Im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos herrschen dramatische Zustände.

Foto: Christian Fischer

Die Grünen machen beharrlich Druck, laufen aber ins Leere. Sie forcieren die Aufnahme von Flüchtlingen von den griechischen Inseln, können sich innerkoalitionär aber nicht durchsetzen. Die grüne Abgeordnete Faika El-Nagashi kann bei der ÖVP keinerlei Offenheit erkennen, ernsthaft über die Aufnahme von Flüchtlingen zu verhandeln. Sie und andere Kollegen wie Ewa Ernst-Dziedzic der Michel Reimon seien aber intensiv darum bemüht, beim Koalitionspartner ein Einlenken zu erreichen.

"Der Druck wird größer", sagt El-Nagashi, "wir können nicht darauf warten, bis Corona in den Flüchtlingslagern um sich greift." Die Zustände in den Lagern in Griechenland seien ohnedies schon untragbar, wenn erst das Virus kursiert, gebe es eine Katastrophe. Die EU müsse helfen, aber auch Österreich. "Das ist machbar", beharrt El-Nagashi auf einer Beteiligung Österreichs, "im Rahmen des Möglichen sollten auch wir Familien aufnehmen." Unterbringung und Betreuung seien machbar. "Da kann man nicht zuschauen, das ist doch keine Frage der Parteizugehörigkeit."

"Es gibt keine Chance, einen Ausbruch einzudämmen"

Auch der Migrationsexperte Gerald Knaus hatte im STANDARD eindringlich gewarnt. Aus Sicht des Mitinitiators des Türkei-Deals müssten die mit 42.000 Bewohnern überfüllten Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln geräumt und die Menschen auf das Festland gebracht werden, bevor es auf den Inseln zu Corona-Massenansteckungen und Panik kommt. Dafür brauche es eine Umverteilung von anerkannten Flüchtlingen in Griechenland auf andere EU-Staaten, um vor Ort Platz zu schaffen.

Die heimische Kanzlerpartei ÖVP sprach sich immer gegen eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus. Und sie lässt sich auch trotz Corona-Warnungen für griechische Flüchtlingslager nicht von ihrer Linie abbringen. Das Innenministerium von Karl Nehammer (ÖVP) plädiert weiterhin für eine "Hilfe vor Ort".

Etwa 200 zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen aus Österreich und ganz Europa forderten in einem gemeinsamen Appell an EU-Politiker und den griechischen Regierungschef Kyriakos Mitsotakis eine Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln angesichts der Coronavirus-Pandemie. "Empfohlene Maßnahmen wie die Wahrung von Distanz zu anderen oder regelmäßiges Händewaschen sind schlicht unmöglich. Es gibt keine Chance, einen Ausbruch in einem Lager einzudämmen", heißt es in dem Schreiben. (Jan Michael Marchart, Michael Völker, 23.3.2020)