Warum, so fragt ein Leser den Standard, kommuniziert die Regierung die immer härteren Krisenmaßnahmen, die Ausgangsbeschränkung, die Schließung von Lokalen und Sportstätten, den "Notbetrieb" für das ganze Land nur scheibchenweise? Bei ihm löse dies Verunsicherung aus, schreibt der Leser. Ihm wäre lieber, "sie sagen gleich, was Sache ist".

Der Wunsch ist verständlich. Ihn zu erfüllen ist allerdings nicht möglich. Hätten Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler vor zehn Tagen bereits den kompletten "Lockdown" des Landes verkündet, hätte das zweierlei bei den Menschen in Österreich bewirkt: Die einen hätten panisch reagiert. Die anderen hätten die Situation nicht ernst genommen. Die Gefahr der Virusverbreitung ist unsichtbar – das macht sie so tückisch.

Vizekanzler Werner Kogler und Bundeskanzler Sebastian Kurz während einer Sondersitzung des Nationalrates zum Thema "Coronavirus".
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Jeder Einzelne und jede Einzelne in Österreich musste auf den Ernstfall vorbereitet werden. Ein solcher Stufenplan, der die Menschen nicht hinterrücks überfällt, erfordert eine detaillierte, akkurate Beobachtung der täglichen Ansteckungssituation. Und die ansonsten vielkritisierte Message-Control. Dann müssen Maßnahmen genau abgestimmt und gut geplant kommuniziert werden, damit es nicht zu Missverständnissen kommt.

Krisenkommunikation

Tatsächlich ist schwer zu verstehen, warum Wirtshäuser am Wochenende zumindest noch eingeschränkt geöffnet haben durften – Vizekanzler und Sportminister Kogler aber eine geharnischte Strafpredigt inklusive Sanktionsdrohung in Richtung Sportvereine abfeuerte. Die hatten angefragt, ob sie – eingeschränkt – weiterhin Kinder trainieren dürfen. Das war keineswegs vermessen, Koglers Reaktion wirkte zu spontan und überschießend. Auch Innenminister Karl Nehammer übertrieb Ende vergangener Woche in seiner Reaktion auf das Gerücht, es könnte schon am Wochenende zu Ausgangssperren kommen. Das seien "Fake-News", donnerte Nehammer – um ein paar Tage später dann doch massive Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit zu verkünden. Da ist noch Luft nach oben – was Nehammer wohl auch verstanden hat. Sein Auftritt in der Sendung "Im Zentrum" am Sonntag wirkte wesentlich bedachtsamer.

Das negativste Beispiel in Sachen Krisenkommunikation gab in der Vorwoche das Land Tirol. Erst wurde die Gefahr geleugnet, dann kleingeredet und schlussendlich sehr abrupt auf Dramatik umgeschaltet. So sollte es jedenfalls künftig nicht mehr laufen. (Petra Stuiber, 16.3.2020)