Kurzarbeit statt Kündigung: Dafür plädieren Bundesregierung und Sozialpartner in Zeiten der Coronaviruskrise. Die bisher restriktiven Regeln für Kurzarbeit (KUA) wurden gelockert und ein eigenes Modell zur Corona-Kurzarbeit geschaffen. Damit sollen Arbeitsplätze und Fachkräfte gesichert, andererseits die Arbeitskosten der Unternehmen temporär reduziert und vor allem deren Liquidität erhalten werden. 400 Millionen Euro stellt die Regierung vorerst dafür bereit. Der Topf soll aufgestockt werden, sollte er ausgeschöpft sein. Das Arbeitsmarktservice (AMS) übernimmt die Dienstgeberbeiträge bereits ab dem ersten Monat der Kurzarbeit und springt auch im Krankheitsfall ein.

Die neue Regelung sind in der sogenannten Sozialpartnervereinbarung fixiert, die zugleich Betriebs- und Einzelvereinbarung darstellt. Dokumente, Antragsformular und Richtlinien der Covid-19-Kurzarbeit gibt es auf der AMS-Website.

Podcast: Die Wirtschaft kollabiert. Was das bedeutet und welche Gegenmittel es gibt.

Frage: Für wen gilt Kurzarbeit?

Antwort: Die Kurzarbeit (KUA) steht allen Betrieben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten offen, unabhängig von ihrer Größe oder Branche. Seit der Finanzkrise wurde sie vor allem von Industrieunternehmen genutzt, nun kommt sie auch in Handels- und Dienstleistungsunternehmen zum Einsatz, auch Klein- und Mittelbetriebe wenden sie an, um durch die Krise zu kommen. In der neuen Kurzarbeits-Richtlinie sind auch Lehrlinge erfasst, ihre Entgelte beziehungsweise Entschädigungen werden nicht gekürzt. Auszubildende waren bisher von der Kurzarbeit ausgeschlossen. Für Geschäftsführende Organe ist Kurzarbeit nicht vorgesehen.

Frage: Wie lang wird die Corona-Kurzarbeitsunterstützung gewährt?

Antwort: Für maximal drei Monate, sie kann bei Bedarf um weitere drei Monate verlängert werden. Am 30. September endet sie automatisch.

Frage: Was bedeutet Kurzarbeit konkret?

Antwort: Bei der Corona-Kurzarbeit wird die Normalarbeitszeit vorübergehend reduziert, und in der Folge das Arbeitsentgelt. Mitarbeiter erhalten gestaffelt nach Einkommen zwischen 80 und 90 Prozent ihres vereinbarten Nettoentgelts – unabhängig davon, wie viel sie in den vereinbarten Kurzarbeitswochen und -monaten arbeiten. Nettoersatzrate wird das genannt. Wer mehr als 2685 Euro verdient, bekommt 80 Prozent des vor der Kurzarbeit bezogenen Nettoentgelts, zwischen 1700 und 2685 Euro netto sind es 85 Prozent, und unter 1700 Euro werden 90 Prozent gezahlt. Für Geringverdiener ist die Nettoersatzrate also am höchsten. Berechnungsgrundlage ist das durchschnittliche Nettoentgelt der vergangenen 13 Wochen vor der Kurzarbeit (inklusive Zulagen und Zuschlägen). Der Dienstgeber zahlt nur für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, den großen Rest übernimmt das AMS.

Zum Vergleich: Bei Arbeitslosigkeit erhält man nur 55 bis maximal 60 Prozent des bisherigen Entgelts, abhängig von den jeweiligen Ansprüchen.

Frage: Werden Urlaubs- und Weihnachtsgeld auch gekürzt?

Antwort: Nein, Sonderzahlungen sind auf Basis des Entgelts vor der Kurzarbeit zu zahlen. Wurde bereits Urlaub vereinbart, ist dieser ebenfalls auf Basis des Entgelts vor der Kurzarbeit zu bezahlen. Wichtig: Abfertigungen (Abfertigung alt) und Pensionsansprüche sind nicht berührt von KUA und niedrigeren Einkommen.

Frage: Wie wirkt sich KUA auf die Arbeitszeit aus?

