Was lesen die Menschen, wenn sie wegen einer Pandemie ihre Wohnung nicht verlassen sollen? Man könnte aus aktuellem Anlass einen Klassiker nachholen: "Die Pest" von Albert Camus. Nur: "Die Pest" ist ausverkauft. Weder im Laden noch online und nicht mal antiquarisch ist das Buch erhältlich, weder gebunden noch als Taschenbuch. Bei Amazon tauchte vergangene Woche vorübergehend ein gebrauchtes Exemplar auf – für 1685,08 Euro. "Wir drucken gerade die 88. Auflage. Die Nachfrage ist ungebrochen, zwei weitere Nachauflagen sind bestellt", berichtet der Rowohlt-Verlag, der die Werke des 1960 verstorbenen französischen Autors herausbringt.

Eine Möglichkeit, doch an das rare gut zu kommen, bietet das Land Kärnten, es öffnet seine Online-Bibliothek für die Bevölkerung. Das gab Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) am Montag in einer Aussendung bekannt. Der kostenlose Zugang soll für "Abwechslung und Ablenkung" sorgen und verhindern, dass den Menschen die Decke auf den Kopf falle, sagte Kaiser. Um für die digitale Bibliothek "DIGITHEK" freigeschaltet zu werden, reicht es, ein entsprechendes Mail an buecherei@spittal-drau.at. Sobald der Antragsteller eine Bestätigungsmail erhält, ist er für die Online-Bibliothek freigeschaltet. Aufgrund der derzeit hohen Nachfrage wird in Bezug auf die Freischaltungen um ein wenig Geduld gebeten. Angeboten werden E-Books, E-Paper, E-Audios und E-Videos.

Bis zu 70 Prozent Rückgang

Der österreichische Buchhandel hat in der ersten Woche der Coronavirus-bedingten Geschäftsschließungen und Ausgangsbeschränkungen indes einen Umsatzrückgang von 50 bis 70 Prozent hinnehmen müssen – und das trotz stark gestiegener Käufe via Telefon und Online-Shops. "Wir haben das befürchtet", sagt Gustav Soucek, der Geschäftsführer des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, am Montag. Aber viele Titel seien derzeit nicht lieferbar, das erschwere den Verkauf. Buchhändler registrieren zudem eine gestiegene Nachfrage auch nach DVDs, Spielen und Puzzles, auch bei den Großhändlern seien viele Puzzles nicht mehr lieferbar, heißt es.

Aber: "Der stärkere Online-Umsatz kann niemals die Einbußen im Ladenverkauf wettmachen", glaubt Hauptverbands-Geschäftsführer Gustav Soucek. "Dazu kommt die traditionell geringere Kapitalisierung der Branche. Die Margen sind gering. Es gibt keine Rücklagen. Alles, was bei den Schließungen über einen Monat hinausgeht, wird gravierende Folgen haben." Soucek sieht 10 bis 20 Prozent der Buchhändler gefährdet, aber auch eine ebenso große Zahl der österreichischen Verlage. "Denen sind durch den Wegfall der Messen und Lesungen alle Präsentationsmöglichkeiten ihres Frühjahrsprogramms weggefallen. Kleine österreichische Verlage mit österreichischen Autoren drohen komplett auf der Strecke zu bleiben. Sie brauchen jetzt jede Unterstützung, auch medial. Aus diesem Grund verstehen wir die vorübergehende Einstellung des Ö1-Kulturjournals überhaupt nicht. Es gäbe soviel Material!"

Material, das beim Österreichischen Vorlesetag am Donnerstag aufgrund von Corona auch online erlebbar sein wird. (APA, 23.3.2020)