Mobilfunk-Überwachung in Sachen Corona: Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP).

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Karl Habsburg hat es, Fürst Albert von Monaco hat es, Prinz Charles hat es infolge einer Stippvisite beim adeligen Subkollegen Albert. Das Virus Sars-CoV-2 kennt keine Grenzen zwischen gesellschaftlichen Klassen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat es übrigens nicht, bleibt aber tapfer in Quarantäne.

In Österreich ist zum Glück bisher noch kein Regierungsmitglied, kein bekanntes Parteimitglied erkrankt. Unbekannt ist allerdings, ob auch Politiker bisher bereit waren und sind, 200 Euro auf den Tisch zu legen, um sich in privaten Instituten testen zu lassen. Unbekannt ist auch, warum wir alle als Arbeitnehmer und Privatpersonen zu selbstverständlicher Solidarität aufgerufen werden, nicht jedoch entsprechende, teure medizinische Testinstitute. Könnten nicht auch diese dazu gebracht werden, zu kooperieren und ihre Fazilitäten kostenlos zur Verfügung zu stellen – mit der Aussicht, immerhin zu Helden der Nation zu werden?

Bühne für Quote

Keine Frage, die Regierung unternimmt ihr Möglichstes, die Gefahren und die Folgen der Corona-Pandemie hier in Österreich in den Griff zu bekommen. Die Medien helfen mit: Sonderberichterstattung, Sondersendungen, nahezu pausenlose Regierungspressekonferenzen ohne tatsächlich brennend neue Nachrichten. Zahlen dominieren die Berichterstattung: Erkrankte, Infizierte, Rettungspakete, etc. p.p. Der Politikerkaste dienen die Medien als Bühne, Medien trommeln entsprechend im Sinne höherer Publikumsquoten. Beide ziehen daraus ihren Nutzen.

Wem fällt dabei noch auf, dass manche Printmedien – nicht nur in Österreich – immer schmaler werden? Jene, die in dem Coronavirus nicht boulevardesk eine "effektheischende" globale Seuche sehen, die als Sensation eben die Leserschaft der Regenbogenpresse fesselt und Panik schürt. Dünner im Umfang werden jene Medien, die besonnen berichten. Noch sind sie nicht auch inhaltlich dünner.

Dünnere Blätter

Warum aber schnurren diese Printmedien immer mehr in sich zusammen? Angesagt ist eine Weltwirtschaftskrise, vor der wir uns alle fürchten. Konzerne und Wirtschaftstreibende sparen, schalten also weniger Inserate – und wenn, dann bevorzugt im Internet für all die zu Hause gebliebenen Menschen. Ein weiterer Grund ist natürlich auch, dass die Redaktionen auf Homeoffice umgestellt haben. Das kostet Zeit, auch für die Produktion. Das kostet aber auch vielfältige, sorgfältig recherchierte Informationen jenseits der steten Politpressekonferenzen.

Corona erledigt Message-Control

Überspitzt formuliert erledigt Corona also auch für die Politik allfällige Message-Control-Effekte. Message-Control und darüber hinaus auch die staatliche Überwachung privater Daten. Die derzeitige Landwirtschafts-, also auch Digitalministerin Elisabeth Köstinger verkündete nun die generelle Überwachung Corona-verdächtiger Personen.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den hierzulande drei größten Mobilfunkunternehmen wurde die Methode vorgestellt: die Überwachung von Mobiltelefonen, um den Umgang der Besitzer beobachten zu können. All diese Aufzeichnungen solcher Bewegungsdaten sollen total anonymisiert und unter Berücksichtigung des Datenschutzes ablaufen.

Wenn aber auf diesem Weg mögliche "Coronisten" gefunden werden, was dann? Bleiben diese dann anonymisiert? Wohl kaum. Werden diese Menschen dann getestet, isoliert und geimpft zum Wohl der Gesellschaft? Die Antwort bleibt bisher offen.

Corona geht, Überwachung bleibt

Denken wir doch auch an die hoffentlich absehbar einsetzende Post-Corona-Zeit. Werden dann diese Methoden generell als Überwachungssysteme wieder abgeschafft? Wo landen die bisher gesammelten Daten unsere Privatsphären? Wo die rechtsstaatlichen Prinzipien unsere liberale Demokratie? Hoffen wir, dass dann nicht einige Kontrollfreaks diese Methodik beibehalten wollen. Hoffen wir auch, dass diese Methodik nicht in falsche Hände gerät.

