Sind Sie auch so nah am Wasser gebaut, dass Sie regelmäßig vor dem Fernseher mit den Tränen kämpfen? Mir geht das so. Nicht bei den "Brücken am Fluss" oder bei "Casablanca". Da hab ich so eine Art FI-Schalter, der fällt und mich sofort wegdunken lässt. Aber bei Autoverfolgungsjagden, da krieg ich feuchte Augen. Ja, mir tut es halt leid um die Autos. Manche hätten sich in meiner Garage besser gemacht als am Schrottplatz.

Kunstform Schrottproduktion

Es ist allein der enorme Respekt vor den Stuntfahrern, der mich davon abhält, hemmungslos ein Hunderterpackl Taschentücher vollzurotzen. Meine größten Tränendrücker hab ich hier für Sie zusammengestellt. Und weil es Ihnen ohnedies auffallen wird: Nein, es sind ganz bewusst keine aktuellen Filme dabei – und aktuell heißt, nach 1997 –, nur eine Ausnahme habe ich mir erlaubt. Damals lief "Titanic" im Kino. Und im Anschluss daran habe ich beschlossen, nie wieder ins Kino zu gehen. Daran habe ich mich recht gut gehalten. Allein um meine Ehe zu erhalten, habe ich seit damals zwei Ausnahmen gemacht.

Nachdem die meisten Filme ja sowieso ein paar Jahre später im Fernsehen gespielt werden, hatte ich ausreichend Gelegenheit, meinen Entschluss zu kräftigen. Darum greife ich, wenn "The Fast and the Furios" laufen, auch heute noch gerne zur Fernbedienung und schalte um auf den DVD-Player, in dem für solche Fälle immer ein ganz besonderes Filmwerk liegt, das gleich ganz traurig beginnt.

Altrimenti ci arrabbiamo!

Es handelt sich dabei nicht um eine Verfolgungsjagd im engeren Sinn, sondern Bud Spencer und Terence Hill liefern sich ein Rennen. Weitere Hauptakteure sind Ford Escorts und Ford Capris. Wer mich auch nur ein kleinwenig kennt, versteht sofort, dass ich diese Schauküche für einen Blechsalat nicht ohne Emotionen zu zeigen anschauen kann. Für die Ungeduldigen und jene, die neben Ohrenschmerzen bei den beiden De-Angelis-Brüdern auch noch Haarausfall kriegen: Ab Minute 2:48 fliegen die Fetzen – und die Fords.

Film Passion

Können Sie sich noch erinnern, im welchem Jahr der neue Oldsmobil erstaunlich früh auf den Markt kam? Das bemerkten Jake und Elwood Blues 1980 im Film "Blues Brothers". Sie haben bei den Dreharbeiten sieben der dreizehn angekauften Polizeifahrzeuge vernichtet. In diesem Film gibt es mehr als nur eine Verfolgungsjagd, die legendärste ist aber sicher die in dem Einkaufszentrum. Dafür wurde die schon jahrelang geschlossene und verlassene Dixie Square Hall in Harvey, Illinois, renoviert und neu ausgestattet. Es ist unnötig zu erwähnen, dass von der Renovierung danach nichts mehr zu merken war – sogar Musikinstrumente haben sie in der Szene zu Hauf zerstört.

Movieclips

Gehen wir wieder ein Stück zurück – nicht nur in der Zeit, es handelt sich um einen Film aus 1968 –, und bleiben wir noch einmal bei den Fords. Steve McQueen als Lieutenant Frank Bullitt fährt in der nächsten Verfolgungsjagd nämlich einen solchen. Einen Mustang.

Diese Verfolgungsjagd schrieb gleich aus mehren Gründen Filmgeschichte. Nicht nur, weil hier die Reifen am Schotter ausnahmsweise nicht quietschen. Es wird kein Wort gesprochen, es gibt keine Hintergrundmusik, noch nie hat ein Auto so viele Zierkappen in so kurzer Zeit verloren, nie wieder wurde ein Käfer so oft von den gleichen Autos überholt, und nie wieder gab es Autos, die so oft nach oben und nie runtergeschaltet wurden.

