"Ich bin natürlich sehr froh darüber, dass nunmehr von unabhängiger Seite die Korrektheit des Handelns meines Teams bestätigt wurde", sagt Walter Klepetko, Leiter des Lungentransplantationsprogramms am Wiener AKH.

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Im Oktober 2019 erhob die "Süddeutsche Zeitung" schwere Vorwürfe gegen Walter Klepetko, den Chef der Chirurgie am AKH Wien. Eine schwerkranke Griechin soll ungewöhnlich schnell eine Lungentransplantation (LuTX) erhalten haben – die Patientin sei vorgereiht worden, obwohl die Vergabekriterien für Spenderorgane streng und transparent geregelt sind.

Die Leitung von Med-Uni Wien und AKH reagierte und installierte eine internationale Expertenkommission, um die Vorwürfe zu prüfen. Nun liegt das Ergebnis vor: Es gebe "keine Hinweise auf systematische Fehler". Es sei zu keinen Manipulationen oder Benachteiligungen österreichischer Patienten gekommen.

Zu dem gesamten Bericht heißt es vonseiten des Wiener AKH und der Med-Uni Wien: "Die internationalen Experten kommen darin zur Schlussfolgerung, dass der Großteil der Organzuteilungen, inklusive der Fall einer griechischen Patientin, ohne formale Beanstandung waren und die Größenordnung der nicht vollständig ordnungsgemäßen Fälle, gemessen an den Ergebnissen von Audits in Deutschland, nicht auffällig hoch war. Es liegen hier keinerlei Hinweise auf systematische Fehler oder Manipulationen vor."

"Keine gravierenden Unregelmäßigkeiten"

Die Ergebnisse decken sich zum größten Teil mit einem bereits 2017 durchgeführten Audit sowie den Anmerkungen in jährlich erscheinenden Berichten des Österreichischen Transplantationsbeirats. "Einzig empfiehlt die Kommission, Mängel bei Dokumentation und Erhebung von Patientenbefunden sowie die unkontrollierte Übernahme von fremdsprachigen Befunden zu verbessern. Die Übersichtlichkeit der zahlreichen internationalen Abkommen ist sicherzustellen, sofern diese noch Gültigkeit haben", heißt es im Urteil der Expertenkommission.

Auch die internen Revisionsberichte der Wiener Stellen hätten "keine gravierenden Unregelmäßigkeiten" ergeben. Genauso erledigt sein dürfte die Frage von Vergütungen nach Organtransplantationen für ausländische Patienten. "Zur Frage der Vergütung der Leistungen über die Sonderklasse an die behandelnden Ärzte und an den Träger der Krankenanstalt AKH Wien ('Infrastrukturbeitrag') liegt mittlerweile eine Stellungnahme der Österreichischen Ärztekammer vor, welche die Angemessenheit der Abrechnungen bestätigt", betonen AKH und Med-Uni Wien.

"Ich bin natürlich sehr froh darüber, dass nunmehr von unabhängiger Seite die Korrektheit des Handelns meines Teams bestätigt wurde", sagt Klepetko, Leiter des Lungentransplantationsprogramms am AKH.

Zukünftig weniger ausländische Patienten

"Die Mitglieder des unabhängigen internationalen Audit-Teams waren und sind fundierte, erfahrene Topleute auf dem Gebiet der Lungentransplantation und auch auf dem Gebiet solcher Audits rund um Lungentransplantationsprogramme. Sie haben klar erklärt, dass in Wien alles korrekt abgelaufen ist und es zu keinerlei Manipulationen gekommen ist", betont der Chirurg. Kleinere Mängel seien in der Dokumentation festgestellt worden, "nicht mehr als anderswo in Zentren dieser Größe auch". Die werde man beheben.

So haben die Med-Uni und das AKH zugesichert, dass die Empfehlungen der Experten zur Verbesserung der internen Dokumentation sofort umgesetzt und laufend evaluiert werden. Außerdem werde als Folge der Untersuchungen seitens des Management Board des AKH die Zahl ausländischer Patienten und Patientinnen im Lungentransplantationsprogramm eingeschränkt.

Schnelle Zuteilung eines Spenderorgans

Im Oktober 2019 war in der "Süddeutschen Zeitung" von einer 47 Jahre alten griechischen Patientin die Rede, die in Wien eine Spenderlunge erhalten hatte. Kritik war daran geäußert worden, dass es in diesem Fall sehr schnell zur Zuteilung des Organs via Eurotransplant gekommen sei.

