmapulsen zu beginnen, um nach der langen Experimentierpause alle Einbauten im Betrieb testen zu können. Mit voller Kühlung sollten danach längere Pulse mit Plasmaenergien bis zu einem Gigajoule möglich werden – ein Wert, an den man sich langsam heranarbeiten wird. Anstelle der bisher maximal hundert Sekunden langen Pulse mit Heizleistungen von zwei Megawatt und Plasmaenergien von 200 Megajoule soll der gekühlte Hochleistungsdivertor später bei voller Heizleistung bis zu 30 Minuten lange Pulse erlauben. Damit kann Wendelstein 7-X dann das wesentliche Plus der Stellaratoren demonstrieren: die Fähigkeit zum Dauerbetrieb.

Ziel der Forschungsanlage ist es, ein klima- und umweltfreundliches Kraftwerk zu entwickeln. Ähnlich wie die Sonne soll es aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen. Weil das Fusionsfeuer erst bei Temperaturen über 100 Millionen Grad zündet, darf der Brennstoff – ein dünnes Wasserstoffplasma – nicht in Kontakt mit kalten Gefäßwänden kommen. Von Magnetfeldern gehalten, schwebt er nahezu berührungsfrei im Inneren einer Vakuumkammer.

Den magnetischen Käfig von Wendelstein 7-X erzeugt ein Ring aus 50 großen supraleitenden Magnetspulen. Mit Wendelstein 7-X soll die Qualität des Plasmaeinschlusses in einem Stellarator erstmals das Niveau der konkurrierenden Anlagen vom Typ Tokamak erreichen. (red, 17.3.2020)