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A1 gibt Daten an die Regierung weiter.

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Dass der Bundesregierung in der Vorwoche anonymisierte Bewegungsdaten von A1-Kunden zur Verfügung gestellt wurden, um dem Krisenstab eine Überprüfung zu ermöglichen, ob die in der Corona-Krise ausgerufenen Ausgangsbeschränkungen eingehalten werden, hat für Diskussionen unter Datenschützern gesorgt. Für den Wiener Datenschutz-Experten Günther Leissler war dieser Schritt rechtlich vertretbar.

24 Stunden

Mit A1 hatte das größte Telekomunternehmen des Landes Bewegungsprofile von Handynutzern im gesamten Bundesgebiet weitergegeben. Das Unternehmen betonte, dass sich anhand der übermittelten Daten keinerlei Rückschlüsse auf den einzelnen Benutzer hätten ziehen lassen. Jedes Handy habe für das Tracking eine zufällig generierte Nummer zugewiesen bekommen, die nach 24 Stunden wieder frisch vergeben wurde. Damit sei Anonymität gewährleistet gewesen.

Dessen ungeachtet kritisierten Datenschützer und die Opposition diese Maßnahme und orteten eine mangelnde Rechtsgrundlage bzw. meldeten grundrechtliche Bedenken an. Zudem machte A1 die Weitergabe der Bewegungsprofile erst nach Presseberichten öffentlich und sorgte so für Unmut.

Die Daten von A1.

Günther Leissler, Experte für Datenschutzrecht und Vorsitzender der AG Datenschutz im Österreichischen Rechtsanwaltskammertag (Örak), geht davon aus, dass A1 beim Datensammeln auf ein Clustermodell zurückgegriffen hat. "Das verhindert, dass einige ausgewiesen werden, sondern zeigt, wie wir uns als Masse verhalten." Unter der Voraussetzung, dass bei diesem Vorgang Anonymisierung gegeben war, "war das etwas, das durchaus vertretbar war", sagt Leissler. In der Corona-Krise finde beim Datenschutz ein Paradigmenwechsel statt, der das Allgemeinwohl in den Vordergrund rücke.

in Wien und anderen Städten wie Linz, Kapfenberg, Innsbruck, Graz oder Amstetten werden Handydaten weiterhin von A1 gesammelt und ausgewertet. In der steirischen Landeshauptstadt Graz wird so die Besucherfrequenz in der Innenstadt und auf dem Schloßberg gemessen, um Rückschlüsse auf getroffene Maßnahmen ziehen zu können.

Nützlich und sinnvoll, aber ...

Der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiorowski hat bei der Nutzung von Handydaten im Kampf gegen die Corona-Pandemie zur Vorsicht aufgerufen. Die Nutzung persönlicher Daten könne hier nützlich und sinnvoll sein, "dieselben Daten können aber auch für sehr undemokratische Zwecke genutzt werden", sagte Wiewiorowski.

Jegliche Verwendung zur Bewältigung der Krise müsse verhältnismäßig und regelkonform sein. "Solange anonymisierte und zusammengefasste Daten genutzt werden, besteht aus datenschutzrechtlicher Sicht kein Problem", sagte Wiewiorowski dazu. Denn streng genommen handle es sich nicht um persönliche Daten. "Allerdings ist die vollständige Anonymisierung von Telefondaten technisch schwierig."

"Dieses Tracking ist eine Schnapsidee"

In Deutschland wird gerade eine Debatte über die Weitergabe von Handydaten geführt. Die netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Anke Domscheit-Berg, schlägt eine "Corona-Ampel" vor, um das Virus Covid-19 zu bekämpfen. "So könnte man ein datenschutzrechtlich unbedenkliches und nicht leicht trollbares Warnsystem mit Handydaten schaffen", sagte sie dem "Spiegel".

Gesundheitsämter sollten Aufenthaltsorte von Corona-Infizierten in eine Onlinekarte eintragen, die nur auf dem eigenen Handy mit den eigenen Bewegungsdaten abgeglichen wird. "Nutzer könnten eine Push-Nachricht erhalten, die sie darüber informiert, wann und wo sie sich an einem Ort aufgehalten haben, der von Gesundheitsämtern für diesen spezifischen Zeitraum als gefährdet klassifiziert wurde – mit roter Ampelfarbe für die gefährlichsten Zeiten."

Andere derzeit diskutierten Varianten zur Nutzung von Handydaten seien entweder nicht datenschutzkonform umsetzbar oder nicht zielführend, meint die parteilose Politikerin: "Dieses Tracking ist eine Schnapsidee."

Daten von der Deutschen Telekom

In Deutschland hatte bereits das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt, mit anonymisierten Handydaten die Wirkung der massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens prüfen zu wollen.. Diese zeigten, ob die Mobilität der Bevölkerung nachgelassen habe. Die Deutsche Telekom stellt dem RKI kostenlos Daten zur Verfügung.

Viele asiatische Länder und besonders China gehen bei der Auswertung persönlicher Daten mit neuen Technologien zur Bekämpfung von Covid-19 noch deutlich weiter. Die chinesischen Technologie-Riesen Alibab und Tencent haben Handy-Anwendungen entwickelt, die auf Basis von Bewegungs- und Interaktionsprofilen das Risiko einer Infizierung mit dem Virus bewerten und farblich darstellen. In mehreren Städten müssen sich Menschen mittlerweile mit dieser App "ausweisen", um etwa die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen zu dürfen.

In Polen werden mithilfe einer Smartphone-App unter Quarantäne gestellte Menschen kontrolliert. Bei Missachtung der Vorgaben drohen Geldbußen oder Polizeibesuche. (sum, 25.3.2020)