Lukas Weißhaidinger bereitet sich am Hof seines Bruders in der ländlichen Gegend des Innviertels vor – so wie er es auch früher gemacht hat.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – Österreichs Olympiasportler werden aufgrund der aktuellen Coronavirus-"Verkehrsbeschränkungen" vor große Herausforderungen gestellt. Noch lautet der Plan, dass die Sommerspiele am 24. Juli in Tokio beginnen. Und solange diese nicht abgesagt werden, laufen bei den Athleten die Vorbereitungen weiter. Allerdings nicht wie ursprünglich geplant. Doch Not macht erfinderisch. Die APA – Austria Presse Agentur machte einen Rundruf:

Leichtathletik/Lukas Weißhaidinger: Der WM-Dritte im Diskuswurf hat sich aus der Südstadt wichtige Trainingsgeräte wie Hanteln und Disken sowie das Kältebecken geholt und bereitet sich in nächster Zeit daheim am Hof seines Bruders in Taufkirchen an der Pram vor – so wie er es früher immer gemacht hat. Dort findet er eine beheizbare Wurfhalle und einen Fitnessraum vor. "Mit Stand jetzt finden die Olympischen Spiele statt und darauf will ich mich bestmöglich vorbereiten." Mit seinem Trainer Gregor Högler werde er per Skype kommunizieren und alles so gut es geht optimieren. "Ich werde zum Beispiel eine zweite Kamera aufstellen, dass er von der Seite zuschauen kann. Ich will die Sache so gut es geht meistern." Bis die Sportstätten dann wieder aufgesperrt werden. "Man darf nicht vergessen, dass das unser Arbeitsplatz ist. Es wird jetzt schwierig werden, den Fokus zu behalten", vermutet der ÖLV-Rekordler.

Leichtathletik/Verena Preiner: Nach der vorzeitigen Rückkehr aus dem Trainingslager auf Teneriffa musste sich die Mehrkämpfern daheim neu orientieren: "Ich habe schon mit meinem Trainer geredet, wir müssen kreativ werden und Lösungen finden, was wir im Freien machen können. Stand jetzt findet Olympia statt, ich muss den Fokus halten und versuchen, gesund zu bleiben. Auch mein Trainer hält den Abstand ein", sagte die Oberösterreicherin. Da es zwei Wochen ohne Krafttraining nicht geht, hat auch Preiner noch Hanteln und Gewichtsscheiben organisiert. Im nahen Wald wird die WM-Bronzene Frischluft tanken.

Rudern/Magdalena Lobnig: Der Ausfall aller geplanten Weltcups und die unklare Tokio-Situation treffen auch die Olympia-Sechste im Einer. "Die Absagen waren natürlich eine gescheite Watschen für alle. Es ist zäh, man trainiert irgendwie ins Leere", sagte Lobnig und sprach sich für eine Olympia-Verschiebung auf 2021 aus. "Ich glaube schon, dass Olympia abgesagt wird, die Spiele durchzuführen wäre verantwortungslos. Ich glaube, sie sollten ein Jahr verschoben werden, das wäre das Gescheiteste." Ihr Trainingsalltag spielt sich aufgrund der geltenden Einschränkungen und der Schließung ihres Ruderclubs am Völkermarkter Stausee derzeit hauptsächlich drinnen ab, dafür stehen ihr daheim Ruder- und Radergometer zur Verfügung. Es mache ihr nichts aus, in den nächsten Tagen und vielleicht Wochen etwas mehr indoor zu trainieren, so Lobnig. Und bei etwaigen Solotrainings am Wasser und in der Kraftkammer bestehe glücklicherweise keine Ansteckungsgefahr.

Segeln/Thomas Zajac: Nach der vorzeitigen Abreise aus Palma de Mallorca sind Österreichs Segler zwei Wochen in freiwilliger Heim-Quarantäne. Thomas Zajac hat sich in eine Hütte am Neusiedler See zurückgezogen. Der Olympia-Dritte von 2016 in Rio in der Segelklasse Nacra-17 hat dort zwar keine Kraftkammer, aber zumindest kann er rausgehen und sich aktivieren. Vom Konditionstrainer bekommt er Pläne übermittelt. "Als Segler ist man es gewöhnt, flexibel zu sein und zu reagieren. Wenn ich es mir aussuchen könnte, wäre ich jetzt nicht in der Hütte, aber das sind die Umstände", sagte er.

Judo/Bernadette Graf: Die Tirolerin hat wie ihre Kollegin Kathrin Unterwurzacher noch rasch Trainingsgeräte nach Hause geholt und wird versuchen, im eigenen Garten im selbst aufgebauten Zirkeltraining fit und in Form zu bleiben. Die Kämpferin der Gewichtsklasse bis 78 Kilogramm behält Olympia im Hinterkopf, um auch den Fokus zu wahren. Als Heeressportlerin will sie auch gern bei Lebensmittel-Konzernen aushelfen. "Wenn die mich brauchen, dann bin ich sofort dabei und räume Regale ein."

