Eigentlich hätte es im Herbst 1948 passieren müssen. Da aber die hessische Landesregierung den Schuljahresbeginn auf das Frühjahr verlegt hatte, bin ich erst im Frühjahr 1949 in Berghofen eingeschult worden. Mein Bruder ging schon seit Herbst 1947 zur Schule. Es war eine achtklassige Volksschule, in der alle acht Klassen gemeinsam unterrichtet wurden. Der Schulleiter war Herr L., ein ehemaliger Offizier der Wehrmacht. Die Jüngeren wurden von Frau Frey unterrichtet. Sie hatte mit der Wehrmacht insofern zu tun gehabt, als sie zur Truppenbetreuung der Soldaten in Finnland und Norwegen eingesetzt worden war. Dort trug sie nordische Sagen und Lieder vor.

Ein Schulleben

Ein kleines Foto zeigt mich mit einer Schultüte, die im Herbst 1947 schon mein Bruder getragen hatte. Das entsprach dem in unserer Familie geübten Brauch: Der Jüngere trägt die Kleider und Schuhe seines Bruders auf und erhält eben auch dessen Schultüte. Ein paar Süßigkeiten werden wohl drin gewesen sein zur Bestechung dieses kleinen Halbzivilisierten auf dem Weg seiner Verwandlung zum Schüler. Auf dem Foto ist ein verschüchterter kleiner Junge zu sehen, der ziemlich unsicher in die Kamera und in die Zukunft blickt. Wir sprachen in der Familie unseren donauschwäbischen Perbáler Heimatdialekt, den ich auch noch heute mit meinen Geschwistern spreche. Im Dorf sprach ich Berghöfer "Platt", das ich zusammen mit meinem Bruder sehr bald nach unserer Ankunft lernte. Nun musste ich mit sechseinhalb Jahren die dritte Sprache lernen: Hochdeutsch. Frau Frey bestand darauf, dass wir beim Unterricht Hochdeutsch sprechen und schreiben sollten. Ich bin ihr dafür sehr dankbar, wenngleich es anfangs nicht ganz leicht war. Sie hat auch außerhalb des Unterrichts nur Hochdeutsch mit uns gesprochen. Das Berghöfer Platt konnte sie nämlich nicht, und sie hätte es auch aus pädagogischen Gründen nicht mit uns gesprochen.

In meinem Pappschulranzen befanden sich anfangs nur eine Schiefertafel, ein hölzerner Griffelkasten mit ein, zwei Griffeln und ein kleiner Schwamm. Mit diesen Werkzeugen begannen meine Schreibübungen. Auf Schönschreiben legte unsere Lehrerin großen Wert. Ich hatte damit längere Zeit Probleme. Dennoch muss es meiner Lehrerin gereicht haben. Im ersten Zeugnis attestierte sie mir. "Josi hat einen guten Anfang gemacht." Rechnen war nicht meine Stärke. Zu Frau Frey hatte ich großes Vertrauen. Sie nahm mir die Angst vor der Schule und förderte mich von Anfang an. Vielleicht hat sie mich gemocht. Ich lernte nur für sie, und wenn sie mich lobte, war ich stolz. Dessen wurde ich mir aber erst etwas später bewusst. Für meine Mutter, die in der Familie auch für die Schule zuständig war, zählten mehr die Äußerlichkeiten: Waren ihre Kinder brav in der Schule, waren sie sauber und ordentlich angezogen, betrugen sie sich anständig?

Der Unterricht von acht Klassen in einem einzigen Raum war für alle Beteiligten keine leichte Angelegenheit. Wenn ein Jahrgang unterrichtet wurde, mussten die anderen still sein und eine Aufgabe, die uns die Lehrerin gegeben hatte, erledigen. "Stillarbeit" hieß das, und es war doch so schwer für die meisten Kinder, still zu sein. Mir fiel das nicht so schwer, tat ich es doch der Lehrerin zuliebe.

