Wenn es um das Coronavirus geht, dann nehmen nicht nur die Infektionszahlen dieser Tage drastisch zu. Auch die Anzahl an Experten, die sich zu Sars-CoV-2 und der Covid-19-Erkrankung zu Wort melden, scheint exponentiell zu wachsen. Das Interesse an dem Thema ist, wenig überraschend, groß.

Und es ermöglicht manchen Leuten, einen völlig neuen Berufspfad einzuschlagen. So auch Tom Kawczynski. Er gehört zu den bekannteren Köpfen der "White Nationalist"-Bewegung. Der ehemalige Gemeindedirektor des Ortes Jackman im US-Bundesstaat Maine spricht sich für eine weiße Vorherrschaft sowie Rassentrennung in den USA aus und prognostiziert in eine Buch einen neuen Bürgerkrieg, in dem diese errungen werden müsste.

Mit dem Aufkommen des Coronavirus hat seine Karriere einen neuen Schub erhalten. Er feiert nun Erfolge mit einem Podcast über die Pandemie.

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Tom Kawczynski vor einer "New Albion"-Flagge.
Foto: AP

Weit vorne bei Apple Podcasts

"Coronavirus Central" nennt sich seine Sendung. Und in den USA rangiert sie bei Apple Podcasts seit geraumer Zeit in den Top-20-Produktionen in der Kategorie "Gesundheit und Fitness". Die massiv steigende Zahl an Infektionen in den Vereinigten Staaten scheint die Nachfrage der Hörer weiter zu steigern. Wie "Daily Beast" dokumentiert, schaffte sie es zwischenzeitlich sogar unter die besten fünf.

Genaue Zahlen sind nicht verfügbar. Kawczynski selbst behauptet aber, dass er mit jeder Folge, sie dauert jeweils mindestens eine Stunde, derzeit rund 20.000 Hörer erreicht. Zum Coronavirus-Central-Podcast gehört auch eine Gruppe beim verschlüsselten Messenger Telegram, wo Kawczynski bereits über 1.500 Anhänger um sich geschart hat. Er hat außerdem ein Beratungsbuch verfasst, das darüber informieren soll, wie man sich auf die Pandemie vorbereitet. Über beruflichen oder wissenschaftlichen Hintergrund im Gesundheitsbereich verfügt er nicht.

Der Traum vom "weißen" Königreich

Seine Medien nutzt er allerdings nicht für sachliche Informationen, sondern zur Verbreitung von Verschwörungstheorien. Diese sind freilich seiner Zukunftsvision zuträglich. Er träumt davon, nach dem Zerfall der Gesellschaft ein "zu 95 Prozent weißes" Königreich – mit ihm als Herrscher – namens "New Albion" zu erreichten, das sich über Teile des US-Nordostens (New England) und den Südosten von Kanada erstreckt. Auch seine eigene politische Bewegung hat er danach benannt.

Von diesem Hintergrund erfahren die Hörer aber offenbar nichts. Er halte sich im Rahmen des Podcasts weitgehend von politischen Kommentaren fern, erklärt Kawczynski.

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Alex Jones bei einem Treffen republikanischer Politiker und Unterstützer (CPAC) in Maryland.
Foto: Reuters

Zahnpasta gegen das Coronavirus

Er ist nicht die einzige Figur aus dem rechtsextremen Spektrum, die versucht, aus der Situation Kapital zu schlagen. Das FBI und andere US-Behörden müssen sich dieser Tage allgemein mit einer massiven Zunahme an Verschwörungstheorien und Betrug herumschlagen, schreibt der "Guardian". So tauchten immer wieder Leute auf, die sich als Beamte aus dem Gesundheitswesen ausgeben und versuchen, dubiose Produkte zu verkaufen oder Malware zu verbreiten.

Auch Infowars, das Portal des Alt-Right-Verschwörungstheoretikers Alex Jones, hat seine Inhalte ganz auf die Pandemie getrimmt. Neben fragwürdigen Geschichten erhalten Besucher dort nun auch Nahrungsergänzungsmittel und Zahnpasten, die angeblich gegen das Virus beziehungsweise die Covid-19-Erkrankung helfen.

Das hat allerdings dazu geführt, dass Infowars nun auch von Google Play verbannt wurde. Es war die letzte größere Plattform, die Jones' Angebot noch nicht gesperrt hatte. Die New Yorker Staatsanwaltschaft hat außerdem eine Unterlassungsaufforderung an Jones verschickt. (gpi, 30.3.2020)