Antwort: Über die Dauer der Kurzarbeit muss die gekürzte Normalarbeitszeit mindestens zehn und maximal 90 Prozent der vorherigen Normalarbeitszeit betragen. Sie kann also ein paar Wochen auf null reduziert werden und im letzten Monat fast Vollzeit. Wer sechs Wochen auf KUA ist, kann fünf Wochen null Stunden arbeiten und dann eine Woche 60 Prozent.

Die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten ist im selben Prozentausmaß zu kürzen, heißt es in der Sozialpartnervereinbarung. Es müssen übrigens nicht alle Mitarbeiter eines Unternehmens auf KUA gehen, es können auch Gruppen definiert werden, für die das nicht gilt oder besondere Regelungen. Die Lage der Arbeitszeit (zum Beispiel Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr) ist ebenfalls festzulegen – im Einvernehmen mit dem Dienstnehmer und dem Betriebsrat, sofern einer vorhanden ist.

Neu an der Corona-Kurzarbeit ist, dass die Arbeitszeit zeitweise auch null betragen kann. Mindestens zehn Prozent und maximal 90 Prozent der Normalarbeitszeit beträgt die Kurzarbeitszeit.
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Frage: Sind während der Kurzarbeit Überstunden erlaubt?

Antwort: Überstunden sind grundsätzlich erlaubt, laut KUA-Richtlinie müssen allerdings jene Betriebsbereiche, in denen Mehrstunden erlaubt sind, explizit angeführt werden.

Frage: Muss Alturlaub abgebaut werden, bevor Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen können?

Antwort: Bisher war das geübte Praxis. In den Sozialpartner- und Betriebsvereinbarungen, auf denen diverse Kurzarbeitsmodelle basieren, steht allerdings, dass Zeitguthaben und Alturlaub nur abgebaut werden müssen, wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich wünscht. Darauf verweist auch Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein: Die neue Kurzarbeitsrichtlinie sieht vor, dass Unternehmen "tunlichst" Alturlaube abbauen sollten, weil dies Kurzarbeitsbeihilfen spart. Das sei aber eben nicht allen Unternehmen möglich, etwa wenn die Liquidität schwach ist. Diese Betriebe würden durch Urlaubsabbau zum Vollzeittarif in der aktuellen Coronakrise massiv an Liquidität einbüßen.

Frage: Kann ein Dienstnehmer während der Kurzarbeit auf Urlaub gehen?

Antwort: Grundsätzlich ist die Konsumation von laufendem Urlaub während der KUA-Phase nicht vorgesehen, sie ist aber möglich. Ursprünglich war auch vorgesehen, dass die Arbeitnehmer – quasi als Beitrag der Arbeitnehmer in schwierigen Zeiten – drei Wochen ihres laufenden Urlaubs während der Kurzarbeitsphase verbrauchen, sofern die KUA länger als drei Monate dauert. Da in dieser Urlaubszeit aber das volle Entgelt wie vor der Kurzarbeit gebührt, ist Urlaubsabbau nicht mehr obligatorisch.

In der Kurzarbeitsrichtlinie heißt es wörtlich: "Da der Urlaubsverbrauch (bzw. Verbrauch von Zeitguthaben) von der Arbeitgeberin/vom Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden kann, hat er lediglich ein ernstliches Bemühen und keinen bestimmten Erfolg nachzuweisen. Kommt es etwa in Verhandlungen mit dem Betriebsrat zu keiner Einigung über den Abbau von Alturlauben (bzw. von Zeitguthaben), schadet dies der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber nicht."

Frage: Wie lang wird das Gehalt bei Quarantäne weitergezahlt?

Antwort: Jedenfalls eine Woche, es gibt aber keine gesetzliche Obergrenze. Laut Angestelltengesetz beträgt die Entgeltfortzahlung je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit zwischen sechs und zehn Wochen. Gibt es in Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung eine für den Arbeitnehmer günstigere Regel, ist diese anzuwenden, sagt die Arbeiterkammer.

Frage: Muss ein Arbeitnehmer in Quarantäne oder wird er während der Kurzarbeit krank, welches Entgelt wird dann weiterbezahlt?