"Heldinnen der Arbeit"

In der ehemaligen DDR gab es die Auszeichnung "Helden/Heldinnen der Arbeit". In Zeiten von Corona werden die Supermarktkassierinnen nun von Politikern als Heldinnen gefeiert. All die schlecht bezahlten Frauen an den Kassen von florierenden Einkaufsketten. All die Frauen, die ohne Schutzmasken "ihren Mann" angesichts der Hamsterkäuferschaft stehen. Wer wollte mit diesen tauschen? Niemand.

Dann schon lieber mit Polizistinnen und Polizisten, die mit wiederverwendbaren Masken ihre Dienste versehen? Woher gerade sie diese – übrigens einzig effektiven – Masken haben, wurde von der Exekutive bisher nicht bekanntgegeben. Warum gerade diese und nicht wenigstens auch die Allgemeinärztinnen und -ärzte mit solchen Masken ausgestattet werden, ist genauso rätselhaft. Frage: Mit wie vielen Corona-infizierten Menschen kommt die Exekutivtruppe in Kontakt, mit wie vielen hingegen die Ärzteschaft, die darüber entscheiden muss, ob ein Test angesagt ist oder nicht?

Eine primäre Entscheidung der Polizeiorgane hingegen dürfte derzeit sein, ob jemand eine deftige Strafe zahlen muss oder nicht, weil er sich nicht vorschriftsmäßig benimmt. Statt Parksündern werden nun Bewegungssünder angezeigt. Manche nennen solche Aktionen einen Akt selbstverständlicher polizeilicher Autorität, andere wiederum sehen darin eine aus Hilfslosigkeit gegenüber einem Virus geborene Maßnahme. Sicher ist nur eines: Bewegungssünder bringen mehr ein als Parksünder.

Allenfalls kurz Gedanken lüften

Uns allen wird geraten, nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben. Allenfalls ein kleiner Spaziergang zum Lüften der Gedanken ist erlaubt. Nicht mehr angesagt sind Friseurtermine, Besuche bei Kosmetikerinnen, die Wäsche in Putzereien zu bringen und vieles andere mehr. Frage: Wie machen das die Politikerinnen und Politiker, die regelmäßig im Fernsehen auftreten? Schminken diese sich täglich allein, werfen sie zu Hause selbst die Waschmaschine an und stellen sich an das Bügelbrett, um Blusen und Hemden zu bügeln? Und wer schnippelt die formvollendeten Frisuren?

"Augustin" gefährdet

Obdachlose und Armutsgefährdete bekümmert anderes: Ihr Straßenmagazin "Augustin" ist nun endgültig existenzgefährdet, weil es nicht mehr problemlos auf Straßen und vor Supermärkten verkauft werden kann. Auch hier kontrolliert die Polizei, greift konsequent durch. "Augustin"-Verkäufer werden mit dem Charme manch besonderer Polizeicharaktere aufgefordert, das Land zu verlassen oder 150 Euro zu zahlen. Nachzulesen im "Kurier".

Woher dieses Geld nehmen? Obdachlose und Armutsgefährdete leiden an Hunger und Entbehrungen. Noble Wiener Gastronomen kochen publikumswirksamen für die Polizei auf, um sich ihrer Vorräte an Lebensmitteln zu entledigen. Warum gerade in dieser Corona-Zeit nur für die durchaus saturierte Polizei und nicht für tatsächlich Bedürftige gut schmeckendes Essen angeboten wird?

Auch das ist schleierhaft. Was geht da in den mit diversen Sternen versehenen Kochköpfen vor? Hoffentlich nicht nur der PR-Effekt.

Helfen wir auch deshalb mit, dass die zunehmend gefährdete Straßenzeitung "Augustin" erhalten bleibt, und beteiligen wir uns deshalb an einem entsprechenden Crowdfunding. Mehr darüber auf der Plattform "raumpioniere.at"! Helfen wir und feiern dann gemeinsam im Herbst 25 Jahre "Augustin"!

Hamsterfutter ins Klopapierregal

Eines noch. Für mich persönlich ist auch jene anonyme Person X des Personals einer Supermarktkette eine Heldin, ein Held, die kürzlich in ein leeres Klopapierregal Hamsterfutter gestellt hatte.

An diesem Tag war die Bewegungsüberwachung via Mobiltelefone noch nicht staatlich sanktioniert. Jubel. (Rubina Möhring, 28.3.2020)