Kavallero

Eine einzige Verfolgungsjagd, von vorne bis hinten, ist "Cannonball Run". Beide Teile davon. Und der zweite Teil fängt sogar fast gleich an wie der erste. Mit einer Verfolgungsjagd, in der zwei Damen in einem Lamborghini mit der Polizei Abfangen spielen. Ich hab mich an dieser Stelle für den Einstieg in Teil zwei entscheiden. Denn es heißt immer, dass das Original besser sei als der Versuch der Fortsetzung. In dem Fall ist das anders. Zumindest was diese erste Verfolgungsjagd betrifft.

f22rumaj

Eine Verfolgungsjagd, bei der Motorboote die Rolle der Autos einnehmen, muss hier auch erwähnt werden. Weil James Bond in dieser Aufstellung einfach nicht fehlen darf. Es ist ein älterer Bond-Film, der erste mit Roger Moore – der ja danach auch in "Cannonball Run" mitspielte – aus 1973. "Leben und sterben lassen".

JupiterDoc

Apropos sterben lassen: Detective Burt Simpson will um jeden Preis im Dienst sterben. Denn nur dann bekommt seine Familie eine fette Auszahlung von der Lebensversicherung. Und er hat es eilig mit dem Sterben, denn er glaubt, er habe wegen einer Krankheit nur mehr 14 Tage zu leben. Entsprechend führt er sich im Dienst auf – etwa bei einer Verfolgungsjagd. Na klar, sonst käme er hier ja nicht vor. Dabney Coleman spielte 1990 in "Short Time" – auf Deutsch hieß der Film "Hilfe – warum bringt mich keiner um?" – Burt Simpson.

VaRaces Chase Database

Naheliegenderweise dürfen in dieser Liste auch nicht fehlen: eine Verfolgungsjagd durch Wien. Weil wir sind ja wer. Und der Clooney Schurl. Ein bisserl was für Herz und Auge. Die Kombination daraus kam bei uns 1997 unter dem Namen "Projekt: Peacemaker" in die Kinos. 50 Millionen Dollar soll der Dreh verschlungen haben. Kein Wunder also, dass da für gescheite Nummerntafeln kein Geld mehr übrig war.

Tonii Curtis Smith

Der Mustang war ein beliebtes Auto für Verfolgungsjagden. Als weiterer Beweis dafür gilt die italienisch-kanadische Koproduktion "Feuerstoß" aus 1976. Der Film selbst mag nicht unbedingt zu den besten zählen – nur so konnte es auch passieren, dass sich der Mustang am Ende einem Buick geschlagen geben muss –, die Verfolgungsjagd zeugt aber von der hohen Fertigkeit der Stuntfahrer. Die schlechten Fahrwerke damals waren wohl der Grund, warum Autos den Kosenamen Schaukeln bekommen haben – in der Szene, in welcher der Mustang am Dach liegend sein Ende findet, kann man kurz die Blattfedern sehen –, der Rest des Wagens ist eh keines Blickes mehr wert.

VaRaces Chase Database

Jean-Paul Belmondo tanzt natürlich wieder aus der Reihe. In "Fröhliche Ostern" aus 1984 reicht ihm ein Fiat Uno für die Autohatz. Sogar auf einen Verfolger oder einen zu Verfolgenden verzichtet er. Und zum Schluss fährt er sogar mit einem Auto, bei dem sich die Räder nicht drehen. Gut, Letzteres sagte man ja damals mehreren Fiats nach.

cinephile19

Ein Autonarr vor dem Herren ist Rowan Atkinson. So kommt die James-Bond-Parodie "Johnny English" nicht ohne Verfolgungsjagd mit einem Aston Martin aus. Wenig verwunderlich ist, dass die ganze Sache völlig aus dem Ruder läuft.

Mr Bean

Und damit sind wir bei den schlechtesten Verfolgungsjagden der Filmgeschichte. Oder nennen wir die folgende zumindest mit eine der skurrilsten. 1963 erscheint die Krimikomödie "Der rosarote Panther" von Blake Edwards. Nicht nur Peter Seller und David Niven schreiben Film-, sondern auch Henry Mancini Musikgeschichte. Ja, die Verfolgungsjagd am Schluss eh auch.

PinkPantherClips

Die wohl unumstritten schlechteste Verfolgungsjagd der Filmgeschichte kam 1988 in die Kinos. Am Steuer sitzt Bob Hoskins, neben ihm Roger Rabbit. Aber zwei Details muss man hier lobend erwähnen. Technisch war das damals eine Meisterleistung. Und die Szene dauert nicht lange.

FRESH Movie Trailers

Sie haben noch nicht genug? Sie haben jetzt erst richtig Blut geleckt? In der Wochenendausgabe des STANDARD geht Kollege Michael Völker einen Schritt weiter und fasst die besten Autofilme zusammen, die man gesehen haben muss. Und in den Postings freuen wir uns über Links zu den Verfolgungsjagden, die Ihnen am besten gefallen. (Guido Gluschitsch, 31.3.2020)