Geschlossene Betriebe sollen für Umsatzentgang entschädigt werden – zumindest teilweise.

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Eigentlich hätte der Härtefonds die notwendige Entlastung bringen sollen. "Rasch und unbürokratisch", wurde von der Regierung mehrfach betont. Diese hat am Donnerstag angekündigt, dass Einpersonen- und Kleinstunternehmen sowie freie Dienstnehmer und neue Selbstständige, die von der Corona-Krise getroffen wurden, eine Soforthilfe zwischen 500 und tausend Euro erhalten sollen. Anschließend bekommen sie – je nach Einkommenseinbußen – bis zu 6.000 Euro über drei Monate. Die Anmeldung wurde am Freitagnachmittag eröffnet, die Homepage der Wirtschaftskammer war von dem Andrang zeitweise überlastet.

Tausende Betriebe haben auf die Mittel gehofft – einige von ihnen schauen nun allerdings durch die Finger. Denn wie so oft liegt der Hund im Detail begraben.

So haben beispielsweise nur Selbstständige Anspruch, die über jährliche Einkünfte von mindestens rund 5.500 und maximal rund 60.000 Euro verfügen. Das ist bei Yoga-Lehrerin Anneliese Binder, die ihren echten Namen nicht in der Zeitung lesen will, nicht der Fall. Sie hat zumindest auf die niedrigere Soforthilfe gehofft, erhält aber letztlich gar nichts. Und das, obwohl die Selbstständige seit zwei Wochen kein Einkommen mehr hat.

"Natürlich muss eine gewisse Obergrenze des Verdienstes eingezogen werden, damit das Geld wirklichen Härtefällen zur Verfügung steht", heißt es aus dem Wirtschaftsministerium dazu. Die Untergrenze wurde demnach deshalb eingeführt, "weil wir treffsicher jene UnternehmerInnen unterstützen wollen, die von ihrem unternehmerischen Einkommen leben".

Yoga-Protest

Mit ihren Sorgen ist Binder jedenfalls nicht allein: Auf einer Facebook-Seite haben sich mittlerweile knapp 800 Yoga-Lehrende zusammengetan, um Informationen über den Härtefonds auszutauschen. Während viele nicht wissen, wie sie hohe Innenstadtmieten berappen sollen, kämpfen andere mit einem weiteren Ausschlussgrund für den Härtefonds: Wer zum Zeitpunkt der Antragstellung mehrfach versichert ist – also neben der Selbstständigkeit auch einer unselbstständigen Beschäftigung nachgeht –, hat keinen Anspruch auf die Mittel. Das gilt auch für Unternehmer, die weitere Einkünfte über der Geringfügigkeitsgrenze haben – etwa Mieteinnahmen.

Kanzler Kurz und Vize Kogler versprachen umfassende Hilfe, einige Betriebe dürften übersehen worden sein.
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Wer übrigbleibt, kann seit Freitagnachmittag und bis Jahresende auf der Homepage der Wirtschaftskammer (WKO) den Härtefonds ansuchen. Vorausgesetzt, die Seite hält dem Ansturm statt. Freitagabend war das vorübergehend nicht der Fall. Für Anspruchsberechtigte seien "ausreichend finanzielle Mittel reserviert", heißt es bei der Kammer. Wie viele Anträge pro Tag erledigt werden, konnte die WKO nicht beantworten. Jedenfalls wurde das Personal aufgestockt, das am Wochenende mit der Bearbeitung startet. Erste Auszahlungen soll es nächste Woche geben, die Mittel müssen nicht rückerstattet werden.

Server unerreichbar: "Serverfehler 500"

Laut WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf wurden nicht nur Mitarbeiter aufgestockt, sondern auch Serverkapazitäten. Nichtsdestotrotz war die WKO-Homepage am Freitagabend zeitweise überlastet. Anstelle des Formulars erhielten Unternehmer Nachrichten wie "Serverfehler 500" oder "diese Website ist nicht erreichbar". Nach Angaben mehrerer Antragsteller hätte ein wiederholtes "Reloaden" der Seite das Problem allerdings zumeist gelöst. Mindestens 5.000 Anträge hat es laut WKO in der ersten Stunde gegeben.

Das Ausfüllen selbst soll "relativ unkompliziert" funktioniert haben, sagt ein Einzelunternehmer im Gespräch mit dem STANDARD. Die Anmeldung für den Härtefonds nehme zwischen zehn und 45 Minuten in Anspruch. Seitens des Wirtschaftsministeriums versicherte man auf Nachfrage: "Die WKÖ darf im Zuge des Förderungsvertrages anfallende, personenbezogene Daten selbstverständlich nur für Zwecke der Fördervertragsabwicklung verwenden."

Gar nicht unbürokratisch

Auch den Größeren fehlt derzeit das Geld. Ein Salzburger Tourismusunternehmer hat den Antrag auf Überbrückungsfinanzierung durch die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) bei seiner Hausbank gestellt, er braucht 500.000 Euro – auch um Ende März Löhne und Gehälter im Rahmen der Kurzarbeit zu zahlen.

Eingereicht hat den Antrag am 17. März seine Bank, die bereits entsprechende Prüfungen vorgenommen hat, bevor sie die Unterlagen an die ÖHT weitergeschickt hat. Am 20. März teilte diese dem Unternehmer mit, dass der Antrag "angenommen" worden sei. In der Folge haben die dortigen Risikomanager zu prüfen begonnen, am 25. März bekam der Unternehmer auf seine Nachfrage hin die Information von der ÖHT, dass zwei weitere Schritte nötig seien.

Hin und Her

Sein von der ÖHT geprüfter Antrag muss nämlich ans Tourismusministerium geschickt werden. Wenn das Ministerium seinen Segen gegeben hat, braucht es noch eine Zustimmung vom Finanzministerium, damit die ÖHT die Haftungserklärung ausstellen kann.

Erst wenn das alles erledigt ist, kann die Hausbank den mit 80 Prozent Staatshaftung abgesicherten Kredit auszahlen. Der betroffene Unternehmer hält das Procedere für "extrem bürokratisch", er rechnet damit, dass das Geld sicher nicht Ende März zur Auszahlung an die Mitarbeiter zu Verfügung stehen wird.

Restriktive Banken

Auch das erhoffte Entgegenkommen der Banken wird von vielen Unternehmern vermisst. Ein Friseur mit vier Mitarbeitern reichte dem STANDARD eine Antwort einer Großbank weiter, bei der er um einen Überbrückungskredit angefragt hatte. Das Geldinstitut nannte 18 Auflagen, darunter die Einreichung der Bilanzen und Einkommenssteuerbescheide von 2017 bis 2019, eine Liquiditätsrechnung für das laufende Jahr, eine private wie betriebliche Vermögensübersicht, Angaben zu Maßnahmen zur Kostenreduktion ("zum Beispiel Kurzarbeit, Kündigungen, Stundungen ..."). Auch die Frage, ob es Beiträge der Gesellschafter gibt, wurde gestellt. (Renate Graber, Nora Laufer, Andreas Schnauder, 27.3.2020)