Die Ausreise aus den Tiroler Quarantäneorten gestaltet sich schwierige. Trotzdem würden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auf die Straße gesetzt, berichtet die Arbeiterkammer. Hotellerie und Wirtschaftskammer stellen dies in Abrede, die Betriebe würden sich um die Betroffenen kümmern.

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Der Tiroler Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl (ÖVP) veröffentlichte am Freitagnachmittag auf Facebook einen Hilferuf von Tiroler Tourismusmitarbeitern. Ihm zufolge erreichen die Arbeiterkammer (AK) dramatische Nachrichten aus Wintersportorten. Dort sollen viele Mitarbeiter von ihren Arbeitgebern einfach vor die Tür gesetzt worden sein. Weil die Betroffenen wegen der Quarantäneverordnungen auch nicht ausreisen dürfen, befänden sie sich nun in einer verzweifelten Lage, so Zangerl: "Das sind menschenverachtende Zustände, für die man sich schämen müsste. Sollte das zutreffen, sind die Bürgermeister gefordert, für anständige Unterkünfte und Verpflegung zu sorgen." Von "unversorgt und obdachlos" war seitens der AK die Rede.

Um welche Hotels es sich im Detail handelt, versucht die AK derzeit zu eruieren. Es seien aber so gut wie alle größeren Skigebiete betroffen. Die Meldungen kamen bislang über Hotlines, und man versuche nun, die genaueren Hintergründe zu eruieren. Selbst vonseiten des ungarischen Honorarkonsuls seien bereits Berichte über schlechte Behandlung ungarischer Saisonkräfte gekommen.

Wirtschaftskammer weiß von nichts

Bei der Tiroler Wirtschaftskammer wusste man indes von keinem solchen Fall. Sollte es diese Fälle geben, werde man alles unternehmen, um die Betroffenen aus dem Ort beziehungsweise aus den widrigen Umständen herauszubekommen, sagte ÖVP-LAbg. Mario Gerber, Hotellerie-Fachgruppenobmann in der Wirtschaftskammer, dem ORF Tirol. "Die Betriebe kümmern sich um ihre Mitarbeiter, schauen, dass sie verpflegt sind, stellen gratis Unterkünfte zur Verfügung. Manche Hotels haben sogar den Wellnessbereich und das Schwimmbad geöffnet, weil gerade in Gebieten wie St. Anton, Paznauntal, Ötztal, wo die Mitarbeiter nicht raus dürfen, geht es darum, dass sie die Zeit herumkriegen", meinte Gerber.

Der Fachgruppenobmann kritisierte zudem Zangerl. Gelebte Sozialpartnerschaft sehe anders aus, man sollte Missstände gemeinsam aufdecken und gemeinsam die Betriebe anrufen, um für die Betroffenen eine Verbesserung zu bewirken.

Schwierige Ausreise

Scharfe Kritik an Zangerl kam auch vom Bürgermeister von St. Anton am Arlberg, Helmut Mall. "Das ist eine Riesenfrechheit", so Mall gegenüber der APA. An den Vorwürfen sei seines Wissens überhaupt nichts dran, in St. Anton sei kein einziger derartiger Fall bekannt. Dies gelte zumindest seinen Informationen zufolge auch für das Paznauntal. Man habe Zangerl bereits einen Protestbrief geschickt, berichtete der Bürgermeister.

Vom Land Tirol hatte es am Donnerstag – bei der Verkündigung der Verlängerung der Komplettisolation des Paznauntals, St. Anton, St. Christoph und Sölden bis zum 13. April – geheißen, dass ausländische Angestellte nur unter Einhaltung gewisser Vorgaben ausreisen dürften. Einerseits müssten sowohl Außen- als auch Gesundheitsministerium ihr Einverständnis erteilen. Andererseits müsse der Heimatstaat der Mitarbeiter an das Außenministerium herantreten. Am Freitag hieß es gegenüber der APA, dass derzeit noch Abstimmungsgespräche mit den zuständigen Bundesministerien laufen. Über die von der AK veröffentlichten Vorwürfe sei auch dem Land nichts bekannt. (ars, APA, 27.3.2020)