Im Jänner 2018 stellte Playerunknown's Battlegrounds einen bisher unerreichten Rekord auf der Distributionsplattform Steam auf. Rund 1,6 Millionen Spieler zockten das Game, das dem Battle-Royale-Genre zum Durchbruch verholfen hatte, im Schnitt gleichzeitig. Am besten Tag waren es sogar über 3,2 Millionen. Von diesen Werten ist das Game zwei Jahre später weit entfernt, die Spielerbasis massiv geschrumpft. In den letzten 30 Tagen – Stand: 22. März via Steam Charts – fanden sich im Tagesschnitt 228.000 Spieler ein. 576.000 waren es am besten Tag.

Bei anderen Entwicklungsstudios würde man wohl viel geben, um überhaupt diese Zahlen zu erreichen. Doch für die PUBG Corporation sollten sie ein Alarmsignal sein. Während "Oldies" wie CS:GO zu Zeiten der Coronavirus-Ausgangssperren aufblühen, scheint PUBG bislang nicht einmal von dieser für Multiplayergames günstigen Situation profitieren zu können. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein guter Teil der Misere ist aber auf dem Mist der Entwickler gewachsen. Eine Analyse.

Die "PUBG"-Spielerbasis schrumpft weiter.
Foto: Steam Charts

"Äußere" Faktoren

Die "äußeren" Faktoren sollten zuerst beleuchtet werden. Natürlich ist es für ein bestehendes Spiel schwer, alle Spieler dauerhaft bei Laune zu halten. Manche neuen Teilnehmer stellen erst nach einer Weile fest, dass sie das Game doch nicht so interessiert, oder haben sich nach vielen Monaten einfach "sattgespielt". Sie machen eine längere Pause oder springen zu anderen Titeln ab.

Konkurrenz gibt es reichlich. Sie reicht vom quietschbunten Fortnite über das Scifi-Setting von Apex Legends bis hin zur jüngst erschienenen Call of Duty-Auskopplung Warzone. Jede Neuerscheinung kostet PUBG natürlich zumindest kurzfristig Spieler, die neugierig sind und die Alternativen ausprobieren. Das muss aber kein Beinbruch sein, kann man sich doch immer noch mit einem einzigartigen, auf Semirealismus getrimmten Spielerlebnis von den anderen Titeln abheben und vermeidet damit zu große Überschneidungen, was das Zielpublikum betrifft.

Ch0pper

Ungehörte Community

Doch gerade was diesen Aspekt angeht, rumort es immer wieder in der Community. Dass Gameplay-Entscheidungen intensiv diskutiert werden, ist nichts Neues. Doch selten stießen sie in dieser schnellen Abfolge auf konstant negatives Feedback. Im Herbst 2019 entschloss man sich bei der PUBG Corporation zur Überarbeitung des immer wieder kritisierten Soundsystems. Mit einer neuen "Lautstärkekurve" und damit einhergehenden Verringerung der "Hördistanz" erschwerte man allerdings die Ortung anderer Spieler. Bis heute gibt es Rufe nach einer Rücknahme.

Das aktuellste Beispiel ist eine mit dem jüngsten Patch 6.3 eingeführte Änderung. Eine zuvor nur mit erhöhtem Risiko aus von Flugzeugen abgeworfenen Kisten zu bekommende Waffe, das leichte Maschinengewehr M249, kann nun überall auf den Karten gefunden werden. Ein Schritt, vor dem viele in der Community gewarnt und gegen den sogar populäre Streamer wie WackyJacky101 mobilisiert hatten. Denn die M249 gilt als enorm stark, da sie ein sehr großes Magazin hat und beim Schießen verhältnismäßig gut kontrollierbar ist.

Umgesetzt wurde der Plan dennoch. Lediglich die Idee, die M249 auch noch zusätzlich in jeder Flugzeugkiste mitzuliefern, verwarf man. Seitdem müssen sich die Entwickler erneut anhören, das Feedback der Spieler nicht ernst zu nehmen. Hinzu kommen strategisch zumindest hinterfragenswerte Entscheidungen. So führte man etwa einen neuen Team-Deathmatch-Modus ein, obwohl in manchen Regionen das Matchmaking für das klassische Battle Royale auf manchen Karten kaum möglich ist und mitunter auch schon Maps aus diesem Grund temporär deaktiviert wurden.

Es ist wenig verwunderlich, dass einige Spieler dem PUBG-Erfinder und einstigen Kreativdirektor Brendan "Playerunknown" Greene nachtrauern, der sich mittlerweile anderen Projekten widmet. Ob unter dessen Leitung bessere Entscheidungen getroffen worden wären, ist freilich bloße Spekulation.

Immer wieder Technikdebakel

Zum wachsenden Graben zwischen Spielern und Entwicklern trägt auch die technische Situation des Spiels bei. Schon seit seiner Early-Access-Phase hat PUBG den Ruf, alles andere als ein Vorzeigebeispiel für gute Optimierung zu sein. Und immer wieder gab es Phasen, in denen ein Teil der Spielerschaft über Performanceprobleme und gröbere Bugs klagte.