Brav in der Schule sein war für meine Mutter besonders wichtig.
Foto: jozsef wieszt

Seltene Freundschaft

Im Dorf waren wir Eindringlinge und wurden entsprechend behandelt. Dagegen rebellierten mein Bruder und ich schon früh. Die Dorfkinder waren dabei nur das Sprachrohr ihrer Eltern. "Zijeiner", Zigeuner, war zunächst das Schimpfwort für die Vertriebenen. Für jeden Diebstahl, der passierte, für jedes Feuer, das ausbrach, für jeden Schaden, der eintrat, wurden wir verantwortlich gemacht. "Zick, zack, Zijeinerpack", riefen sie aus sicherer Entfernung hinter uns her, wenn sie sich sicher fühlten. Wir fanden anfangs kaum Freunde unter den einheimischen Kindern und lebten im Grunde in einem permanenten Streit und Kampf mit ihnen. Ausnahmen waren Alfred und Erhard. Alfred wurde mein Freund und Erhard der meines Bruders.

Alfred gehörte zu den ärmeren Familien des Dorfes und Ehrhard zu den reicheren. Allerdings war Erhards Familie im Ort nicht beliebt. Sie waren trotz ihres bäuerlichen Wohlstandes, der ihnen vordergründig Achtung einbrachte, im Grunde auch Außenseiter. Später kam bei mir noch K.-J. als Freund hinzu. Wir konnten uns in den Höfen und Häusern ihrer Eltern aufhalten und hatten das Gefühl, wenigstens am Rande dazuzugehören.

Ob wir uns als kleinere Kinder an den Spielen und anderen Aktivitäten der Dorfkinder beteiligen konnten, hing nur von diesen ab. Allzu häufig ließen sie uns spüren, dass wir Fremde waren, und ließen uns nicht mitmachen. Ich erinnere mich noch sehr genau an folgende Situation noch vor meiner Schulzeit: Die Kinder hatten einen Kreis gebildet. Mitspielen durften nur die, die im Kreis waren. Mich ließen sie nicht herein. Gekränkt und trotzig stand ich am Rand und sah zu. Ein etwa gleichaltriges Mädchen beobachtete mich und wandte sich dann an die anderen. "Lasst ihn doch mitmachen, ihm blutet ja das Herz." Später haben sich die Verhältnisse zu unseren Gunsten verändert.

Wir sind anders

Ich reagierte auf die durch unsere Vertreibung aus Ungarn veränderten Lebensverhältnisse anfangs ziemlich verstört. Das galt vor allem den einheimischen Erwachsenen gegenüber, die schon rein äußerlich anders aussahen als unsere Eltern. Den Dörflern begegnete ich anfangs mit Misstrauen, Vorsicht und Angst. Ich versuchte ihnen aus dem Weg zu gehen. Das änderte sich erst allmählich, als ich sie und die örtlichen Verhältnisse besser kennenlernte.

Die Armut in der Form des Geldmangels war in den ersten Jahren in Berghofen unser Lebenselement. Es war nicht so, dass wir Hunger gelitten hätten. Im Gegenteil, an Essen mangelte es uns nicht. Als Kinder aus Bauernhaushalten verstanden es unsere Eltern, die Mäuler ihrer Kinder zu stopfen. Es war der Hunger nach Anerkennung und Zugehörigkeit, der sich wie ein dunkler Schleier über meine Kinderjahre in Berghofen legte. Alles, was nur für Geld zu haben war, blieb uns stets länger versagt, seien es neue Kleider, Schuhe, ein Spielzeug, ein Schlitten, ein Fahrrad. Rollschuhe, Schlittschuhe und Skier hatten wir nicht.

Dieser permanente Geldmangel verstärkte bei uns Kindern das Gefühl des Andersseins. Es zeigte uns, dass wir nicht richtig dazugehörten. Auch die anderen Kinder hatten damals nicht viel Geld, auch sie bekamen Kleider, Spiel- und Sportsachen von ihren älteren Geschwistern. Aber ihre Familien lebten bereits seit Generationen in ihren Häusern, und dort hatte sich vieles angesammelt, auf das ihre Kinder zurückgreifen konnten. Sie konnten bei schlechtem Wetter in der Scheune auf dem Heuboden spielen oder einen Verwandten in seiner Werkstatt besuchen. Das gehörte zu ihrer überkommen Lebensweise und zum Alltag, in dem sie ohne besondere Umstände aufwuchsen. Im dörflichen Gefüge hatten sie einen vorgegebenen Platz. Dieses selbstverständliche Dasein, das einen wesentlichen Bestandteil des Zuhauseseins und der Heimat ausmacht, fehlte in den Familien der Flüchtlinge und Vertriebenen und verstärkte das Gefühl des Andersseins bei uns Kindern.