Antwort: Eine Quarantäne wegen Covid-19 gilt als Dienstverhinderung, die wie ein Krankenstand behandelt wird – es sei denn, der Dienstnehmer hat sich fahrlässig verhalten, indem er in ein Land auf Urlaub gereist ist, das mit einer Reisewarnung des Außenministeriums belegt war. Im Krankheitsfall kehren Löhne und Gehälter nicht auf das Niveau vor der Kurzarbeit KUA zurück.

Frage: Was ist mit den Sozialversicherungs- und Pensionsbeiträgen?

Antwort: Die Sozialversicherungsbeiträge – Dienstnehmer- und Dienstgeberanteile – sind so zu bezahlen, als wäre die Arbeitszeit nicht verkürzt worden. Allerdings übernimmt das AMS die Dienstgeberbeiträge für Beschäftigte in Corona-Kurzarbeit und das nicht erst nach dem vierten Monat, sondern neuerdings bereits ab dem ersten Tag.

Frage: Bedeutet Kurzarbeit für die betroffenen Dienstnehmer Kündigungsschutz?

Antwort: Kündigungsschutz gibt es während der Kurzarbeitsdauer und einen Monat danach. Stellt ein Betrieb auf Kurzarbeit um, muss der Beschäftigtenstand allerdings gleich bleiben. Kündigungen sind also nur dann möglich, wenn gleichzeitig jemand neu eingestellt wird. Arbeitsplätze, die nach Dienstnehmerkündigungen frei werden, müssen allerdings nicht nachbesetzt werden.

Elektronische Zeiterfassungssysteme müssen für die Kurzarbeit umprogrammiert werden.
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Frage: Was ist die sogenannte Behaltepflicht?

Antwort: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die betroffenen Arbeitnehmer nach dem Ende der Kurzarbeit mindestens einen Monat zu behalten. Diese Regelung gilt unabhängig von der Dauer der Kurzarbeit. Bei besonderen Verhältnissen kann diese Pflicht auch entfallen oder verkürzt werden. Ebenfalls können während der Frist auch zusätzliche überlassene Arbeitskräfte (Zeitarbeitskräfte) eingesetzt werden. Wichtig: Kündigungen dürfen erst nach Ablauf der Behaltefrist ausgesprochen werden.

Frage: Gibt es eigentlich ein Recht auf Kurzarbeit?

Antwort: Nein. Betriebe müssen diese beim AMS beantragen. Falls es einen Betriebsrat gibt, muss der Arbeitgeber mit ihm eine Betriebsvereinbarung abschließen. Gibt es keinen, muss jeder einzelne Arbeitnehmer die Vereinbarung unterzeichnen. Anschließend müssen die Sozialpartner, also die Wirtschaftskammer und die zuständigen Teilgewerkschaften, zustimmen. Im schnellsten Fall soll diese Zustimmung binnen zwei Tagen nach der Antragstellung vorliegen, versichern die Sozialpartner im Fall der Corona-Kurzarbeit.

Frage: Benötigt es solche Vereinbarungen?

Antwort: Wenn Unternehmen unmittelbar vom Coronavirus betroffen sind, etwa durch eine Betriebssperre oder -schließung nach dem Epidemiegesetz, können sie Kurzarbeit ohne Sozialpartnervereinbarung vereinbaren. Arbeitsrechtlerin Jana Eichmeyer rät davon allerdings ab, "weil dann nicht die verbesserten Bedingungen der Corona-Kurzarbeit gelten".

Frage: Kann man Kurzarbeit ablehnen?

Antwort: Prinzipiell ja. Die Gewerkschaft empfiehlt es aber nicht. Die Corona-Kurzarbeit wurde geschaffen, um Kündigungen und Massenarbeitslosigkeit zu vermeiden, indem Unternehmen mit Auftragseinbrüchen und Umsatzausfällen aufgrund höherer Gewalt zu unterstützen. Wer Kurzarbeit ablehnt, dem könnte eine Kündigung drohen, heißt auf der Webseite des ÖGB. (Luise Ungerboeck, Selina Thaler, 27.3.2020)

Quellen: AMS, WKÖ, ÖGB, Ministerium für Arbeit, Familie und Jugend, Aussendung Eichmeyer