Coronaviren haben die typischen Stacheln an der Oberfläche – damit docken sie an die Wirtszellen an.

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Frage: Was sind Viren eigentlich?

Antwort: Viren sind organische Strukturen, die nur einem Ziel folgen: sich durch Übertragung zu verbreiten. Sie infizieren die Zellen von Pflanzen, Tieren und Pilzen, aber auch von Mikroorganismen wie Bakterien und Archaeen. Viren können sich nicht selbstständig vermehren, sie benötigen die lebenden Zellen ihrer Wirte dazu. Sie selbst bestehen aber nicht aus Zellen.

Frage: Sind Viren dann überhaupt Lebewesen?

Antwort: Genau genommen nicht. Da Viren keinen eigenen Stoffwechsel haben und sich nur in Wirtszellen vermehren können, werden sie von Biologen nicht zu den Lebewesen gezählt. Allerdings besitzen sie genetisches Material, die Fähigkeit zur Replikation und entwickeln sich durch natürliche Auslese weiter – damit erfüllen sie zumindest einen Teil der Definition von Leben und gelten daher als "dem Leben nahestehend". Die genaue Zuordnung wird unter Forschern aber seit Jahren kontrovers diskutiert. Insbesondere die Entdeckung von Riesenviren, deren Genome in Hinsicht auf Größe und Komplexität die anderer Viren und sogar einiger Bakterien übertreffen, fachte die Debatte an, wie Leben genau definiert werden soll.

Frage: Wie sind Viren aufgebaut?

Antwort: Viren gibt es in unterschiedlichsten Formen: Viele sind würfel- oder kugelförmig, andere ähneln winzigen Stäbchen oder Fäden oder erinnern an Kaulquappen. Wie genau sie beschaffen sind, hängt von der Art der Zellen ab, auf die sie spezialisiert sind. Der virale Bauplan ist aber vergleichsweise einfach: Einzelne Viruspartikel – man spricht dabei von Virionen – sind meist nur zwischen 20 und 300 Nanometer groß und damit viel kleiner als die Zellen, die sie infizieren. Ein Virion besteht aus Nukleinsäuren (DNA oder RNA), die genetische Informationen und das Programm zur Vervielfältigung des Virus beinhalten. Die Nukleinsäuren sind von einer Struktur aus Proteinen umgeben – manche Viren besitzen auch noch eine Lipidschicht, die die äußere Virushülle bildet. Es gibt aber auch unbehüllte Viren.

Frage: Wie viele unterschiedliche Viren gibt es?

Antwort: Detailliert beschrieben sind bislang nur einige tausend Virenarten, Forscher gehen aber davon aus, dass es Millionen von ihnen auf unserem Planeten gibt. Nur ein kleiner Teil davon infiziert Menschen und ist humanpathogen – ruft also Krankheiten in uns hervor. Das erste humanpathogene Virus entdeckten Forscher 1901: das Gelbfiebervirus, das durch Stechmücken übertragen wird und in Menschen und anderen Primaten die gleichnamige Krankheit auslöst. Viren befallen auch Zellen aller anderen Lebewesen, selbst Bakterien sind nicht davor gefeit. Viren, die Bakterien infizieren, nennt man Bakteriophagen.

Frage: Was sind Coronaviren?

Antwort: Coronaviren sind eine Virusfamilie, zu der mehr als 40 bekannte Arten zählen, die eine ganze Reihe an Erkrankungen in Tieren und Menschen hervorrufen können. Forscher entdeckten die ersten Coronaviren schon in den 1960er-Jahren. Lange Zeit beschäftigte sich vor allem die Veterinärmedizin mit ihnen, weil sie Krankheiten bei Nutztieren verursachen. Da Coronaviren genetisch sehr variabel sind, können sie auf unterschiedliche Arten von Wirten überspringen: 2002 durchbrach ein solches Virus die Artenbarriere von Fledermäusen zu Menschen, in der Folge kam es weltweit zu Infektionen und Erkrankungen am sogenannten schweren akuten Atemwegssyndrom (Sars). Rund 800 Personen starben. 2012 tauchte, übertragen durch Dromedare, zum zweiten Mal ein lebensgefährliches Coronavirus auf, das vor allem auf der Arabischen Halbinsel grassierte: Mers. Mit Sars-CoV-2 ist nun einem weiteren Coronavirus der Sprung vom Tier auf den Menschen gelungen.

Frage: Kam die Sars-CoV-2-Pandemie völlig überraschend?

Antwort: Für die Öffentlichkeit wohl schon, für Fachleute nicht unbedingt. Nicht zuletzt durch Sars und Mers war klar, dass Coronaviren in der Lage dazu sind, die Barriere zwischen Spezies zu überspringen. Wie Dorothy Crawford, Professorin für medizinische Mikrobiologie an der Universität Edinburgh, in ihrem Buch Deadly Companions von 2018 feststellte, zeigten Bluttests von Verkäufern auf chinesischen Wildtiermärkten, dass es schon vor Sars zu zahlreichen Infektionen mit Coronaviren gekommen sein müsste. Auch wenn frühere Verläufe solcher Infektionen mild gewesen sein dürften, stellte Crawford lange vor Aufkommen von Sars-CoV-2 fest: "Wir sollten uns daran erinnern, dass es da draußen immer noch Coronaviren gibt, die nur auf die nächste Gelegenheit warten, um zuzuschlagen."

Frage: Was ist über die Biologie von Sars-CoV-2 bekannt?

