Unter praktisch allen bekannten präkolumbischen Völkern Mesoamerikas waren rituelle Ballspiele auf speziell dafür errichteten Plätzen verbreitet. Meist ging es darum, einen Kautschukball durch einen Steinring zu befördern, ohne dass er den Boden berührt. Welche kultische Bedeutung das Spiel genau hatte, ist nicht eindeutig und für alle Kulturen geklärt. Im Popol Vuh, dem heiligen Buch der Quiché-Maya in Guatemala, wird das Spiel als Wettstreit zwischen Sterblichen und den Göttern der Unterwelt beschrieben. Figürliche Darstellungen und Wandbilder untermauern die große Bedeutung dieser Spiele.

Bis heute wurden rund 2.300 derartige Ballplätze in weiten Teilen Mittelamerikas identifiziert. Lange Zeit hielt man die Olmeken an der Küste des Golfs von Mexiko zwischen Tres Zapotes und La Venta für die Erfinder dieser Ballspiele. Wann und wo genau das Spiel mit dem Kautschukbal entstanden ist, ist bis heute rätselhaft. Die bislang ältesten Ballplätze deuteten jedenfalls darauf hin, dass das Spiel erst lange nachdem es sich im Tiefland etabliert hatte, auch bei den Bewohnern des Hochlands Anklang gefunden hat. Insbesondere das Fehlen dokumentierter Ballspielplätze im Hochland bis etwa ein Jahrtausend nach den frühesten Tiefland-Plätzen stützt bisher einen Ursprung dieser Tradition im Tiefland.

Fragment einer Keramikfigur vom Fundplatz Etlatongo zeigt einen präkolumbischen Ballspieler.
Foto: Blomster and Salazar Chávez

Rekordfund im Hochland

Ein aktueller Fund zwingt Fachleute in dieser Frage jedoch zum Umdenken: Ein Team um Jeffrey Blomster und Víctor Salazar Chávez von der George Washington University entdeckte in den Bergen von Oaxaca im Süden Mexikos die Überreste eines der ältesten bekannten Ballspielplätze des Landes. Der Platz ist mit 3.400 Jahren um über 800 Jahre früher entstanden als das bisher älteste Spielfeld im Hochland.

Die Entdeckung stellt die weit verbreitete Überzeugung in Frage, dass das Ballspiel in der Zeit, als es sich als fixer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens etablierte, ausschließlich im Tiefland gespielt wurde. Diese Annahme war zuvor auch davon gestützt worden, dass der für die Herstellung der Bällen verwendete Kautschuk vom Panamakautschukbaum (Castilla elastica) stammt, der nur im Tiefland wächst.

Lage des Fundorts des Ballplatzes.
Illustr.: Formative Etlatongo Project

Der nun entdeckte Ballplatz wurde am Ausgrabungsort Etlatongo in Oaxaca freigelegt und entstand um 1.400 vor unserer Zeitrechnung. Die Archäologen bargen bei ihren Ausgrabungen auch Keramikfiguren aus derselben Zeit, die Ballspieler in Aktion darstellten. Das Spielfeld entspricht weitgehend dem Aufbau des annähernd gleichalten Platzes von Paso de la Amada im Tiefland: Er war rund 46 Meter lang und 25 Meter breit. Der Boden des rechteckigen Platzes bestand aus geglättetem Fels, der möglicherweise rot bemalt war. An der Längsseite gab es mehrere Reihen von steinernen Bänken.

Änderungen bei den Spielregeln?

Die Überreste dieses Ballplatz wurden unter einem anderen, etwas jüngeren Ballplatz gefunden. Dieser zeigte Hinweise darauf, dass sich die Spielregeln oder die Bedeutung des Spiels im Laufe der Zeit gewandelt haben. So waren etwa die Bänke entfernt worden und die seitlichen Wälle waren höher und dicker geworden. Die Wissenschafter vermuten, dass beide Plätze zusammen genommen rund 175 Jahre lang genutzt wurden. Zwischen 1174 und 1102 vor unserer Zeitrechnung dürfte dann ein Brand den jüngeren Ballspielplatz zerstört haben.

Die Archäologen legten in Etlatongo zwei unterschiedliche Spielplätze frei.
Illustr.: Formative Etlatongo Project

Die Forscher um Blomster und Salazar Chávez appellieren in der Fachzeitschrift "Science Advances" an ihre Kollegen, die Geschichte des präkolumbischen Ballsports zu überdenken und neu zu bewerten. Es sei nach den aktuellen Funden durchaus wahrscheinlich, dass sich das Ballspiel bei Hochland- und Tieflandbewohnern nahezu gleichzeitig entwickelt hat, so die Wissenschafter. Um diese Annahme zu untermauern, sollte man in Zukunft nach weiteren alten Ballspielplätze im Hochland suchen. (tberg, 21.3.2020)