Plötzlich scheint alles möglich. Seit dem behördlich verfügten Stillstand werden die Hilfsversprechen tagtäglich größer, schillernder, märchenhafter. Da werden dringend benötigte Pflegekräfte mit dem Flugzeug eingeflogen, dort werden Großkonzernen Milliardenhilfen angedient. Die Beschäftigten hinter den Supermarktkassen werden zu Helden und Heldinnen erklärt, die Menschen rücken (virtuell) zusammen, manche Unternehmer sind flexibel und kreativ wie nie zuvor.

Es gibt auch im Homeoffice ein Leben nach und neben der Arbeit. Und das will auch in verrückten Zeiten vernünftig gestaltet werden.
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In Zeiten wie diesen kühlen Kopf zu bewahren fällt nicht leicht. Man fühlt sich wie in einem nicht enden wollenden Film. Was mir zunehmend abgeht, ist die in normalen Zeiten übliche Begegnung mit der Realität. Mit Menschen, die einem den Vogel deuten, wenn sie finden, dass man sich daneben benimmt. Mit Mitbürgern, die einen anlächeln, einfach so. Ich vermisse den bunten, manchmal rauen Alltag, der nur durch analoge Begegnungen entsteht. Jetzt muss ich mich mit vergleichsweise dürftigen Text- und Videobotschaften auf den sozialen Medien begnügen. "SM", also Sadomasochismus, wie manche meiner Bekannten zu scherzen pflegen. Aber was soll’s, werden die Instagram-tauglichen Workouts zu viel, die Youtube-Scherzfilmchen zu virtuellen Meetings und anderen neuen Alltagsphänomenen schal, bleibt für Leute wie unsereins, denen die Haftung auf dem klebrigen Boden der Alltagsrealität fehlt, ja immer noch der Frühjahrsputz. Das erdet ganz ungemein.

Die guten Reinigungsgeister

Wer es nicht glaubt, probiere es bitte aus. Wer will fleißige Menschen sehn, der muss zu uns Heimarbeitenden gehn. Anstatt Stein auf Stein zu türmen, wie es im fröhlichen Kinderlied heißt, werden nun die Fenster geputzt. Dann knöpft man sich jeden Winkel einzeln vor und befreit ihn von Staub und Unappetitlicherem. Dass der Wasserverbrauch derzeit steigt, ist nicht im Geringsten verwunderlich. Nehme ich das, was Freunde und Verwandte erzählen, die keine Kinder bei Laune zu halten haben, ernst, wird derzeit viel geputzt. Ich behaupte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: So supersauber war Österreich noch nie. Man legt auch deswegen selbst Hand an, weil die guten Reinigungsgeister oft aus den benachbarten Ländern kommen und derzeit die Grenze nicht überschreiten dürfen. Ein Thema, das noch gar nicht so richtig ausgeleuchtet ist.

Aber wer weiß, vielleicht werden ja künftig auch Reinigungskräfte eingeflogen. In Tagen wie diesen werden ja so manche (Alb-)Träume wahr. (Regina Bruckner, 31.03.2020)