Der einbrechende Tourismus ist für Ägypten ein riesiges Problem – und nicht das einzige.

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Die Corona-Krise hat inzwischen auch zahlreiche afrikanische Länder erreicht, versetzt bisher aber vor allem die Mittelmeeranrainer Nordafrikas in merkliche Alarmbereitschaft. Denn hier ist die Verbreitung des Virus auf dem Kontinent bislang mit Abstand am größten. Die Gesundheitssysteme in Ägypten, Tunesien und Algerien sind jedoch nicht annähernd für eine solche Krise ausgestattet und ausnahmslos in katastrophalem Zustand. Der Umgang der Behörden mit Covid-19 könnte in den drei Staaten allerdings unterschiedlicher nicht sein.

In Algerien hatten sich bestätigte Covid-19-Infektionen zunächst auf die Provinz Blida konzentriert. Die Behörden reagierten daher zunächst abwartend und erließen erst dann einschneidende Maßnahmen, als auch aus anderen Regionen im Land positiv getestete Fälle gemeldet wurden. Am Dienstag verkündete Staatspräsident Abdelmajid Tebboune die Schließung von Moscheen und der Grenze zum Nachbarland Tunesien sowie die praktische Einstellung des Flug- und Fährverkehrs. Tebboune erließ zudem ein landesweites Versammlungsverbot. Vor allem diese Maßnahme spielt der Regierung auch aus innenpolitischen Gründen in die Hände, lässt sich damit doch nebenbei die weiter beharrlich mobilisierende Protestbewegung in die Defensive drängen und von den Straßen vertreiben.

Druck auf Regierung könnte sinken

Innerhalb der seit über einem Jahr gegen die Eliten demonstrierenden Bewegung mehren sich aber bereits die Aufrufe, die Proteste auszusetzen, um der Verbreitung von Covid-19 keinen Vorschub zu leisten und der Regierung keine Steilvorlage für Diskreditierungsversuche zu geben. Das Paradoxe daran: Eine Protestpause dürfte den Druck der Straße auf die Regierung in der Tat vermindern. Doch diese muss nun beweisen, dass sie die Krise zu meistern vermag. Angesichts des desolaten Zustands öffentlicher Spitäler könnte die Pandemie daher zum Bumerang werden und die Proteste in Kürze zusätzlich anheizen.

Tunesiens Regierung wiederum handhabt Covid-19 bisher eher proaktiv, betonte immer wieder, wie beschränkt die Kapazitäten im Gesundheitssystem sind, und legitimierte damit trotz relativ geringer Fallzahlen vorzeitig erlassene Einschränkungen im Alltag. Die aktiv angeheizte Debatte über die Gefahren des Virus hat dabei erhebliche Teile der Bevölkerung erfolgreich sensibilisiert, scheinen Vorsichtsmaßnahmen doch weitläufig ernst genommen zu werden. Zudem hat die Staatsführung inzwischen drastische Schritte eingeleitet und eine landesweite Ausgangssperre verordnet.

Spät und intransparent

In Ägypten hingegen reagierten die Behörden spät, agierten intransparent und setzten wochenlang auf aktive und teils groteske Verharmlosung. Dabei hat die Pandemie das Potenzial für ein veritables Desaster für das vom Tourismus abhängige Land. Der Großteil der Bevölkerung lebt dichtgedrängt auf engstem Raum, das öffentliche Gesundheitssystem ist in einem katastrophalen Zustand und massiv überlaufen. Erst seit Wochenbeginn werden potenzielle Corona-Patienten von anderen Erkrankten getrennt.

Offiziell wurden in Ägypten bisher 196 Covid-19-Fälle bestätigt, sechs Menschen starben. Die Dunkelziffer dürfte aber weitaus höher liegen. Westliche Medien zählten mehr als 100 Menschen, die nach Besuchen in Ägypten in ihren jeweiligen Heimatländern positiv getestet wurden. (Sofian Philip Naceur, 18.3.2020)