Am Strand sind die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens schon mit Masken unterwegs ...

APA / AFP / Mohammed Abed

... auch Künstler behelfen sich mit Arbeit an Masken, die auch Aufmerksamkeit schaffen soll.

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Und sogar Schaufensterpuppen versuchen sich und andere vor einer Infektion zu schützen.

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Als würde man einen Benzinkanister anzünden und in einen geschlossenen Raum mit vielen Menschen darin werfen: So schildert auf "Middle East Eye" eine Frau im Gazastreifen ihre Erwartungen, sollte es in dem von der Hamas regierten und weitgehend abgeriegelten Gebiet zu einem Ausbruch von Covid-19 kommen. Der Gazastreifen gehört mit einer Fläche von 360 Quadratkilometern und einer Bevölkerung von zwei Millionen Menschen zu den am dichtesten besiedelten Gebieten der Welt. Die Infrastruktur ist eineinhalb Jahrzehnte nach dem Abzug Israels, das jedoch das Gebiet von außen blockiert, in einem Zustand, der die Uno für das Jahr 2020 die "Unbewohnbarkeit" befürchten ließ. Das war noch vor der Corona-Krise.

Gerade die Isolierung hat vielleicht dazu beigetragen, dass das Coronavirus relativ spät im Gazastreifen ankam: Zwei von einer Konferenz in Pakistan zurückkehrende Palästinenser wurden als Erste positiv getestet, sie sind in einem Krankenhaus in Rafah – dort ist der Grenzübergang zu Ägypten – interniert. An der Grenze in Rafah wurde eine Isolierstation eingerichtet, wo sich einige eingereiste Personen in Quarantäne befinden. Diese berichten allerdings, dass sie nicht einmal genug zu essen bekämen, sich in überfüllten Räumen aufhalten und auf dem Boden schlafen müssten. Wenn jemand von ihnen krank wäre, kämen die anderen wohl nicht heil davon.

65 Beatmungsgeräte

Im Gazastreifen fehlt es schon in normalen Zeiten an allem. Laut einem Gesundheitsbeamten gibt es 65 Beatmungsgeräte – ob davon alle funktionieren, ist eine andere Frage. Es gibt prinzipiell viel zu wenige Spitalsbetten, die Versorgung mit Medikamenten deckt auch sonst nur etwa die Hälfte des Bedarfs ab. Das Gesundheitsministerium – wie alle Institutionen unter Hamas-Führung – hat sich deshalb mit einem Hilfsansuchen an Israel und an die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewandt.

Von der Palästinenserbehörde im Westjordanland, von dem sich der Gazastreifen 2007 getrennt hat, kommt keine Hilfe: Dort ist man mit dem eigenen Ausbruch beschäftigt. Dass die Verantwortung damit auf Israel zurückfallen könnte, fürchten auch die israelischen Behörden: Das wird als "Gott helfe uns"-Szenario eingeschätzt, schreibt "Haaretz". Israel hält die Grenzen zum Gazastreifen, aber auch zum Westjordanland, seit Sonntag geschlossen.

Israel hat jedoch von der WHO in den Gazastreifen gesandte Ärzteteams mit Testkits und Schutzanzügen ausgestattet, aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Rund 1.500 Menschen sind im Gazastreifen derzeit in Isolation, getestet wurden – Stand Dienstag – laut "Haaretz" 144. Präventive Maßnahmen wie die Quarantäne für Grenzgänger hat die Hamas in Gaza zwar schon offiziell am 13. März eingeführt, aber besonders ernst genommen wurden sie nicht. Wenn man in der Blockade sitzt, kann man sich offenbar auch schwerer vorstellen, von einem Virus erreicht zu werden.

Behördenauflagen ignoriert

Dabei spielte mit, dass die Hamas die wenigen nach Israel pendelnden Arbeitskräfte, deren Zahl von Israel zuletzt etwas erhöht wurde, nicht behindern wollte: Sie brachten ja dringend benötigtes Geld heim. Und zu befürchten ist auch, dass Pilger, die von der Umrah (kleine Wallfahrt) in Saudi-Arabien heimgekehrt sind, das Virus mitgebracht haben. Auch sie haben sich zum großen Teil offenbar nicht an bereits verhängte Isolierungsauflagen gehalten, berichtet "Al-Monitor".

Der Gazastreifen ist natürlich bei weitem nicht das einzige Gebiet in der Region, auf das Katastrophenszenarien zutreffen: Man denke etwa an die Flüchtlingslager in der Provinz Idlib oder auch nur an die Slums einer Stadt wie Kairo. Mangelnde Transparenz vonseiten undemokratischer Regime verschlimmert die Situation: Am Anfang stehen in der Regel Verharmlosung und Vertuschung, die ein schnelles Reagieren verhindern. (Gudrun Harrer, 26.3.2020)