Rebellischer Heinz

Es war nicht nur Tatsache der Vertreibung allein, und dass wir unseren Besitz in Ungarn zurücklassen mussten. Was uns in Deutschland fehlte, war dieses selbstverständliche Dasein, das unsere Großeltern und Eltern in Ungarn umgeben hatte. Ihre auf alldem aufbauende Lebensweise, ihre Sitten und Gebräuche, ihre Tracht und vieles mehr blieben in Ungarn zurück. Selbst ihre Sprache wies sie als Fremde aus, dieses Gefühl übertrug sich auch auf uns Kinder. Das Fehlen dieser überkommenen Tradition und Lebensweise machte den Kern unseres Fremdseins aus. Da ich das Gefühl des Fremdseins durch Anpassung und Fügsamkeit nicht überwinden konnte, blieben mir nur zwei Wege, um ein mir zusagendes Selbstbewusstsein zu erreichen: Rebellion und Bildung. Von einem anderen Rebellen in der Schule will ich hier kurz berichten: Bock Heinz.

Ich war in der ersten oder zweiten Klasse. Der Winter war eiskalt. In der Klasse stand ein sogenannter Kanonenofen. Die Lehrerin und die Großen versuchten mit aller Macht die Kälte zu vertreiben. Sie legten ständig Holz nach. Es wurde aber nicht wärmer. Also versammelten sich alle Kinder um diesen Bollerofen, um wenigstens etwas Wärme abzubekommen. Dabei kam es zu einem Streit zwischen Heinz und der Lehrerin, der ziemlich schnell eskalierte. Plötzlich nahm Heinz diese kleine, magere Frau Frey bei den Hüften und setzte sie auf die heiße Ofenplatte. Ein Aufschrei, dann stummes Entsetzen bei uns anderen Kindern, das sich schnell in ein wildes Durcheinander mit großem Lärm und vielem Gerenne auflöste. Die Schule war für diesen Tag vorbei. Warum hatte er das gemacht? Hatte ihn die Lehrerin aufgefordert, zurückzutreten und die Kleinen auch mal an den Ofen heranzulassen? Der Junge erhielt selbstverständlich seine Strafe. Aber er blieb weiterhin an der Schule. Eine Alternative gab es eh nicht.

Lebertran und Schokolade

Meine Entwicklung in der Schule und die auf der Straße lassen sich in meinen frühen Jahren kaum trennen. Die erstere blieb, so scheint es mir heute, gegenüber der letzteren zunächst nachrangig. Wir Kinder von Vertriebenen und Flüchtlingen mussten uns zunächst auf der Straße behaupten, bevor wir uns auf die Schule konzentrieren und später an den Dorfkindern vorbeiziehen konnten. Bis dahin war es aber noch ein längerer Weg.

Aufgrund amerikanischer Hilfsprogramme erhielten wir in der Schule anfangs eine warme Mahlzeit, Schulspeisung genannt. Ich erinnere mich gut an die "Milchsuppe", die ich überhaupt nicht mochte. Manchmal gab es als Zugabe ein Stück Blockschokolade. Es war die erste Schokolade, die ich in meinem Leben gegessen habe, einfach köstlich. Ich knabberte an dem harten Riegel herum und war selig. Blockschokolade habe ich auch später gern gegessen. Eine weitere Speise aus amerikanischen Hilfsprogrammen waren "Ölkuchen". Sie wurden nicht an uns Kinder ausgeteilt. Es handelte sich nämlich um Viehfutter für die Bauern. Direkt neben der Schule standen diese Ölkuchen bei einem Bauern unter dem Scheunendach, gepresste, runde Platten aus Sonnenblumenkernen, Erdnüssen, Sojabohnen. Sie waren rund, hatten einen Durchmesser von circa 40 Zentimetern, eine Höhe von circa sechs Zentimetern und in der Mitte ein Loch. Die Farbe dieser Delikatessen war Schwarz bis Braun. Wir Kinder brachen uns heimlich Stücke aus diesen Ölkuchen heraus, verschwanden damit an einen sicheren Ort und aßen sie mit Genuss auf.

