Coronavirus-bedingt brauchen Eltern mehr Freizeit, um mangels Kinderbetreuungseinrichtungen und geschlossener Schulen über die Runden zu kommen. Da hilft Kurzarbeit.

Foto: Imago

Wien – "Sichern Sie Jobs, melden Sie Kurzarbeit an!" Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl pries die für die Coronaviruskrise eilig zusammengezimmerte Flexi-Kurzarbeit am Donnerstag wie ein Sonderangebot an. Damit stehe allen, auch liquiditätsschwachen Unternehmen, ein Instrument zur Verfügung, um Arbeitsplätze zu retten. "Es ist für praktisch alle Betriebe geeignet, vom kleinen Friseur bis zum großen Industriebetrieb", warb Anderl.

Die AK-Präsidentin war mit ihrer Botschaft nicht allein. Vor allem ÖGB und Teilgewerkschaften lobten das neue Modell mit vergleichsweise komfortablen Konditionen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. "Bitte kündigen Sie niemanden, sondern melden Sie stattdessen Kurzarbeit an, um Arbeitsplätze in Österreich zu sichern", appellierten auch Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) und die Arbeitsmarkt-Landesräte der Bundesländer. Durch die Übernahme der Dienstgeberbeiträge ab dem ersten Monat durch das AMS (statt ab dem vierten Monat) biete das neue Corona-Kurzarbeitsmodell für Unternehmen äußerst attraktive Bedingungen, ihre Belegschaft trotz der schwierigen Lage weiter in Beschäftigung zu halten.

Auch Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian machten in der ZIB2 Druck: "Es gibt überhaupt keinen Grund, dass man die Leute rausschmeißt", sagte Katzian, "vielleicht überlegt es sich der eine oder andere Betrieb ja noch", meinte Mahrer zu den Berichten, wonach es zwischen Montag und Mittwoch 74.000 neue Arbeitslose gegeben habe.

Kündigungen verhindern

Das Ziel der vom Staat finanziell großzügig angelegten – budgetiert sind 400 Millionen Euro – und bis 30. September befristeten Aktion ist klar: die Verhinderung von Massenarbeitslosigkeit. Allein an den ersten zwei Tagen nach Schließung diverser Geschäfte und Betriebe schnellte die Zahl der Arbeitslosen um 49.000 in die Höhe, Tendenz steigend. Denn nach Gastronomie und Handel wird sukzessive auch das übrige Arbeitsleben heruntergefahren. Nach Fabriken und Autowerken werden auch die Baustellen nach und nach geschlossen.

Die Antragsformulare für die neue Kurzarbeit (KUA) sind seit Donnerstagnachmittag auf der Website des Arbeitsmarktservice (AMS) abrufbar, den Sanktus des AMS-Verwaltungsrats und von Arbeits- und Wirtschaftsministerium haben die Änderungen bereits bekommen. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

  • Abbau von Zeitguthaben und Alturlauben Der Konsum von Zeitguthaben und Alturlauben wird zwar noch immer angeraten (und vom Finanzministerium gewünscht), ist aber nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Damit kommt die Regierung jenen Unternehmen entgegen, deren Liquidität mit der Verhängung des behördlichen Betretungsverbots ihrer Geschäftslokale am Montag massiv eingebrochen ist. Müssten ihre Mitarbeiter stehende Alturlaubsansprüche zu bisherigen Entgelten abbauen, würde dies den Liquiditätsabfluss weiter beschleunigen. Allerdings können Arbeitgeber Urlaubsabbau im Rahmen der Kurzarbeitsvereinbarung anordnen.
  • Arbeitszeit I Die Arbeitszeit ist in der Flexi-Kurzarbeit maximal flexibel, das Entgelt relativ stabil: Egal, wie wenig die Beschäftigten arbeiten (das Minimum ist zehn Prozent, das Maximum 90 Prozent), die Entgelte werden – je nach Einkommenshöhe – nur auf 90, 85 oder 80 Prozent reduziert.
  • Arbeitszeit II Die KUA-Arbeitszeit wird nicht pro Woche oder Monat abgerechnet, sondern kumuliert über die beantragte Zeitspanne. Wird für sechs Wochen eine Reduktion auf zehn Prozent beantragt, kann der Arbeitnehmer in den ersten fünf Monaten theoretisch gar nichts arbeiten und in der letzten Woche sechzig Prozent. Corona-Kurzarbeit kann in einem ersten Schritt für bis zu drei Monate beantragt werden, eine Verlängerung um weitere drei Monate ist möglich – sofern die Corona-Krise länger andauert.
  • Löhne, Gehälter, Entgelte Die Kurzarbeitsbeihilfe bemisst sich am Nettoentgelt des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin vor Kurzarbeit, also Lohn oder Gehalt plus anteiliger Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld im Schnitt der 13 Wochen vor Einführung der Kurzarbeit. Niedrigeren Einkommensgruppen bis 1700 Euro brutto pro Monat ist ein Mindesteinkommen mit 90 Prozent des bisherigen Nettoentgelts garantiert. Bei Gagen bis zu 2685 Euro (brutto) beträgt das Entgelt 85 Prozent, und ab 2686 Euro sind es 80 Prozent. Für Einkommensteile über 5370 Euro gebührt keine Beihilfe, höhere Einkommen werden damit stärker beschnitten, während Lehrlinge hundert Prozent bekommen. Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration sind höher, sie werden wie in Vor-Corona-Zeiten berechnet.
  • Kündigungen Kündigungen sind während der Kurzarbeit nicht vorgesehen, gelten als verpönt. Sind sie in Ausnahmefällen dennoch notwendig, müssen die Sozialpartner konsultiert und Begründungen geliefert werden, außerdem müsste die Stelle neu besetzt werden. Allerdings kann dies bei guter Begründung in wirtschaftlich schwierigen Zeiten entfallen. Einen Kündigungsschutz nach der Kurzarbeit gibt es lediglich für vier Wochen. (ung, 20.3.2020)