Der barocke Augarten ist derzeit eine Sperrzone. Was der Wiener Stadtregierung nicht passt.

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Ausgangsbeschränkungen gab es im Mai des Kriegsjahres 1916 in Wien nicht. Im Gegenteil, in den Straßen drängten sich täglich hunderttausende Menschen dicht an dicht vor den Geschäften, um trotz der erbärmlichen Versorgungslage zu Lebensmitteln zu kommen. Trotz des tristen Alltags komponierte Robert Stolz damals eine seiner bekanntesten Melodien: Im Prater blüh’n wieder die Bäume bejubelt den Einzug des Frühlings.

Im Prater, seit 1938 im Besitz der Gemeinde Wien, darf man auch im Frühling 2020 trotz Covid-19 flanieren und sporteln, vorausgesetzt, man hält den Sicherheitsabstand ein. Andere Grünflächen wie Burg-, Volks- und Augarten sind dagegen gesperrt. Sie stehen im Eigentum des Bundes, und dort begründet man die Schließung mit mangelnder Distanzdisziplin der Besucher.

Besondere Metropolenverhältnisse

Das erzürnt die Stadtregierung. Ihr Argument: Eine Millionenstadt mit beengten Verhältnissen müsse der Bevölkerung die Möglichkeit geben, frische Luft zu schnappen. Wenn ein Riesenareal wie der Schlosspark Schönbrunn gesperrt sei, führe das dazu, dass andere Grünflächen überlaufen seien.

Ein valides Argument. In Metropolen wie München macht man auch keinen Unterschied zwischen städtischem und staatlichem Park. Das muss auch in Wien möglich sein, für Strafen ist ohnehin die Polizei zuständig. Blühende Bäume sollte man – mit Abstand voneinander – in Schönbrunn genauso wie im Prater genießen dürfen. (Michael Möseneder, 29.3.2020)