Das Wiener Team hatte den Aufbau eines Lungentransplantationsprogramms in Athen mit Expertise und Ausbildungsaktivitäten unterstützt. Es gab plötzlich ein passendes Spenderorgan, ebenfalls aus Griechenland. Die Chirurgen in Athen wollten ihr Programm nicht mit einem extrem schwierigen Fall beginnen und baten die Wiener Experten noch einmal um Hilfe.

Klepetko schilderte den Fall so: "Mein Team wurde von den griechischen Kollegen ersucht, diese Patientin ausnahmsweise noch in Wien zu transplantieren. Ich habe dem nur zugestimmt, wenn das aus Griechenland stammende Organ bei Eurotransplant (Verteilungszentrum für mehrere europäische Länder, Anm.) angemeldet würde. Das war transparent, nachvollziehbar und erfolgte nach allen gültigen Regeln. Aufgrund der Kriterien stand dieses aus Griechenland stammende Organ schließlich auch wirklich für den Eingriff an dieser Patientin zur Verfügung." Die Patientin wurde nach Wien geflogen. Das Wiener Chirurgenteam unterstützte die griechischen Ärzte bei der Organentnahme. Die Patientin erhielt die Lunge transplantiert.

Vertrauen hat gelitten

Die Konsequenz aus den Untersuchungsergebnissen laut Klepetko: "Das ist in erster Linie wichtig für alle österreichischen Transplantationspatienten und für die gesamte Bevölkerung, deren Vertrauen in das österreichische Transplantationssystem durch die böswilligen Unterstellungen gelitten hat. Es ist natürlich genauso wichtig für das AKH und die Med-Uni Wien, für mein gesamtes Team und auch für meine Person selbst." Österreichische Patientenvertreter hatten sich im vergangenen Oktober bis hin zu einer Kundgebung am Wiener Stephansplatz für Klepetko und sein Team engagiert.

"Verrechnung der Leistungen legal und angemessen"

Der Chirurg hatte bereits am Anfang der Angelegenheit von "massiver Verzerrung und Missinformation der Öffentlichkeit" im Zusammenhang mit den Vorwürfen gesprochen. Ganz genau so hatten sich im Oktober auch Med-Uni und AKH geäußert: Sie distanzierten sich von Anschuldigungen "auf Basis unvollständiger Informationen und unlegitimiert weitergegebener interner Unterlagen und Daten".

Klepetko verweist auf die hervorragenden Ergebnisse im Rahmen des Lungentransplantationsprogramms in Wien: "Wir haben eine Mortalität auf der Warteliste von drei Prozent. In Deutschland beträgt die Wartelisten-Mortalität für Lungentransplantationen zehn bis zwölf Prozent." Hier sei man auch im Eurotransplant-Verbund europäischer Staaten zum Austausch von Spenderorganen, Dokumentation und Kooperation führend.

Mit Begutachtung und Stellungnahme der Österreichischen Ärztekammer sollte nunmehr auch der Vorwurf der persönlichen Bereicherung ausgeräumt sein. "Die Österreichische Ärztekammer hat festgestellt, dass die Verrechnung der Leistungen für das Team (sie erfolgte nicht für Klepetko, Anm.) legal und angemessen war."

In Misskredit gebracht

Derzeit unterstützt das in der internationalen Spitze agierende Lungentransplantationsteam von AKH und Med-Uni vor allem noch Kroatien. "Vereinzelt führen wir auch noch Operationen für Slowenien und Ungarn bei ganz schwierigen Fällen durch", so der Chirurg.

Sowohl für die von den Vorwürfen direkt Betroffenen als auch für die Verantwortungsträger von AKH und Med-Uni dürfte sich weiterhin die Frage nach den Hintergründen der aufsehenerregenden Angelegenheit stellen. "Eine Person hat versucht, durch das Zuspielen von verfälschten und illegal entwendeten Daten und durch eine diffamierende und verleumderische Darstellung der Zusammenhänge" gegenüber Medien "ein möglichst breites Presseecho zu erzeugen – mit der Absicht, das gesamte Lungentransplantationsprogramm in Misskredit zu bringen, was zunächst leider auch gelungen ist", sagt Klepetko. Auch während des Audit-Verfahrens und während zusätzlicher Untersuchungen zu den erhobenen Vorwürfen sei es zu Interventionen gekommen.

Das Team um Klepetko an der Universitätsklinik für Chirurgie in Wien hat in den vergangenen drei Jahrzehnten eines der größten Lungentransplantationsprogramme weltweit aufgebaut. Dies geschah auch in Kooperation mit zahlreichen europäischen Ländern, denen geholfen wurde, eigene derartige Programm einzurichten. (red, APA, 24.3.2020)