Eine Intensivstation in Italien – Verhältnisse wie dort gilt es, so betont die Regierung laufend, nun zu verhindern.

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Noch vor drei Tagen klang die Lage zwar nicht rosig, aber doch ein wenig hoffnungsvoller: "Österreich bei Intensivbetten weit über OECD-Schnitt" war die erleichternde Schlagzeile, die Nachricht: Das Land liegt mit 28,9 Betten pro 100.000 Einwohnern auf Platz zwei hinter Deutschland.

Am Montag folgte die Ernüchterung: Schon Mitte April, so sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bei einer Pressekonferenz, könne es zu einer Überforderung der Intensivmedizin kommen. Insgesamt stehen bundesweit etwa 2.500 Betten zur Verfügung, davon sind derzeit gut 1.000 für Corona-Patientinnen und -Patienten frei. Die Auslastung schwankt jedoch: Im Verhältnis sind mit 62 Prozent der Betten am meisten in Salzburg frei, während es im Burgenland nur ein Fünftel der Betten ist.

Mit Stand Montagfrüh befanden sich in ganz Österreich 999 Corona-Fälle in Spitalsbehandlung und 193 auf Intensivstationen. Nach unterschiedlichen Berechnungen von österreichischen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern könnte die Zahl der Erkrankten in Spitalsbehandlung bis zum 7. April auf 1.285 Personen ansteigen, die Zahl jener auf Intensivstationen auf 256 – sofern sich die Kurve nach dem derzeitigen Trend fortsetzt.

Schon gehört?

Beatmungsgeräte knapp

Ein Ausbau der Intensivmedizin ist aus mehreren Gründen kaum möglich: Einerseits fehlt es an Personal, andererseits an der praktischen Machbarkeit. Denn ein Intensivbett ist dann ein Intensivbett, wenn eine bestimmte technische Ausstattung vorhanden ist: etwa Monitoringgeräte, Blutdruckmessgeräte, Wandanschlüsse für Sauerstoff und Luftanschlüsse und ein Beatmungsgerät. Davor dass Letztere knapp werden, häuften sich in den vergangenen Tagen die Warnungen. SPÖ-Parteichefin und Medizinerin Pamela Rendi-Wagner etwa prognostizierte am Montag, dass das Beatmungslimit schon in zehn Tagen erreicht sein könnte – zumindest wenn man annimmt, dass dann etwa 30.000 bis 35.000 Menschen an Covid-19 erkrankt sind. Sie forderte, dringend Beatmungsgeräte zuzukaufen.

50 statt 1.000 Stück

Daten des Gesundheitsministeriums zeichnen ein ähnliches Bild: Insgesamt stünden demnach in Österreich derzeit 2.584 Beatmungsgeräte zur Verfügung. Von diesen aber sei – mit Stand vom 27. März – nur etwa ein Drittel für Covid-19-Patientinnen und -Patienten frei.

Außerdem sind die Kapazitäten regional recht unterschiedlich: In Niederösterreich etwa sind nur noch neun Prozent der Geräte frei, in Tirol, dem bisher am heftigsten vom Coronavirus betroffenen Bundesland, sind mit 126 von 215 Geräten noch 59 Prozent der Beatmungsgeräte frei.

Bundeskanzler Kurz soll beim deutschen Medizintechnikhersteller Dräger 1.000 Beatmungsgeräte bestellt haben, wie dessen Vorstandschef Stefan Dräger Ende vergangener Woche in einem Interview mit dem Magazin Spiegel sagte. Dräger könne ihm jedoch nur 50 Stück liefern. "Unzählige Minister" würden derzeit anrufen, so der Vorstandschef, aber auch der König der Niederlande.

1,5 Milliarden Euro Kosten

Abgesehen von raren Beatmungsgeräten und Personalmangel wäre ein Ausbau der Intensivversorgung mit hohen Kosten verbunden: Müsste man knapp 7000 zusätzliche Intensivbetten schaffen, würde das 1,5 Milliarden Euro kosten, rechnet die Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher von Health System Intelligence vor.

Die hätte man gebraucht, wenn eine Prognose von Mitte März Realität werden würde: nämlich dann, wenn die Österreicherinnen und Österreicher ihre Sozialkontakte um nur 25 Prozent einschränken. Angenommen wird hier, dass fünf Prozent der Corona-Fälle intensivmedizinisch betreut werden müssen und 60 Prozent der Betten mit anderen Erkrankten belegt sind. Dann komme es zu einem zusätzlichen Intensivbettenbedarf von 6.886 Betten. Dank bisher gesetzter Maßnahmen, so Hofmarcher, sollte sich die Zahl der Erkrankungen aber "wesentlich günstiger entwickeln als in dem genannten Szenario angenommen". (Gabriele Scherndl, 30.3.2020)