Antwort: Ein Virion dieses Virus misst etwa 90 Nanometer und ist damit um mehrere Größenordnungen kleiner als die Zellen, die es in der menschlichen Lunge infiziert. Es besteht aus vier Proteinen und einem RNA-Strang, der die genetischen Informationen des Virus – rund 29.900 Nukleotide – trägt. Das auffälligste Coronavirus-Protein hat die Form stachelartiger "Spikes" in der Virushülle. Diese Stacheln sind für die Bindung an eine Wirtszelle verantwortlich. Zwischen den Spikes sitzen Membranproteine und ein Hüllprotein, die für die Stabilität des Virions sorgen. Im Inneren der Hülle befindet sich ein Kapsidprotein, das den Bausteinen der DNA als Gerüst dient.

Coronaviren kommen in Menschen und Tieren vor. Sars-CoV-2 ist von Fledermäusen auf den Menschen übergesprungen.
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Frage: Welche medizinischen Ansätze gibt es gegen Corona-Infektionen?

Antwort: Derzeit gibt es weder Impfstoffe noch Medikamente gegen Infektionen mit Sars-CoV-2. Weltweit laufen zahlreiche Projekte zur Entwicklung von Impfstoffen – bis es Ergebnisse gibt, wird es aber noch lange dauern. Um Erkrankte schon früher spezifisch behandeln zu können, suchen Forscher fieberhaft nach bereits zugelassenen Wirkstoffen, die dabei nützlich sein könnten. Im Fokus stehen vor allem drei Gruppen von Medikamenten: erstens antivirale Medikamente, die etwa gegen HIV, Ebola, Influenza oder Sars entwickelt wurden und möglicherweise auch gegen Sars-CoV-2 wirksam sein könnten. Zweitens sogenannte Immunmodulatoren, die überschießende und potenziell gefährliche Reaktionen des Immunsystems verhindern sollen. Und drittens Medikamente, die gegen Krankheiten wie Lungenfibrose entwickelt wurden und die Aufnahme von Sauerstoff im Blut verbessern können. Doch auch bei guten Erfolgsaussichten müssen bereits zugelassene Medikamente zunächst in klinischen Studien auf genaue Wirksamkeit und Risiken für Covid-19-Patienten getestet werden. Noch befindet sich kein Wirkstoff in fortgeschrittenen Stadien klinischer Erprobung.

Frage: Wie infiziert ein Virus eine Zelle?

Antwort: Pflanzenviren infizieren ihre Wirtszellen entweder, indem sie durch ein Loch in der Zellwand eindringen, oder mithilfe eines Insekts. Sind sie erst einmal eingedrungen, verbreiten sie sich äußerst effizient von Zelle zu Zelle. Bei Tieren verläuft die virale Infektion nach einem anderen Mechanismus: Indem sie sich an bestimmte Rezeptormoleküle binden, gelingt es Viren, sich an Zellen anzuhaften und in sie einzudringen. Dort angekommen, wird das virale Erbgut in die infizierte Zelle entlassen – und die Reproduktion kann beginnen. Dafür sind bestimmte Moleküle erforderlich, die im Zellkern zu finden sind. Das Virus spannt also die Zelle zur eigenen Reproduktion ein.

Frage: Warum sind Fledermäuse so beliebte Virenwirte?

Antwort: Sars, Ebola, vermutlich auch Covid-19: Etliche Infektionskrankheiten gehen auf Viren zurück, die in Fledermäusen vorkommen. Ausgerechnet deren außergewöhnliches Immunsystem dürfte ein Mitgrund dafür sein, warum sich Viren so gerne in Fledertieren ansiedeln, wie kürzlich eine Studie im Fachblatt eLife zeigte. Denn im Gegensatz zu anderen Säugetieren wie auch zu Menschen erkranken Fledermäuse nicht durch den Virenbefall. Die starke Immunabwehr regt die Viren dazu an, sich schneller weiterzuentwickeln als in anderen Wirten. Wenn dann der Sprung auf eine andere Spezies mit einem weniger effektiven Immunsystem gelingt, können sich die Viren umso besser ausbreiten. "Die Studie zeigt, wie das Immunsystem der Fledertiere die Virulenz der Viren ankurbelt", sagt Mitautor Mike Boots von der University of California, Berkeley.

Frage: Sind alle Viren schlecht?

Antwort: Nein. Zwar gehen einige der tödlichsten Krankheiten auf Viren zurück, etwa die Pocken, Aids, Ebola oder Influenza. Dennoch hat man Viren auch einiges zu verdanken: Forscher gehen davon aus, dass die Erreger ein wichtiger Faktor für unsere Evolution gewesen sind. Durch den ständigen Virenkontakt dürften sich viele Proteine in unserem Körper schneller entwickelt haben – zu unserem langfristigen Vorteil. Es gibt aber auch Viren, die unmittelbar positive Wirkung haben können: Onkolytische Viren etwa infizieren Tumorzellen und können diese töten. Forscher arbeiten daran, solche Viren gentechnisch so zu designen, dass sie effektiv gegen Krebs eingesetzt werden können. Andere Viren wiederum können krankheitserregende Bakterien befallen und so im Kampf gegen bakterielle Infektionen eingesetzt werden. Eine wichtige Funktion erfüllen Viren auch als sogenannte virale Vektoren: Für verschiedenen Gentherapien werden Virionen gezielt so verändert, dass sie gewünschtes genetisches Material in Körperzellen einschleusen, um Krankheiten zu behandeln. (David Rennert, Tanja Traxler, CURE, 3.4.2020)