Im Coronavirus-Krisenmodus: das Asylquartier in Traiskirchen.

Foto: Der Standard / LEONHARD FOEGER

Das Coronavirus ist im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen angekommen. Am Donnerstag wurde der dritte Coronafall vom niederösterreichischen Sanitätsstab bestätigt. Seit Dienstag steht das größte Asylquartier Österreichs unter Quarantäne. Einer der drei Fälle wird inzwischen im Spital versorgt.

Vorerst bis 13. April darf bis auf eminentes Personal niemand das Gelände betreten oder verlassen. Nun tauchten Bilder auf, die die Aktivistengruppe "Rückkehrzentren schließen" von Bewohnern aus Traiskirchen bekommen haben will, die darauf hindeuten, dass die Corona-bedingten Abstände im Speisesaal sowie in der Schlange davor an zwei Tagen vor der Quarantäne zumindest in zwei Fällen nicht eingehalten wurden.

Eine Sache der Auslegung

Im Umfeld des Innenministeriums will man die Bilder nicht dementieren, weist aber darauf hin, dass Mitarbeiter vor Ort über das Coronavirus informieren, auf die Abstände hinweisen und Gruppen auflösen. Im Ressort vertritt man aber auch den Standpunkt, dass die Coronavirus-Verordnung des Gesundheitsministeriums nur für öffentliche Räume gelte. Das sei das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen nicht. Nun wurde das Zentrum aber ohnehin von der Bezirkshauptmannschaft Baden unter Quarantäne gestellt.

Man sei bemüht, dass die Bewohner die Abstände einhalten. Einzelpersonen sollen größtenteils in Einzelzimmern untergebracht worden sein. Nur noch hauptsächlich Familien sollen in einem Zimmer zusammenleben. Diese Aufteilung sei möglich, weil das Asylquartier mit 630 Personen nur zu einem Drittel belegt sei, heißt es aus dem Innenressort. Isolierte Personen bekämen das Essen auf ihr Zimmer. Die restliche Belegschaft dürfe nur in Tranchen in den Speisesaal, heißt es vom Ministerium. So sollen auch die Abstände möglich sein.

"Es ist schrecklich"

Ein Iraker, der anonym bleiben will, beschreibt die Situation dem STANDARD so: "Es ist wirklich schrecklich." Die Leute hätten Angst, sich anzustecken, besonders in den Speisesälen.

Pro Stock gebe es ein Bad, so der Flüchtling. Seit der Ausgangssperre fehle es an Klopapier, was das Ministerium bestreitet, vorher kauften sie sich ihr Klopapier selbst. Es gebe zwar Informationen in unterschiedlichen Sprachen zum Virus, doch was mit ihnen passiere, sei nicht klar.

Die Folgen der Quarantäne in Traiskirchen sind ein Politikum. Das Innenressort reaktivierte zwei Quartiere in Leoben und am Semmering, für den Fall, dass weitere Lager unter Quarantäne gestellt werden. Leobens Bürgermeister Kurt Wallner (SPÖ) informierte die Bevölkerung in warnendem Ton über 150 Flüchtlinge, obwohl laut Ministerium nicht fix ist, ob die Lager gebraucht werden. Die Freiheitlichen in der Steiermark fordern ihre Schließung. (Laurin Lorenz, Jan Michael Marchart, 26.3.2020)