Bild nicht mehr verfügbar.

Der ehemalige Dyson-Manager Max Conze muss als ProSieben-Chef schon wieder gehen.

Foto: REUTERS/Annegret Hilse

Nach monatelangen Führungsquerelen wechselt der Fernsehkonzern ProSiebenSat1 seinen Vorstandschef Max Conze aus. Der Manager, der zuletzt zunehmend in die Kritik geraten war, werde das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen, teilte ProSiebenSat1 am Donnerstagabend mit. Das habe der Aufsichtsrat beschlossen.

Start-ups wieder abverkaufen

Conze kam vor weniger als zwei Jahren, im Juni 2018, als Nachfolger des umstrittenen Thomas Ebeling vom britischen Staubsaugerhersteller Dyson. Nun soll Finanzchef Rainer Beaujean zusätzlich als Vorstandssprecher fungieren. Der Wechsel an der Spitze bringt auch neue Akzente in der Strategie mit sich: Künftig soll wieder das Kerngeschäft mit Fernsehen und Unterhaltung im Mittelpunkt stehen, die Start-up-Beteiligungen will ProSiebenSat1 nach und nach verkaufen.

Größte private TV-Gruppe in Österreich

ProSiebenSat1 ist der Mutterkonzern der größten privaten Fernsehgruppe in Österreich, das von Markus Breitenecker seit Ende der 1990er-Jahre aufgebaute ProSiebenSat1Puls4 hat hier beim Publikum unter 50 Jahren den größten TV-Marktanteil. 2017 übernahm ProSiebenSat1Puls4 auch ATV und ATV 2.

Silvio Berlusconis italienische TV-Gruppe Mediaset baut seit Monaten seine Anteile an ProSieben auf bisher rund 20 Prozent auf, erklärtes Ziel ist die Übernahme und der Aufbau einer europäischen Fernsehholding.

Führungsstreit eskalierte

Der Streit in der Führung von ProSiebenSat1 war vor wenigen Wochen eskaliert, als der stellvertretende Vorstandschef Conrad Albert nach 15 Jahren im Unternehmen wegen kritischer Äußerungen gehen musste. Der Medienpolitik-Experte hatte in einem Interview von einer "Vorstands-Soap-Opera" gesprochen und klargemacht, dass er seinen noch ein Jahr laufenden Vertrag unter der Ägide von Conze nicht verlängern wolle. In Conzes Amtszeit war der Vorstand damit von sechs auf zwei Mitglieder geschrumpft. Der 51-jährige Beaujean war erst im Juli 2019 vom Verpackungskonzern Gerresheimer gekommen. Dort war er – wie vorher bei T-Online – vom Finanzvorstand zum Vorstandssprecher aufgestiegen.

Der Vorstand von ProSiebenSat1 wird nun wieder aufgestockt. Wolfgang Link (52), der seit 2009 im Konzern arbeitet und lange das Deutschland-Geschäft leitete, übernimmt das Unterhaltungsressort. Er steht für Formate wie "The Masked Singer" und "The Voice of Germany". Zudem rückt Personalchefin Christine Scheffler (51) ins Führungsgremium auf.

"Mehr Potenzial"

"Dieses Unternehmen hat weit mehr Potenzial als ihm derzeit extern beigemessen wird", sagte Beaujean. "Wir werden uns jetzt unter Führung des neuen Vorstandsteams wieder stärker auf unser Kernsegment Entertainment und auf nachhaltig profitables Geschäft konzentrieren." Dazu zählen vor allem die Fernsehsender ProSieben, Sat1 und Kabel 1 in Deutschland, Österreich und der Schweiz und die Internetplattform Joyn. Auch die Produktion von Film- und Fernsehformaten bei den Red Arrow Studios und Studio 71 gehört dazu. Den geplanten Verkauf des Auslandsgeschäfts von Red Arrow hatte Conze erst vor wenigen Wochen wieder abgeblasen.

Die Beteiligungen an Start-ups und anderen Internetfirmen, die mit Fernsehwerbung auf den eigenen Kanälen hochgepäppelt wurden, sollen dagegen "zu gegebener Zeit veräußert werden. Conze hatte erst vor kurzem dem amerikanischen App-Entwickler Meet Group für 500 Millionen Dollar hinzugekauft und wollte zusammen mit den bestehenden Beteiligungen Parship und Elite Partner einen führenden Anbieter im Onlinedating-Markt schmieden. An der Tochter Nucom, in der die jungen Unternehmen gebündelt sind, ist auch der Finanzinvestor General Atlantic beteiligt.

Übernahme-Spekulationen

Für Spekulationen bei ProSiebenSat1 gesorgt hatte zuletzt der Einstieg von zwei Investoren: Der italienische Medienriese Mediaset hatte sein Aktienpaket erst kürzlich auf fast 20 Prozent aufgestockt. Ihm schwebt ein europäischer Fernsehkonzern mit ProSiebenSat1 vor – eine Idee, gegen die sich Conze immer gesträubt hatte. Finanzchef Marco Giordani hatte ProSiebenSat1 zu einem raschen Kurswechsel aufgefordert. Die tschechische Czech Media Invest, hinter der der Milliardär und Metro-Großaktionär Daniel Kretinsky steckt, nutzte den Kursverfall bei ProSiebenSat1, um ihren Anteil auf zehn Prozent aufzustocken. (Reuters, red, 27.3.2020)