Fett- und Vitaminmangel war damals für viele Kinder ein Alltagszustand. Als Gegenmittel gab es Lebertran. Er gehört zu den ekelhaftesten Erinnerungen meiner Kinder- und Schulzeit. Dieses hauptsachlich aus Walfett gewonnene, unangenehm nach verdorbenem Fisch riechende und scheußlich schmeckende Öl wurde uns Kindern eingeflößt. Einen großen Esslöffel davon mussten wir zwei- bis dreimal am Tag schlucken. Da half kein Schreien, Zähnezusammenpressen oder Prusten. So ergaben wir uns schließlich, hielten uns die Nase zu und würgten diese scheußliche Medizin hinunter. Das in dem Öl enthaltene Vitamin D sollte die damals verbreitete Rachitis eindämmen.

Was sollte das aber mir? Ich litt weder an Rachitis noch an Unterernährung. Fett aß ich zu Hause im Überfluss. Mein Bruder musste nämlich kein fettes Fleisch essen, auch nicht die Haut auf der gekochten Milch. Er hatte als kleines Kind Tuberkulose gehabt und wurde daher von unserer Mutter geschont. Alles Fette von seinem Teller landete stets bei mir. Aber auch andere Sachen, die er nicht mochte, schob er dem jüngeren Bruder zu, und ich aß alles brav auf. Ich war gewissermaßen sein Knecht. Gemeinsam aber waren wir unschlagbar. Er war der Schlaue und ich der Starke. Später wurde er mein Freund.

Schläge für die Schüler

Die Pausen auf dem Schulhof waren für uns Ort und Zeit der Bewährung. Hier haben wir manche Rangkämpfe mit den einheimischen Kindern ausgefochten und uns manche Schrammen, blaue Flecke, zerrissene Hemden und Hosen zugezogen. Aber wir hielten meistens zusammen und gingen auch oft als Sieger aus dem Ringen hervor. Es gab aber auch versöhnliche Momente, und die Bauernkinder gaben uns von ihren reichlichen Butterbroten etwas ab, um einen Ausgleich herbeizuführen. Die Brote bestanden allerdings aus saurem Schwarzbrot, das wir in der Familie nicht aßen.

Der Streit auf dem Schulhof führte oft zu Beschimpfungen, herablassenden oder spöttischen Bemerkungen über die "Flüchtlinge" – wir waren Vertriebene. Je länger wir in der Schule waren, desto eher schlugen wir in solchen Situationen zu. Natürlich wurden wir dann verpetzt und mussten Strafarbeiten durchführen. Zu Hause setzte es dann zusätzliche Strafen wegen der zerrissenen oder verdreckten Klamotten.

Ein Beispiel für eine solche Schlägerei ist mir gut in Erinnerung. Wir waren damals im dritten oder vierten Schuljahr. Einer aus der Klasse hatte Modelle von Traktoren und anderen Landmaschinen in einem Beutel bei sich und prahlte damit. Mein Verwandter Lorenz K. und ich verlangten von ihm, uns zwei von den Traktoren abzugeben. Als er sich weigerte, wollten wir sie ihm wegnehmen. Er wehrte sich, nahm seinen Beutel und schleuderte ihn zu seinem Schutz in Kopfhöhe herum. Dabei traf er Lorenz am Kopf. Der Beutel sank herab, und wir beide fielen über ihn her und verprügelten ihn. Da gellte ein Pfiff über den Schulhof. Er kam von unserem neuen Lehrer, Herrn Kretschmer. Wir mussten mit in sein Zimmer kommen und erhielten dort unsere Strafe. Den Lorenz drückte er in einen Sessel und band ihn mit Riemen an den Armlehnen und an den Füßen fest, sodass er sich nicht rühren konnte. Er forderte ihn auf, sich zu entschuldigen. Lorenz aber schwieg verstockt. In blinder Wut über diese Widersetzlichkeit schlug er mit einem Lederriemen auf den Jungen ein, der weiterhin trotzig schwieg und keinen Laut von sich gab.

