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Patienten mit schweren Verläufen müssen beatmet werden, weil ihre Lunge nicht mehr genug Sauerstoff aufnimmt und ein Multiorganversagen verhindert werden muss.

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In einer laufenden Krise ist es extrem schwierig, Daten zu sammeln. Mediziner retten Leben, die Dokumentation von Patienten ist mitunter nicht einfach. Was in der Statistik jedoch für viel Irritationen sorgt, sind die vergleichsweise hohen Mortalitätsraten in Italien.

Derzeit rüsten sich Österreichs Kliniken auf eine wachsende Zahl an Patienten, die eine Infektion mit Sars-CoV-2 nicht einfach überstehen, sondern Covid-19 entwickeln, also eine schwere Verlaufsform. Österreichs Mediziner wollen von den italienischen Kollegen lernen. Die Medizinische Universität Wien hat ein Webinar organisiert, um aus den Erfahrungen im Umgang mit der Erkrankung zu lernen.

Bisher galt: Das durchschnittliche Alter der Verstorbenen liegt bei 79,5 Jahren. Die deutlich am stärksten betroffene Altersgruppe sind die 80- bis 89-Jährigen. 70 Prozent der Opfer sind Männer. Alle anderen litten an mindestens einer schweren Vorerkrankung. Die Hälfte hatte drei oder mehr Krankheiten, die häufigsten waren Bluthochdruck, Diabetes, Krebs, Herz- und Atembeschwerden.

Nicht nur Ältere

Eine der brennenden Fragen ist es, vorherzusagen, wer genau zur Risikogruppe zählt. "Wir sehen auch eine Reihe von Jüngeren, vor allem Menschen mit starkem Übergewicht, mit schweren Covid-19-Verläufen", sagt Baldassare Ferro, Anästhesist an der Azienda Unità Sanitaria in Livorno. Alter allein sei für die Risikoeinschätzung sicher nicht ausreichend.

Sie rieten Kollegen, bei Verdacht auf Lungenentzündungen auch bei jüngeren Patienten zu testen, ob sie coronapositiv sind, obwohl sie unter Umständen nicht zur Kernrisikogruppe der älteren Menschen zählen.

Auch Jonathan Montomoli vom Universitätsspital in Ancona kann sich derzeit nicht erklären, warum die Mortalitätsrate in Italien so hoch ist. Es könne an der Infrastruktur liegen, am neu eingeschulten Personal. Aber auch daran, dass man den Zustand von Patienten falsch einschätzt. "Wir sehen derzeit keine prognostischen Faktoren, nach denen sich beurteilen lässt, wann sich der Zustand mancher Patienten rapide verschlechtert", so die Anästhesisten, und genau das sei auch das Problem.

CT-Bilder besser

Eine der Auffälligkeiten, von denen auch der österreichische Radiologe Helmut Prosch von der Med-Uni Wien im Webinar berichtet, scheint zu sein, dass das Lungenröntgen dieser Patienten bei der Aufnahme unauffällig wirkt, doch die CT-Bilder eine viel realistischere Einschätzung eines ernsten Lungenstadiums zeigen. Auch Ultraschall habe sich in der Diagnostik von Lungen als überaus hilfreich herausgestellt. Ödeme (Wasseransammlungen in der Lunge), so die italienischen Ärzte, könnten ebenfalls die Situation schnell verschlechtern.

Insofern sollten sich auch Menschen unter 70 Jahren vor einer Infektion schützen und soziale Kontakte vermeiden. Die Mediziner sind auf der Suche nach Daten, um mögliche andere Risikofaktoren besser einschätzen und Patienten frühzeitig besser versorgen zu können. (Karin Pollack, 19.3.2020)