Verkürzte Öffnungszeiten, Plexiglasscheiben und Markierungen am Boden sollen Handelsangestellte vor Infektionen schützen.

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Es sind Gastronomen, Schüler aus Oberstufen, Studenten und Mitarbeiter aus dem Textil- bis hin zum Möbelhandel: Innerhalb von drei Tagen bewarben sich bei Rewe Österreich 15.000 Menschen, um im Lebensmittelhandel auszuhelfen. An die tausend von ihnen sind bereits im Einsatz, 300 weitere haben fixe Arbeitszusagen, andere werden in Evidenz gehalten. "Wir sind jetzt ausreichend mit Mitarbeitern versorgt. Wir prüfen und bearbeiten gerade alle Bewerbungen", sagt Rewe-Sprecherin Ines Schurin.

Vergangene Woche waren Supermärkte nach Hamsterkäufen teils leergekauft. Mittlerweile ist im Handel wieder mehr Ruhe eingekehrt.
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Auch Spar sieht aktuell keinen Bedarf mehr an zusätzlichen Leuten. 260 Beschäftigte der Tochter Hervis wechselten in den Lebensmittelhandel. Der Konzern holte zudem Personal aus seinen geschlossenen Restaurants und der Verwaltung in Filialen und Lager.

Nach dem Ansturm an Kunden vergangene Woche ist in den meisten Supermärkten mehr Ruhe eingekehrt. Schurin vergleicht in dieser Woche die Frequenz mit jener der Vorweihnachtszeit, in der sich zehn bis 20 Prozent mehr Kunden als üblich im Handel tummeln. Da die Wirte geschlossen halten und Haushalte dazu gezwungen sind, selber frisch zu kochen, werde das wohl vorerst so bleiben. "Das zeigen uns auch unsere Erfahrungen in Italien", sagt Schurin.

Ladenschluss um 19 Uhr

Übers Wochenende will die Regierung eine Verordnung auf den Tisch legen, die die Öffnungszeiten des Handels während der Corona-Krise neu regelt. Die Branche geht davon aus, dass sie am Montag in Kraft tritt. Fix ist die Sperrstunde um 19 Uhr. Details dazu wurden bisher nicht übermittelt. Ungeklärt war am Freitag etwa noch, ob Supermärkte in Summe weniger Stunden offenhalten dürfen oder früher aufsperren könnten.

Spar könne mit der Einschränkung auf jeden Fall gut leben, sagt Konzernsprecherin Nicole Berkmann. An Bahnhöfen und Flughäfen, wo bisher bis 23 Uhr eingekauft werden konnte, sei ja kaum mehr was los. Andere Filialen hielten bisher ohnehin nur eine halbe Stunde länger offen. Standorte in ländlichen Gemeinden, bei denen bereits bisher um sechs Uhr Ladenschluss war, behalten ihre bestehenden Öffnungszeiten bei.

Haben Kunden weniger Zeit zum Einkaufen, steigt natürlich insgesamt die Frequenz an Leuten in den Märkten an, gibt Schurin zu bedenken. Rewe werde sich jedoch auf jeden Fall daran halten.

Spar wie Rewe wollen bis spätestens Ende nächster Woche ihre Mitarbeiter an den Kassen mit Plexiglas schützen. Hofer rüstete seine Filialen bereits weitgehend auf.

Markierungen am Boden

Der "Hauchschutz" vor Kassen ist nur eine von mehreren Maßnahmen, die in der Nacht auf Freitag von den Handelssozialpartnern in einem Schutzpaket festgelegt wurde. Für alle Angestellten sollen zudem Handschuhe und Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Nachsatz aus der Gewerkschaft: "Sobald diese wieder verfügbar sind."

In dem Schutzpaket fordern die Sozialpartner Betriebe zudem dazu auf, Schwangere dienstfrei zu stellen und Angestellte mit erhöhtem Gesundheitsrisiko außerhalb des Bereichs mit direktem Kundenkontakt einzusetzen.

Auch für Kunden gibt es neue Verhaltensregeln: Geplant sind Bodenmarkierungen, die dafür sorgen sollen, dass vor Theken und vor der Kassa ein ausreichender Abstand eingehalten wird. Auch Kundenkarten sollen nicht mehr gescannt werden, um den Kontakt zu verringern. Im Bedarfsfall sollen Betriebe dafür sorgen, dass Kunden bei großem Andrang nur gestaffelt in die Geschäfte gelassen werden, um das Infektionsrisiko zu minimieren, heißt es in dem Schutzpaket weiter.

Der Handelsverband begrüßt die Schutzmaßnahmen im Lebensmittelhandel und zeigt auch für die eingeschränkten Öffnungszeiten Verständnis. Um den Handel durch die Krise zu bringen, müsse der Fokus aber mehr denn je auf der Liquidität liegen, warnt Rainer Will, Chef des Verbands. "Das ist die Luft, die der Handel zum Atmen braucht."

Will hält das neue Modell der Kurzarbeit für gut, pocht jedoch auf eine Nachschärfung. Probleme bereite der Branche vor allem die verzögerte Überweisung der Entschädigung des AMS für den Personalaufwand. Vor allem personalintensive oder kleine Unternehmen seien nicht in der Lage, Zeitspannen von einem Monat oder bis zu 90 Tagen zu stemmen. Auch geringfügig Beschäftigte gehörten ins Modell der Kurzarbeit einbezogen. Andernfalls drohen per Monatsende Kündigungen. Spätestens Ende Juni komme das 13. Gehalt. "Hier muss vorgesorgt werden, die Firmen werden diese Kosten nicht heben."

Zahlreiche Apotheker verkaufen Medikamente nur mehr durch das Nachtfenster.
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Neben Supermärkten rüstet auch die Österreichische Post nach: Kommende Woche werden die Filialschalter mit Plexiglas-Trennwänden ausgestattet. Bei heimischen Apotheken gibt es einstweilen noch keine einheitliche Lösung. Viele Standorte würden aber bereits jetzt nur mehr durch das "Guckerl" verkaufen, heißt es im Apothekerverband. (Verena Kainrath, Nora Laufer, 21.3.2020)