Der Arbeitsplatz liegt jetzt im Wohnzimmer.

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Daheim, da war ich vor Corona viel zu selten. Und immer war da der Gedanke: Im nächsten Urlaub bleibst du mal zu Hause. Einfach nur, um den Ort zu genießen, der so behaglich und entschleunigend ist und für so viel Gutes steht – für Geborgenheit und Selbstbestimmung.

Seit Corona bin ich nur noch zu Hause. Doch der Ort hat sich verändert und auch, was ich mit ihm assoziiere. Zunächst, und so dürfte es vielen gehen: Die Wohnung fühlt sich derzeit ein wenig wie ein Gefängnis an – auch wenn sie noch so gemütlich ist.

Zudem ist dort, wo wir früher saßen, um nach anstrengenden Tagen zu essen und zu plaudern, jetzt mein Arbeitsplatz. Wo nun Anrufe und E-Mails reinkommen und der Stress des Tages sich ausbreitet, habe ich früher gemütlich ein Glas Wein getrunken und den Feierabend genossen. Heute sind Arbeit und Freizeit nicht mehr voneinander getrennt.

Mein Krisenort

Dazu kommt: Es ist nicht irgendein Job, es ist ein Corona-Arbeitsplatz. Denn als (auch) Gesundheitsredakteurin ist das Thema allgegenwärtig. Arbeiten heißt derzeit also gleichzeitig: sich täglich mit Corona beschäftigen. Mein Wohnzimmer, in dem ich früher viel zu selten war und dort wenn, dann nur schöne Stunden verbracht habe, ist jetzt direkt verbunden mit dem Gedanken an dieses Virus. Es ist der Ort, an dem ich diese Krise verbringe. Es ist mein Krisenort. Ein weniger schöner Ort, als er früher einmal war.

Wenn das alles vorbei ist, muss ich möglicherweise umziehen oder brauche zumindest ausreichend Abstand von daheim – das sehe ich jetzt schon voraus. Vielleicht helfen dann ja ein paar Wochenenden auf dem Land dabei, dass die eigene Wohnung wieder ein Rückzugsort wird, in dem ich abschalten kann und gerne Zeit verbringe.

Eines weiß ich jetzt jedenfalls: Fürs Homeoffice muss man gemacht sein – ich bin es nicht. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mir das Büro so fehlen würde. (Bernadette Redl, 27.3.2020)