Der Brand im Lager Moria auf der Insel Lesbos zerstörte Container und Zelte der etwa 20.000 Flüchtlinge, die hier leben.

Foto: AFP / Manolis Lagoutaris

Mytilini – Das Feuer verbreitete sich am Montag durch den Wind extrem schnell im Flüchtlingslager Moria auf der ostägäischen Insel Lesbos. Die Menschen versuchten, in Massen das Gelände zu verlassen. Nicht allen gelang dies. Ein kleines Mädchen verstarb in den Flammen. Viele Leute versuchten sich mit Stoffen, die sie sich vor den Mund banden, vor den Rauchgasen zu schützen und durch den Zaun in das freie Gelände zu gelangen.

Die Feuerwehrleute hatten große Mühe bei den Löscharbeiten, weil sie mit ihren Fahrzeugen kaum zu jenen Orten gelangen konnten, wo das Feuer ausgebrochen war. Denn das Aufnahmezentrum ist eigentlich nur für etwa 3.000 Migranten ausgelegt, doch rund um die offiziellen Container hat sich seit Jahren ein wildes Lager gebildet.

Leicht brennbare Hütten

Insgesamt leben etwa 20.000 Menschen in dem Areal – die allermeisten in selbst gebauten Hütten aus Paletten, die mit Plastik überspannt sind und sehr leicht in Brand geraten können. Sehr viele Flüchtlinge haben sich zudem Lehmöfen vor ihren Behausungen gebaut, in denen sie selbst Brot backen. Es gibt keinerlei Schutz vor Funkenflug, und oft ist zwischen den Zelten nur sehr wenig Abstand.

Griechischen Medien zufolge zerstörte das Feuer zwei der Wohncontainer im Lager sowie einige Zelte. Nach den Löscharbeiten habe man das verstorbene Kind gefunden. Das Mädchen sei zwischen sechs und sieben Jahre alt gewesen. Der Grund für den Ausbruch des Feuers blieb am Montag vorerst unklar. Aber in Moria gab es schon öfters Brände – bei denen Menschen ums Leben kamen.

In den letzten Monaten war die Anzahl der Migranten und Flüchtlinge, die über die Türkei auf eine der griechischen Inseln kommen, wieder angestiegen. Deshalb wird die Situation für die dort lebenden Menschen – etwa 50 Prozent von ihnen sind Afghanen, 20 Prozent Syrer – immer angespannter.

34 Prozent der Migranten auf den Inseln sind minderjährig. Bei den unbegleiteten Minderjährigen (14 Prozent) handelt es sich zumeist um Afghanen. Syrer sind zumeist in Familien geflüchtet.

In den vergangenen Tagen kam jedoch gar niemand mehr nach Lesbos. Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk reisten vom 3. März bis zum 11. März überhaupt nur 42 Migranten und Flüchtlinge per Boot nach Lesbos – und diese kamen alle an nur einem Tag, nämlich dem 5. März.

450 Personen aufs Festland

Ein Grund dafür könnte sein, dass die Leute, die seit 1. März nach Griechenland kommen, keinen Antrag auf Asyl stellen dürfen – die griechische Regierung hat das Asylrecht ausgesetzt, weil die türkischen Behörden den Versuch unternommen hatten, massenhaft Flüchtlinge und Migranten über die Landgrenze nach Yunanistan – so wird Griechenland auf Türkisch genannt – zu schicken.

Migrationsminister Notis Mitarakis hatte indes angeordnet, dass alle 450 Migranten, die seit dem 1. März angekommen sind und in den letzten Tagen in einem Hafenareal in der Hauptstadt Mytilini abgeriegelt waren, vergangenen Samstag aufs Festland geschifft wurden, wo sie in einem geschlossenen Camp untergebracht werden. Ein solches Camp wird gerade in der nordgriechischen Stadt Serres gebaut. Andere sollen ins Lager Malakasa nördlich von Athen gebracht werden. Danach sollen sie laut Mitarakis in ihre Herkunftsstaaten zurückgeführt werden.

Insgesamt sind auf den griechischen Inseln seit dem 1. März etwa 1.700 Migranten und Flüchtlinge angekommen. Mitarakis will sie alle nun schrittweise in geschlossene Lager aufs Festland bringen lassen. Für Rückführungen in die Herkunftsländer ist eine enge Kooperation mit den Vertretungen dieser Länder erforderlich und zumindest ein fremdenrechtliches Verfahren. Es handelt sich um eine politische Entscheidung, dass diese Migranten und Flüchtlinge anders behandelt werden sollen als jene, die vor dem 1. März gekommen sind. Die griechische Regierung will im aktuellen Streit mit der Türkei zeigen, dass es für Migranten und Flüchtlinge keinen Sinn macht, nach Griechenland zu gelangen, weil sie dort keine Rechte bekommen.

Keine Corona-Infektionen

Die türkische Regierung versucht indes weiterhin, Migranten auf die andere Seite der Landgrenze zu schicken. Die betroffenen Menschen sind zwischen diese Fronten geraten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR informierte indes den STANDARD, dass es zurzeit im Lager Moria und im Lager Kara Tepe auf Lesbos noch keine dokumentierten Fälle von Coronavirus-Infektionen gibt. (Adelheid Wölfl, 16.3.2020)