Das Onlineportal von "Oe24" habe bewusst seine Leser getäuscht, befindet der Presserat.

Foto: fid

Die Onlineplattform "Oe24.at" hat nach Ansicht des österreichischen Presserats schwerwiegend gegen den Ehrenkodex der österreichischen Presse verstoßen. Das Portal veröffentlichte ein Foto einer Feature-Fotoagentur als Tatverdächtigen. Auf die Quelle des Fotos brachten den Presserat ein Tweet von "Heute"-Chefredakteur Christian Nusser, früher selbst bei "Österreich/Oe24", und der Hinweis einer Leserin.

Das Agenturfoto eines damit nicht in Verbindung stehenden Mannes als Bild des Tatverdächtigen zu veröffentlichen verstoße schwerwiegend gegen das Gebot der Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten im Ehrenkodex, befindet der Senat 3 des Presserats.

Kurz nach Nussers Tweet antwortete der Chefredakteur von "oe24.at", Richard Schmitt, auf Twitter mit: "Das wurde bereits geändert. Danke. Und ich habe auch ein Telefon. Liebe Grüße."

Eine Leserin wandte sich an den Presserat und kritisierte, dass auf dem veröffentlichten Bild nicht die beschriebe Person gezeigt, sondern ein Agenturfoto veröffentlicht worden sei. Die Medieninhaberin von "oe24.at" nahm am Verfahren des Presserats nicht teil. "Österreich" beteiligt sich nur als Zeitung, nicht als Portal am Presserat.

"Bewusst getäuscht"

Der Senat des Presserats hält fest, dass hier ein Agenturfoto eines unbekannten Mannes für die Bebilderung eines konkreten Kriminalfalles eingesetzt wurde: "Die Schlagzeile lässt bei den Lesern keine andere Schlussfolgerung zu, als dass auf dem Bild der Tatverdächtige gezeigt werde. Die Leser wurden bewusst getäuscht – für den Senat ist es nicht vorstellbar, dass das Agenturfoto versehentlich für den Tatverdächtigen eingesetzt wurde und eine Verwechslung vorlag." Diese Vorgangsweise des Mediums widerspreche "diametral den Bestimmungen des Punkt 2.1 des Ehrenkodex, wonach Informationen gewissenhaft recherchiert und korrekt wiedergegeben werden müssen".

Der Senat begrüßt zwar die rasche Entfernung des Fotos durch die Redaktion. Da die Leser jedoch gezielt in die Irre geführt wurden, hält er es für notwendig, einen schwerwiegenden Verstoß gegen den Ehrenkodex festzustellen. Er fordert die Medieninhaberin von "oe24.at" auf, freiwillig über die Entscheidung zu berichten.

DER STANDARD bat "Oe24.at" am Freitag um eine Stellungnahme dazu. (fid, 27.3.2020)