Gehaltsexperte Conrad Pramböck: Das Geschäft in der Kältestarre – und jetzt? Weiterarbeiten am Vertrauen der Kunden.

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"Seit ich mein Beratungsunternehmen vor über drei Jahren gründete, liefen meine Geschäfte sehr gut und ermöglichten mir ein Leben in Wohlstand mit einem Hauch von Luxus. Seit Anbruch der Corona-Krise Mitte Februar habe ich keine einzige Rechnung mehr verschickt. Mein Umsatz steht seit Wochen auf null. Ich meine damit: null, zero, absolut gar nichts. All meine Kundentermine wurden für März und April abgesagt. Für die Zeit danach will sich kein Kunde festlegen. Ich habe seit Jahresbeginn Angebote an meine Kunden in Höhe eines halben Jahresumsatzes geschickt. Kein einziges davon wird derzeit angenommen. Alle laufenden Projekte stehen still. Mein Geschäft befindet sich im kryogenischen Kälteschlaf ohne Aussicht auf unmittelbare Besserung. Ich lebe derzeit von meinen finanziellen Rücklagen. Wenn ich das Jahr insgesamt mit minus 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr abschließen kann, bin ich hochzufrieden. Derzeit rechne ich mit 50 bis 70 Prozent weniger Umsatz.

Nicht alleine

Ich stehe telefonisch im intensiven Austausch mit meinen Branchenkollegen: Es geht allen ganz genauso. Die meisten von uns haben schon die Krisen vergangener Jahre erlebt und überstanden, allen voran das Platzen der New-Economy-Blase 2001 und die Bankenkrise 2008. In beiden Fällen sanken die Umsätze der Beraterbranche um 50 bis 70 Prozent innerhalb eines Quartals. Nur jene Berater, die in den guten Zeiten ausreichend Rücklagen gebildet haben und schon zu Beginn einer Krise die Personalkosten der Mitarbeiter im Griff hatten, haben überlebt. Schließlich machen in unserer Branche die Personalkosten rund 70 bis 80 Prozent der Gesamtkosten aus. Wer alle Gewinne schon wieder ausgegeben und zu geringe Sparmaßnahmen bei den Mitarbeitern durchgeführt hatte, ging in Konkurs, wie etwa der damalige Marktführer, mein früherer Arbeitgeber Neumann International.

Mein Homeoffice habe ich schon vor Jahren komfortabel eingerichtet und bin technisch auf dem letzten Stand. Ich arbeite gleich viel wie sonst, aber zurzeit zur Gänze unbezahlt. Ich erstelle digitale Lernunterlagen für meine kommenden Vorlesungen über Personalmanagement an Fachhochschulen, verfasse Artikel und schreibe an meinem vierten Buch über Gehalt und Karriere, das nächstes Jahr erscheinen wird. Viele Telefonate führe ich mit befreundeten Beratern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern, um mein berufliches Netzwerk auch abseits meiner Kunden zu stärken.

Am Vertrauen weiterarbeiten

Aus der letzten Krise habe ich gelernt, dass das Vertrauen zu meinen Kunden das Einzige ist, das in unserer Branche wirklich zählt. Offene Kommunikation und Verlässlichkeit auch in schwierigen Zeiten sind die Basis für erfolgreiche Geschäfte in guten Zeiten. Ich bin seit 1998 Spezialist zum Thema Gehalt und habe vor, noch mindestens 20 weitere Jahre als Unternehmensberater tätig zu sein. Jede Krise gibt uns Beratern die Chance, diese Vertrauensbasis zu stärken.

Jahrelang habe ich in meinen Vorlesungen gepredigt: Die nächste Krise kommt mit Sicherheit. Jetzt kann ich sagen: Der nächste Aufschwung kommt bestimmt." (aufgezeichnet von Karin Bauer, 28.3.2020)