Kritik an der angekündigten Ausweisung von US-Journalisten kommt auch vom Club der Auslandskorrespondenten in China.

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Seit Jahren trägt China-Kenner Bill Bishop alle China-Nachrichten zusammen und veröffentlicht sie in einem Newsletter, der mal täglich mal alle zwei Tage erscheint. Am Mittwoch begann er mit folgendem Satz: "Mir fällt keine gefährlichere Zeit in den amerikanisch-chinesischen Beziehungen in den letzten 40 Jahren ein, und das Gemetzel des Corona-Virus hat in den USA gerade erst begonnen."

Im Schatten des Corona-Virus’ verschlechtert sich das Verhältnis der beiden Supermächte massiv. Die jüngste Eskalation: Peking verweist Dutzende amerikanischer Korrespondenten des Landes. Wahrscheinlich alle Journalisten der New York Times, des Wallstreet Journal und der Washington Post müssen wohl innerhalb der kommenden zehn Tage das Land verlassen. Mindestens 13 Journalisten sind davon betroffen (die Ankündigung Pekings ist unklar formuliert). Auch eine Arbeit in Hongkong und Macao ist ihnen damit untersagt.

"Es gibt keine Gewinner"

Der Foreign Correspondent Club China beklagt den Schritt: "Es gibt keine Gewinner, wenn wenn Akkreditierungen von Journalisten als diplomatische Waffe eingesetzt werden", heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. "Journalisten machen die Welt, in der wir leben, heller. Mit diesem Schritt verdunkelt sich China selbst."

Selbst für ein Land wie China ist dies ein massiver Schritt. Seit 2013 wurden neun Journalisten des Landes verwiesen. Die Eskalation hat freilich auch eine Vorgeschichte. Am 3. Februar veröffentlichte das Wallstreet Journal ein Meinungsstück eines Gastautors mit dem Titel: "China ist der kranke Mann Asiens". Darin ging es um den Umgang Pekings mit der Corona-Krise, vor allem aber um die fragilen Finanzmärkte des Landes. Die chinesische Regierung kritisierte die Überschrift als rassistisch, knüpfe sie doch an Ressentiments aus der Kolonialzeit an.

Wie üblich in solchen Fällen hieß es, die Überschrift habe "die Gefühle des chinesischen Volkes verletzt". Peking forderte eine Bitte um Entschuldigung seitens des Wallstreet Journals, außerdem sollte die Überschrift geändert werden. Als dies nicht geschah, verwies Peking drei Korrespondenten des Wallstreet Journals des Landes. Washington rächte sich, indem fortan chinesische Presseorgane in den USA dort ähnlich einer Botschaft als ausländische Vertretung registriert werden müssen. Das führte auch zu einer Obergrenze von 100 akkreditierten Mitarbeitern.

Keine Verhältnismäßigkeit

Pekings Schritt, den Reportern nun ihre Akkreditierung zu entziehen, ist also wiederum eine Reaktion darauf, entbehrt aber jeglicher Verhältnismäßigkeit. Zudem trifft sie die amerikanisch-chinesischen Beziehungen in einer kritischen Zeit. Seit einigen Wochen versucht Peking, das Narrativ rund um das Corona-Virus umzuschreiben. Immer öfter ist nun die Rede davon, amerikanische Soldaten hätten bei einer Militärübung im Herbst das Virus nach Wuhan gebracht.

Zudem hätte China durch sein entschiedenes Vorgehen der Welt wertvolle Zeit erkauft. Beide Behauptungen entbehren jeglicher Grundlage. US-Präsident Trump aber heizte die Situation seinerseits weiter an, indem er am Mittwoch auf Twitter von dem "chinesischen Virus" sprach. (Philipp Mattheis, 18.3.2020)