In der Baubranche herrscht Verwirrung: Auf manchen Baustellen wurde die Arbeit niedergelegt, andernorts wird weitergeackert. Die Verordnung zu den Corona-Ausgangssperren hat hinsichtlich der Frage, welche Baustellen weitergeführt werden dürfen und welche nicht, keine klaren Regelungen geschaffen – DER STANDARD berichtete.

Nun scheint sich eine österreichweite Lösung anzubahnen. Die Sozialpartner verhandelten am Mittwochvormittag in den Ministerien, um zu einer einheitlichen Lösung in der Frage zu kommen. Zur Diskussion standen dort nicht nur Regelungen zu Baustellenstopps, sondern auch rechtliche Fragen.

Rechtsunsicherheit

Die Baufirmen stehen vor durchaus existenziellen Fragen: Dürfen die Auftraggeber bei einem Baustopp auf Schadensersatz klagen? So hat es zumindest die ÖBB den von ihr beauftragten Baufirmen angedroht.

Baustopp! Die Parlementsbaustelle wurde wegen eines Verdachtsfalls am Mittwoch geschlossen.
Foto: Heribert Corn

"Viele haben Angst vor Klagen von den Auftraggebern", bestätigt SPÖ-Nationalratsabgeordneter Rudolf Silvan. Er schlägt eine bundesweite Lösung vor und fordert, "dass da die Republik einspringt. Schadenersatzklagen sollten bis Juni ausgesetzt werden, um Rechtssicherheit zu schaffen".

Rauchende Köpfe in den Kanzleien

In den Anwaltskanzleien laufen dementsprechend gerade die Telefone heiß. "Es hängt auch ganz stark von der Gestaltung der einzelnen Verträge ab", sagt etwa Philipp Scheuba von der Kanzlei BLS.

Die aktuelle Rechtssituation zieht einen ganzen Rattenschwanz an Fragen nach sich. Etwa ob das Risiko einer Verzögerung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhersehbar gewesen sei. "Diese Frage können wir, denke ich, klar mit 'Nein' beantworten", sagt Scheuba dazu.

"Höhere Gewalt"

In vielen Verträgen seien Pönalen – also pauschalisierte Schadensersatzzahlungen – vereinbart, ob in diesem Fall Schadenersatz zu leisten ist, hängt wiederum von der vertraglichen Gestaltung ab. Ob Corona als Fall höherer Gewalt diese Regelungen aussetzen kann, kann aber nicht einmal Scheuba sagen: "Das müssen wir erst prüfen."

Bis die Regierung also eine einheitliche Lösung gefunden hat, wird die Rechtsunsicherheit für die Baufirmen weiterbestehen. (Tobias Kachelmeier, 18.3.2020)