Abgeordnete sorgen sich langfristig um die Handlungsfähigkeit des Parlaments

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Es war ein erster kleiner Schock für das Parlament: Der SPÖ-Abgeordnete Thomas Drozda hatte sich nach einem Skiurlaub in Lech in Isolation begeben, zuvor – als der Ort noch nicht unter Quarantäne stand – aber noch an der Plenarsitzung vergangenen Sonntag teilgenommen. Hat Drozda dort trotz der Sicherheitsmaßnahmen andere Abgeordnete angesteckt? Am Abend kam die Entwarnung: Nein, denn Drozda ist laut Schnelltest selbst negativ.

Aber der Vorfall warf ernst zu nehmende Fragen auf: Was passiert, wenn eine Vielzahl der Abgeordneten in Quarantäne geschickt wird und sich so Mehrheitsverhältnisse im Parlament ändern? Darüber soll sich am Dienstag eine lange Debatte in der Sonderpräsidiale entzündet haben. Diese dauerte deutlich länger als geplant, nämlich von 18.30 Uhr bis knapp 22.00 Uhr. Die Oppositionsparteien neigten eher der Ansicht zu, dass im Extremfall auch kranke oder isolierte Abgeordnete den Nationalrat betreten und an Abstimmungen teilnehmen sollen. Eine Möglichkeit für die Teilnahme aus der Ferne gibt es nämlich derzeit nicht. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) soll dem Vernehmen nach hingegen auf sein Hausrecht gepocht haben.

"An Empfehlungen halten"

Man einigte sich nur informell: Abgeordnete, die sich krank fühlen oder aus Risikogebieten kommen, sollen derzeit nicht an Sitzungen teilnehmen. Offiziell klingt das so: "Die Parlamentsdirektion geht davon aus, dass Abgeordnete im Anlassfall die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden berücksichtigen." Laut dem Geschäftsordnungsexperten Werner Zögernitz haben "Gesetze Vorrang vor Erlässen". Diese könnten Abgeordnete also nicht daran hindern, ins Parlament zu gehen. Ins Spiel gebracht wurde, dass die Parlamentsfraktionen zwei Teams bilden, sodass auch bei einer Quarantäne von Team 1 im Team 2 die Mehrheitsverhältnisse gegeben sind. Das scheiterte wohl am gegenseitigen Misstrauen: Taucht eine Fraktion entgegen der Absprache doch mit allen Abgeordneten auf, würde ihre Macht verdoppelt werden.

Am Freitag werden jedenfalls einige Abgeordnete daheimbleiben. Auf dem Programm stehen neue Maßnahmen gegen die Corona-Krise sowie eine "Budgeterklärung" von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP). (fsc, sefe, 18.3.2020)