Wenn man kein Zuhause hat, kann man auch nicht dort bleiben. Für viele Wohnungslose wird das während der Corona-Krise zum zusätzlichen Problem.

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Eine "seriöse Zahl", wie viele Menschen in Wien derzeit akut obdachlos sind, gibt es nicht, heißt es aus dem Fonds Soziales Wien (FSW). Am nächsten komme man mit folgender Zahl: Im Winterpaket stehen rund 1.400 Schlafplätze zur Verfügung – die Auslastung liege bei 90 Prozent.

Doch was passiert mit den Menschen, die in der Coronavirus-Krise für Ausgangseinschränkungen keine eigenen vier Wände haben?

Den STANDARD erreichen Berichte von Sozialarbeitern, dass wohnungs- und obdachlose Menschen zum Teil unsicher seien, wo sie sich aufhalten dürften. Vereinzelt gebe es auch schwierige Kontakte mit der Polizei, die auf die Einhaltung der Maßnahmen poche.

Hotels öffnen?

Die "Initiative Sommerpaket", ein Zusammenschluss von Sozialarbeitern in der Basisversorgung, berichtet auf ihrem Blog von Engpässen, die sich bemerkbar machen würden. Sie fordert etwa mehr Personal, bessere Schutzausrüstung und Schulungen. Und sie bringt auch eine neue Idee ins Spiel: "Hotels, die gerade mit Millionen subventioniert werden", sollen für Wohnungslose geöffnet werden.

In betreuten Wohneinrichtungen des FSW wurden die Bewohner gebeten, sich in ihren Wohneinheiten aufzuhalten und diese nur für unbedingt notwendige Besorgungen zu verlassen. Externe Besuche sind nicht möglich.

Der FSW sei in gutem Austausch mit dem Krisenstab der Stadt, heißt es im Gespräch mit dem STANDARD. Die Betreiber der Tageszentren für obdachlose Menschen und jene von Schlafstellen wüssten gut über die aktuell notwendigen Maßnahmen Bescheid. Eben an diesen Orten gebe es auch für all jene, die sonst keine ausreichenden Möglichkeiten zur Hygiene haben, die Gelegenheit, sich zu waschen. Auch Desinfektionsmittel stünden bereit.

Sollte es zu einem Verdachtsfall einer Covid-19-Erkrankung kommen, würden Personen mit Symptomen in einem eigenen Raum betreut. Beispielsweise könnte man in Besprechungsräumen eine Ad-hoc-Isolierung von den anderen Klienten sicherstellen. Das Personal habe Informationen, wie mit eventuellen Erkrankten vorzugehen sei. Es würde die übliche Rettungskette wie bei allen anderen auch anlaufen, heißt es vom FSW.

Weiter Winter

Notquartiere, die im Rahmen des Winterpakets einen Schlafplatz bieten, sollen nach Möglichkeit auf Ganztagesbetrieb umgestellt werden. Dadurch, dass die Personen tagsüber die Einrichtungen nicht verlassen müssen, sollen die sozialen Kontakte und das Ansteckungsrisiko reduziert werden. "Es wird dafür Sorge getragen, dass Mindestabstände zwischen den Personen möglich sind", heißt es seitens des FSW. Dafür wird in den Wiener Tageszentren die höchstzulässige Personenanzahl verringert. Wegen des Ganztagsbetriebs der Winterquartiere wird das Tageszentrenangebot "angepasst".

Auch bei der Organisation Neunerhaus gehe es gerade jetzt "um medizinische Versorgung für wohnungs- und obdachlose sowie nichtversicherte Menschen", sagt Geschäftsführerin Daniela Unterholzner. Um das Angebot aufrecht zu erhalten, sei man jedoch auf Spenden angewiesen.

Sollte ein Mensch ohne Wohnsitz tatsächlich positiv auf das Coronavirus getestet werden, jedoch keine hospitale Betreuung benötigen, werde die Person zur Heimquarantäne in einem Pavillon auf dem Grundstück des Spitals Hietzing untergebracht. (Oona Kroisleitner, Vanessa Gaigg, 19.3.2020)