Die Fachpublikationen, die von Forschern eingereicht werden, müssen gesichtet und den passenden Experten im Programmkomitee zur Begutachtung weitergeleitet werden – das soll künftig digital und automatisiert passieren.

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Große Wissenschaftskonferenzen bedeuten vor allem auch großen organisatorischen Aufwand. Die Fachpublikationen, die von Forschern eingereicht werden, müssen gesichtet und den passenden Experten im Programmkomitee zur Begutachtung weitergeleitet werden. Bei 300 eingereichten Arbeiten und 50 Gutachtern wird diese Aufgabe zur Herausforderung.

Bei Fraunhofer Austria in Graz arbeiten René Berndt vom Geschäftsbereich Visual Computing und Kollegen an einem Organisationswerkzeug, das mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) diese Aufgabe übernimmt. "Wir versuchen mit dem System die Arbeitslast in dieser Phase zu reduzieren", erläutert Berndt.

Das von den Forschern entwickelte "Submission and Review Management" trifft die Zuordnungen von Einreichungen auf Basis der Publikationsvergangenheit der Gutachter, die zu Trainingsdaten eines Machine-Learning-Systems wird. "Die Reviewer stellen zehn relevante Paper aus der letzten Zeit zur Verfügung, und die KI-Algorithmen lernen daraus ihre Expertise", beschreibt Berndt. Angewandt auf die Beiträge, die für eine Konferenz eingereicht werden, errechnet das System, wie gut die jeweiligen Inhalte wahrscheinlich zusammenpassen.

Kombination mit Kategorisierungssystem

Die größte Herausforderung dabei ist für die Forscher die geringe Datenbasis weniger Publikationen als Trainingsmaterial. Vorteilhaft wären tausende Datensätze. Um diesen Nachteil auszugleichen, wird die KI-Analyse mit einem Kategorisierungssystem – Schlagworte, die den Experten zugeordnet werden – kombiniert. Der Ansatz, der nun bereits bei einigen Veranstaltungen Anwendung fand, wird derzeit evaluiert.

Eingebettet ist das KI-System in ein Managementtool, das Konferenzen vom Einreichen der Arbeiten bis zu ihrer Veröffentlichung in Proceedings, also Tagungsbänden, begleitet. Angewandt wird es bis zu 20-mal pro Jahr bei den "Eurographics"-Konferenzen, wobei heuer wohl generell viele Tagungen pandemiebedingt zu reinen Online-Events werden.

Berndt geht davon aus, dass sich der Nutzerkreis der Entwicklung künftig erweitert. Sie könnte auch in weiteren Feldern Anwendung finden. "Bei Patentanmeldungen könnte man damit nach ähnlichen Erfindungen suchen. Im Human-Resources-Bereich lassen sich aus eingegangenen Lebensläufen gute Nachbesetzungen für scheidende Mitarbeiter finden", gibt Berndt Beispiele. (Alois Pumhösel, 28.3.2020)