Das Eisgeschäft am Schwedenplatz hat geschlossen, normalerweise wäre hier schon die Hölle los. Die Regierung fürchtet, dass die Gefahr verharmlost wird und die Bevölkerung wieder nachlässig wird.

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Wien – Größte Sorgen bereitet der Bundesregierung aus jetziger Sicht Ostern. Dass die Menschen ihre bisher angewandte Sorgsamkeit im Umgang mit dem Coronavirus über Bord werfen, die verordnete Isolation abbrechen und zu ihren Verwandten eilen könnten, um diese zu herzen, würde alle bisher erfolgten Bemühungen und die so mühsam erreichte Abflachung der Infektionskurve über den Haufen werfen.

Wenn Ostern tatsächlich als Familienfest gefeiert werden würde, wäre das ein gewaltiger Rückschlag, befürchten die Experten, die die Regierung beraten. Daher wird es auch keinerlei Entwarnung geben, um die Bevölkerung nicht in falscher Sicherheit zu wiegen und der Fahrlässigkeit Vorschub zu leisten. Gerade Situationen wie Familienfeste, wo mehrere Menschen auf engem Raum zusammenkommen und einander nahe sind, sind ein Katalysator für die Verbreitung des Virus. Die Botschaft der Regierung ist ganz klar: Bleibt zu Hause!

Simulation und Strategie

Am Sonntag noch waren Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) damit beschäftigt, die Auswertung letzter Testergebnisse zu analysieren und mit Mathematikern und Statistikexperten zu besprechen. Daraus soll eine Simulation und eine Strategie für die nächsten Wochen und Monate abgeleitet werden, soweit das langfristig überhaupt möglich ist.

Gesundheitsminister Anschober ließ am Wochenende auch einen weiteren Schritt durchblicken, mit dem sich die Regierung Klarheit über die notwendigen Maßnahmen verschaffen möchte: Mit einer repräsentativen Testung in der Bevölkerung soll die Entwicklung besser vorhergesagt werden können, erklärte er auf Twitter. Damit ließe sich nämlich auch die Dunkelziffer hochrechnen, wie das zuvor Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger gefordert hatte.

Flachere Kurve

Mit Stand Sonntag wurden in Österreich laut offiziellen Angaben aus dem Gesundheitsressort mehr als 46.000 Testungen durchgeführt, davon waren 8.450 positiv. 931 Personen waren zu diesem Zeitpunkt in Spitalsbehandlung, davon befanden sich 187 auf einer Intensivstation. Bis Sonntag waren 86 Corona-Tote zu verbuchen. Anschober verwies am Sonntag auf eine Auswertung des Sora-Instituts, wonach der Zuwachs an Covid-19-Erkrankungen über jeweils vier Tage abnehme. "Nächste Woche wird zeigen, ob wir bei einstelligen Zuwächsen ankommen."

Die derzeit kursierenden Zahlen sorgten am Wochenende für Verwirrung. Von staatlichen Stellen werden nämlich unterschiedliche Zahlen geliefert, denn sowohl das Gesundheits- als auch das Innenministerium veröffentlichen Daten. Die Zahlen des Innenministeriums lagen höher als jene des Gesundheitsministeriums – um gleich 150 Fälle.

Verwirrung um Zahlen

Im Innenministerium erklärt man es damit, dass die eigenen Daten das Ergebnis der täglichen morgendlichen Sitzung des Krisenstabes sind. Mittels Videokonferenz sind die Vertreter der Einsatzstäbe in den Bundesländern zugeschaltet, die jeweils die aktuellen Zahlen bekanntgeben. Beim Dashboard des Gesundheitsministeriums komme es dagegen zu Verzögerungen bei der Eingabe der gemeldeten Daten, sodass ein Unterschied entsteht. Im Gesundheitsministerium bestätigt man dies. Insbesondere am Wochenende könne es zu Verzögerungen kommen.

Klar ist: Bis nach Ostern bleiben die strengen Maßnahmen, wie sie derzeit gesetzt sind, bestehen. Danach könnte man, wenn sich die Kurve der Neuansteckungen abflacht, daranmachen, den Handel langsam wieder hochzufahren und mehr als nur Lebensmittelgeschäfte zu öffnen. Wie das ausschauen könnte, ist noch offen. Es ist denkbar, dass Lockerungen von verpflichtenden Bedingungen begleitet werden: dass etwa Handelsangestellte durchgetestet werden oder dass man das Tragen von Masken in den Geschäften vorschreibt – auch für die Kunden. Das bedingt wiederum, dass eine beträchtliche Zahl an Gesichtsmasken verfügbar ist. Die müssten entweder am Weltmarkt eingekauft oder verstärkt auch wieder in Österreich produziert werden.

Matura ausgenommen

Alle Schüler, die derzeit zu Hause sind, haben zwar keine Ferien, werden aber weiterhin nicht so schnell wieder in die Schule kommen müssen. Da man davon ausgeht, dass von Kindern als Überträgern der Infektion ein besonderes Risiko ausgeht, werden die Schulen voraussichtlich bis in den Mai hinein, vielleicht aber noch deutlich länger geschlossen bleiben. Noch gibt es keinerlei Entscheidungen, aber auch ein regulärer Schulbeginn erst im Herbst oder schon früher, anstatt der Sommerferien, ist denkbar. Unterrichtsminister Heinz Faßmann (ÖVP) arbeitet derzeit an einem Plan, wie man die Schüler aus dem Maturajahrgang aus den geltenden Restriktionen ausklinken und mit ihnen gemeinsam noch vor dem Sommer eine Behelfsmatura abhalten könnte. (Michael Völker, Michael Möseneder, 29.3.2020)