Kanu/Viktoria Wolffhardt: Die Niederösterreicherin hatte ein gutes Timing, erst vor rund zwei Wochen wurden dank Technogym neueste Trainingsgeräte geliefert. Statt einem kleinen Bereich am Dachboden, trainiert sie nun bestens ausgestattet im eigenen Keller. "Da habe ich gute Möglichkeiten, ist eigentlich alles vorhanden", betonte die 25-Jährige, die versucht, einen "angepassten Trainingsplan so gut es geht umzusetzen". Die Praxis am Wasser fehlt dabei. Die Wildwasser-Strecke in Wien ist nicht mehr in Betrieb. Privat auf die Donau begibt sie sich nicht. "Es ist derzeit nicht angebracht, auf der Donau paddeln zu gehen. Es gibt momentan andere Dinge, die wichtiger sind", meinte Wolffhardt. Die Corona-Krise könne sie noch nicht richtig fassen. "Es ist Wahnsinn, welche Ausmaße das angenommen hat", schilderte die Kanutin, die "innigst" darauf hofft, dass es zu keiner Olympia-Absage kommt. Davor wären noch einige Wettkämpfe zu absolvieren, aufgrund der derzeitigen Lage ist alles in Schwebe.

Sportschießen/Sylvia Steiner: Die Salzburgerin ist beim Bundesheer in der Krobatinkaserne in St. Johann im Pongau tätig, arbeitet dort in einem Lager. "Ich bin in einer ganz normalen Einheit, kein Leistungssportler in dem Sinn. Bisher gibt es noch keinen Befehl, dass wir wo helfen oder ausrücken müssen", sagte Luftpistolen-Schützin. Coronavirusbedingt hätte sich einiges verändert, so werde etwa beim Antreten auf genug Abstand zwischen den Leuten geschaut. Nichts geändert hat sich daran, dass die 37-Jährige in der Dienstzeit Sport betreiben, also vor allem Laufen gehen kann. Abseits vom Beruf ist sie in der glücklichen Lage, weiter trainieren zu können. Bisher gibt es keine behördliche Sperre für den Schießstand in Bischofshofen. "Der ist weit ab vom Schuss, da sind keine Leute rundherum. Es ist aber auf maximal zwei Leute beschränkt. Wir können uns da weit genug auseinanderstellen", gab Steiner Einblick. Zudem stehe auch Trockentraining an. "Das geht auch bei uns zu Hause." Wann sie wieder wettkampfmäßig im Einsatz sein wird, ist offen. Ein Testevent in Tokio wurde genauso wie die Staatsmeisterschaften bereits abgesagt, der Weltcup in Indien, der auch noch zur Olympia-Quali zählt, wurde vorerst auf Anfang Mai verschoben.

Klettern/Jakob Schubert: Klimmzüge am Griffbrett und Stabilisationsübungen in seiner Innsbrucker WG anstatt intensiver Saisonvorbereitung in der nahen Kletterhalle: So schaut der Alltag des Olympiamedaillenkandidaten derzeit und wohl auch noch für mehrere Wochen aus. "Momentan ist es nicht so schlimm, das kann ich verkraften, aber wenn es ein Monat wird, dann wird es zäh", meinte der seit dem Vorjahr für die Sommerspiele qualifizierte Dreifach-Medaillengewinner der WM 2019. Dass Olympia und die noch nicht abgesagten Weltcups davor heuer überhaupt noch stattfinden werden, bezweifelt Schubert. "Ein Funken Hoffnung ist für mich schon noch da. Meine Einschätzung ist, dass es sehr schnell besser werden muss – nicht nur in Japan. Mit jeder Woche, in der das Virus nicht mehr eingedämmt wird, mindert es die Chancen." Wahrscheinlicher und auch sinnvoller sei eine Verschiebung auf 2021.

Patrick Konrad/Radprofi: Der 28-Jährige trainiert nach der bis auf den Schlusstag durchgezogenen Fernfahrt Paris-Nizza in den nächsten Wochen individuell in der Heimat. "Wichtig ist, dass ich draußen fahren kann und dass ich daheim bin. Ich halte mich an die Vorgaben, deshalb gehe ich natürlich nicht mit Kollegen trainieren", meinte der Staatsmeister. Seine weitere Saisonplanung ist durch die Rennabsagen bis vorläufig Mai jedoch völlig unklar. "Es ist schwierig, man muss trotzdem trainieren und in Form bleiben", so Konrad, der im Mai eigentlich den nun auf unbestimmte Zeit verschobenen Giro d'Italia und im Sommer die Olympischen Spiele bestreiten wollte. Aufgrund der vielen Fragezeichen gelte es derzeit einfach abzuwarten, wie sich die Situation in einige Wochen darstelle. Bei all den Unsicherheiten bringe die Ausnahmesituation für ihn aber auch Erfreuliches: "Ich kann mich um meine Freundin und unser fünf Wochen altes Baby kümmern." Sein Vater Wolfgang Konrad habe hingegen zuletzt wegen der Absage seines Vienna City Marathons "viele schlaflose Nächte gehabt".