Ich konnte diese Tortur nicht mehr länger mitansehen und versuchte dem Schinder in den Arm zu fallen. Da ließ er von seinem Opfer ab, nahm mich in den Polizeigriff, drückte mich mit dem Gesicht auf den Boden, stellte seinen Fuß auf meinen Rücken und schlug mit dem Riemen auf mich ein. Danach konnten wir in die Klasse zurückkehren. Lorenz hatte im Gesicht und am Körper blaue Flecken, und natürlich fiel das seinen Eltern auf.

Am anderen Tag kam Herr Kretschmer zu den Eltern von Lorenz und wollte sich entschuldigen. Er musste dazu viele enge Betontreppen hinaufsteigen, denn die Familie wohnte in einem Aufbau auf dem Spritzenhaus. Auf der letzen Stufe blieb Herr Kretschmer stehen und klopfte an die Tür. Frau K., die Mutter, öffnete. Der Lehrer wollte gerade zu einer Entschuldigungsrede ansetzen, da gab sie ihm einen Stoß vor die Brust, und er purzelte die ganze hohe Betontreppe hinunter. Lorenz und auch ich wurden danach nie mehr in dieser Weise von ihm bestraft. Er dachte sich künftig feinere Gemeinheiten aus. Die Prügelstrafe war an unserer Dorfschule durchaus üblich. Wenn sie nicht allzu hart ausfiel, waren die Eltern damit auch einverstanden. Sie waren ja in ihrer Schulzeit ebenfalls geprügelt worden.

Die Erwachsenen im Dorf fanden es völlig in Ordnung, wenn der Schuldirektor die Kinder sogar auf der Straße schlug. Er hatte die Angewohnheit, um sieben Uhr abends mit einem Stock durchs Dorf zu spazieren. Wenn er einen von uns auf der Straße antraf, schnappte er sich den Übeltäter, zog ihm eins mit einem Stock über und jagte ihn heim.

Das Ende der Volksschulzeit

Im Schulgarten wurden wir als Kinderarbeiter eingesetzt. Das war kein pädagogisches Experiment. Wenigstens hielten wir es nicht dafür. Aus den Beeten, auf denen unsere Lehrer Gemüse für ihren Haushalt anbauten, mussten wir Kinder das Unkraut herausziehen und die Parzellen in Ordnung halten. Das war eine mir ziemlich verhasste Tätigkeit. Denn auch auf dem unseren Eltern von der Gemeinde zugeteilten Land mussten wir die lästige Gartenarbeit verrichten. Daher schlichen wir uns oft heimlich davon und kamen erst am Abend wieder. Dass sich unsere Mutter Sorgen machte, uns könne etwas zugestoßen sein, daran dachten wir nicht. Abends bekamen wir dann unsere Strafe. Meistens war aber das Erlebnis eines freien Nachmittags für uns wichtiger als die Angst vor einer zu erwartenden Strafe.

So vergingen die Jahre in der Volksschule. Frau Frey schlug unseren Eltern vor, uns aufs Gymnasium in die Kreisstadt zu schicken. Daraus wurde aber nichts. Zu weit war der Schulweg. Man musste zunächst mit dem Fahrrad zum Bahnhof nach Battenberg fahren und anschließend mit dem Zug nach Frankenberg. Dazu kam, dass auf Gymnasium die Kinder von Ärzten, Lehrern, Rechtsanwälten, höheren Verwaltungsbeamten und reichen Bauern gingen. Meine Eltern fühlten, dass wir dort nicht hingehörten. Da Frau Frey aber auf einem Wechsel zu einer weiterführenden Schule bestand, wurden wir zur Mittelschule nach Battenberg geschickt, die wir Ende der 50er erfolgreich beendeten. (József Wieszt, 3.4.2020)