Seitdem im Jänner Season 6 eingeläutet wurde, hat diese Problematik ein neues Hoch erreicht. Viele PUBG-Spieler – der Autor dieser Zeilen inbegriffen – plagen sich seit einem der neueren Patches mit massiven Einbrüchen der Bildwiederholrate, die teils zu einem bis zu mehrsekündigen "Freeze" führen und das Game minutenlang verzögert reagieren lassen und damit praktisch unspielbar machen. Mehr als zwei Monate sind die ersten Meldungen dazu her. Zuletzt spielte man einen Bugfix aus, der dies potenziell hätte beheben sollen. Besser wurde die Situation aber nur für einen Teil der Betroffenen, während für andere die gleichen Probleme auf einmal losgingen.

Eines von vielen Videos, die die aktuellen Performanceprobleme dokumentieren.
Marian Vdovin

Es ist nur eines von vielen technischen Gebrechen, mit denen das Battle Royale immer wieder seine Spieler verärgert. Das Spiel wurde von ursprünglich eher unerfahrenen Entwicklern auf die Beine gestellt. Dementsprechend schwer soll es sein, im darunter liegenden "Spaghetticode" die Probleme zu finden und nachhaltig zu beheben. Dass man gelegentlich Forderungen nach einem kompletten Reboot des Games liest, überrascht nicht.

Cheater-Invasion

Doch selbst die Spieler, bei denen der Shooter einigermaßen problemlos läuft, kommen nicht umhin, sich immer wieder ärgern zu müssen. Denn PUBG wird regelmäßig von Cheatern heimgesucht, und aktuell scheint wieder eine Phase zu sein, in der die Anti-Cheat-Mechanismen des Games wieder umfassend nachjustiert werden müssen.

Klar ist es programmiertechnisch nicht einfach, jede Manipulation zu erkennen. Wenn aber regelmäßig Spieler in den Ranglisten vorne sind, deren Kill- und Siegesquote unmöglich mit fairen Mitteln erreicht worden sein kann, neigt sich das Verständnis der Community dem Ende zu. Und auch das von bekannten Streamern wie Kaymind, die dem Game vermehrt den Rücken kehren. Es ist offensichtlich, dass der Hersteller ernste Probleme damit hat, das Phänomen in den Griff zu bekommen.

E-Sports-Misere

Last, but not least, sieht es auch um den E-Sports-Bereich nicht gut bestellt aus. Schon bevor die Coronavirus-Pandemie die Wiedereröffnung der kontinentalen Ligen verhindert hatte, brodelte es mächtig. Zahlreiche Clans – etwa Cloud9, Player One E-Sports, Team Vitality, Dignitas und die Pittsburgh Knights – stiegen nach nur einem Jahr in der nordamerikanischen Profiliga NPL Ende 2019 wieder aus dem Betrieb aus. Zu Weihnachten war E-Sports-Direktor Jake Sin infolge einer "Umstrukturierung" zurückgetreten.

Gegenüber "E-Sports Insider" taten mehrere Teamverantwortliche ihren Unmut mit dem Umgang von NPL und PUBG Corp mit ihnen kund. Gebrochene Versprechen und mangelnde Kommunikation standen auf der Vorwurfsliste ganz oben.

Die große Schweigsamkeit

Davon kann die Spielergemeinde im Allgemeinen ein Lied singen. Selbst zu den aktuellen Performanceproblemen äußert sich die PUBG Corp nur unregelmäßig. Eine für Anfang März angekündigte, detaillierte Roadmap für 2020 wurde immer noch nicht veröffentlicht. Selbst im Geburtstagsblogpost, in dem man sich für die eigenen Errungenschaften lobt, gibt es nur vage Andeutungen zu lesen – und natürlich das Versprechen, dass man natürlich die "dringenden Probleme" lösen wolle.

Es wäre nicht die erste nicht eingehaltene Ankündigung. 2018 startete man die Kampagne "Fix PUBG", im Rahmen derer man zahlreiche gröbere Technikprobleme des Spieles beheben wollte. Gut zwei Monate schien man gut auf Kurs zu bleiben, ehe es zu Verzögerungen kam und das Projekt schließlich halb abgeschlossen in der Versenkung verschwand.

Der Zustand von "PUBG" im Frühjahr 2020 ist nicht erfreulich.
Foto: PUBG (Bearbeitung: STANDARD=

Trübe Aussichten

Immer noch hat PUBG hunderttausende Spieler, über die man sich wohl ausreichend finanzieren kann. Die Corona-Krise dürfte auch dazu beitragen, den weiteren Schwund vorläufig in Grenzen zu halten. Es bröckelt allerdings für das Game an vielen Fronten, und dementsprechend negativ ist die Stimmungslage auf Reddit und in den offiziellen Foren.

Die Ausgangsbeschränkungen werden wohl in wenigen Wochen oder Monaten ausgestanden sein. Bis dahin sollte die PUBG Corporation einen klaren Plan für die Zukunft des Spiels vorlegen. Sonst könnte der dritte Geburtstag für den Battle-Royale-Pionier vielleicht der letzte gewesen sein. (Georg Pichler, 24.3.2020)