Bahnrad/Andreas Müller (gemeinsam mit Andreas Graf): Der Europameister von 2014 hat vergleichsweise "Glück. Die WM ist gelaufen, die Olympiaquali geschafft. Wir haben jetzt etwas Pause", berichtete der gebürtige Deutsche, der derzeit in Berlin weilt. Allerdings musste das Duo in der Vorwoche statt ein Rennen zu absolvieren am Gepäckband des Flughafens von Manchester wieder kehrtmachen, ein Dreitagesrennen Anfang April in Brisbane fällt aus – samt Start- und möglicher Preisgelder. Da man zu "95 Prozent draußen trainiere", seien die aktuellen Einschränkungen – noch – kein Problem. Allerdings: "In Mallorca darfst du derzeit überhaupt nicht fahren und musst 2.000 Euro Strafe zahlen." Müller glaubt derzeit noch an Olympia 2020 – "notfalls auch ohne Zuschauer. Die stehen auf der Prioritätenliste des IOC nicht ganz oben". Eine Verschiebung um ein Jahr ist für den 40-Jährigen denkbar. "Der Plan war ja, meine Karriere mit Olympia zu beenden. Sollte man auf 2022 verschieben, wäre ich aber schon zu alt."

Kunstturnen/Elisa Hämmerle: Die 24-Jährige befindet sich an ihrem Haupt-Trainingsstandort in den Niederlanden, wo seit Montag die Sportstätten geschlossen sind. "Ich hoffe, es wird Ausnahmen für Kaderathleten geben", meinte die Vorarlbergerin, die ihre Zelte aber vorerst nicht abbrechen will. Die Situation sei natürlich alles andere als ideal, zumal "der März eigentlich ein intensiver Aufbaumonat hätte sein sollen".

Schwimmen/Christopher Rothbauer: Der 22-Jährige hat sein Olympia-Ticket erst Ende Februar in Berlin gelöst, lieferte auch eine Woche danach in Malmö Topleistungen und war auf einer Euphoriewelle. Seit dem letzten Wasser-Training vergangenen Freitagfrüh ging es aber Schlag auf Schlag, seine Trainingsstätte Südstadt ist bis Ostern gesperrt. "Für uns Schwimmer geht es darum, im Wasser zu sein. Wenn du von 100 auf 0 rausgerissen wirst, ist das der Tod", meinte Rothbauer in Bezug auf seine Form. Er versucht sich nun daheim fit zu halten. "Ich habe mir aus der Südstadt ein paar Gewichte und Langhanteln nach Hause geholt und eine kleine Kraftkammer zusammengebaut. Sonst kann ich auch Radfahren gehen."

Tischtennis/Stefan Fegerl: Erst seit gut einer Woche steht die Olympia-Qualifikation des 31-Jährigen im Mixed fest, letztlich auch durch Absagen infolge der Coronavirus-Krise. Nun ist Fegerl daheim in Wien weitgehend zur Untätigkeit verurteilt. "Der Fitnessraum in unserem Wohnhaus ist nun auch noch gesperrt, das war die letzte Möglichkeit der körperlichen Betätigung." Abseits der körperlichen Übungen wie Bauchmuskel-Übungen und Liegestütze geht der Ochsenhausen-Legionär zwei- bis dreimal wöchentlich laufen. "Aber das geht in der Stadt nicht mit der Frequenz um Puls 170, die du im Tischtennis brauchst." Die viele Zeit daheim nutzt der mit Ex-Spielerin Li Qiangbing verheiratete Familienvater zudem für Video-Analysen diverser Spiele sowie für die Familie. "Das genieße ich, das hatte ich die letzten vier oder fünf Jahre nicht mehr so." Und mit Erstklassler Louis werden daheim fleißig die E-Learning-Aufgaben erledigt.

Triathlon/Alois Knabl: Der Tiroler wurde am Ende der langen Winter-Vorbereitung just vor den ersten Saison-Wettkämpfen aus seiner geplanten Vorbereitung auf die Spiele gerissen. Auf 25 bis 30 Trainingsstunden bringt er es aber auch daheim. Einzig auf das Schwimmen in der Olympiaworld Innsbruck muss der 27-Jährige derzeit verzichten. "Ich habe ein Laufband daheim und kann auch so Laufen oder Radfahren gehen", erklärte Knabl. "Dann habe ich noch einen kleinen Fitnessraum, wo ich ein bisschen Kraft- und Athletik-Training machen kann. Ich muss ganz normal weitertrainieren, sonst war es das mit meiner Karriere."

Dressurreiten/Victoria Max-Theurer: "Die Situation hat natürlich einen sehr großen Einfluss auf den Qualifikationsprozess, weil da großflächig abgesagt werden muss." Trainings seien aber möglich, die Versorgung der Tiere gesichert. "Wir schauen, dass unsere Pferde bestmöglich gepflegt und bewegt werden." An eine Absage bzw. Verschiebung von Olympia mochte sie noch nicht denken. "Wir müssen abwarten. Ob sich das im Zeitrahmen – es müssen ja auch noch Limits erbracht werden – noch ausgeht, werden wir sehen." (APA, 18.3.2020)