Einkaufen ist demnächst auch in Österreich nur noch mit Gesichtsmaske erlaubt.

Foto: APA/dpa

HANDEL

Öffnung mit strikten Auflagen

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat am Montag klargemacht, dass ihm die Wiederbelebung von Handel und Wirtschaft ein großes Anliegen sei und dass wirtschaftspolitische Maßnahmen Priorität hätten – noch vor der Öffnung der Schulen oder Universitäten. Ab Mitte April, spätestens Anfang Mai sollen zusätzlich zum Lebensmittelhandel weitere Geschäfte wieder öffnen dürfen – so das zu diesem Zeitpunkt dann vertretbar erscheint. Konkrete Pläne gibt es dazu noch keine, da die Politik derzeit auch noch über keine belastbaren Prognosen verfügt, wie sich die Ausbreitung des Coronavirus entwickeln wird.

Klar ist, dass es in allen Geschäften mit Kontakt zwischen Kunden und Angestellten zu einer ganzen Reihe an Maßnahmen kommen wird. Voraussetzung zum Öffnen weiterer Geschäfte könnte die Testung aller Mitarbeiter sein, die mit Kunden in Kontakt kommen. Das könnte auch auf die Beschäftigten im Lebensmittelhandel angewandt werden, die derzeit noch mit vollem Risiko arbeiten – für sich selbst, aber auch für die Kunden.

Mund-Nase-Schutz wird Pflicht

Was jetzt im Lebensmittelhandel vorgeschrieben wird, dürfte künftig für alle Geschäftslokale mit Kundenverkehr gelten: Wir werden uns an Masken gewöhnen müssen. Der Mund-Nase-Schutz wird verpflichtend für alle, und zwar für Angestellte wie auch für die Kunden im Geschäft. Der Einlass in das Geschäftslokal ist nur mit Maske erlaubt. Sollte der Handel diese Masken zur Verfügung stellen, gehen diese laut Vorgabe der Regierung übrigens ohne Bezahlung ins Eigentum der Kunden über.

Für Kunden wird künftig gelten: Sie müssen Abstand halten, und zwar einen Meter, egal ob das vor dem Geschäft oder im Geschäft ist. Zur Frischwarentheke muss ebenfalls zumindest ein Meter Abstand gehalten werden. Das könnte für ältere Personen schwierig werden – man wird sich jedenfalls vorbeugen müssen.

Den Geschäftslokalen wird eine festgelegte Anzahl von Kunden pro Quadratmeter vorgeschrieben werden, ab dann gilt: "one in, one out". Mit Bodenmarkierungen bei den Kassen soll der Abstand beim Anstellen sichergestellt werden. Neue Vorschrift: Einkaufswägen müssen benutzt werden – wegen des Abstands.

Alle Angestellten müssen künftig Handschuhe tragen. Einkaufswägen müssen nach dem Gebrauch desinfiziert werden. Theken und Gefrierregalgriffe müssen regelmäßig desinfiziert werden. Für die Kassen ist ein Plexiglasschutz für die Mitarbeiter anzubringen. (Michael Völker)

Wenn sich die Schulen wieder öffnen, dann zuerst für die Maturaklassen. Platz für genug Abstand ist dann ja genug.
Foto: APA / Hans Punz

SCHULE

Matura hat Vorrang

Zuerst das Geschäft, dann die Bildung: Zugespitzt formuliert ist das die Stoßrichtung für die etappenweise Rücknahme der Corona-Maßnahmen. Kanzler Sebastian Kurz stellte am Montag klar, dass – auch aus volkswirtschaftlichen Gründen – zuerst die Geschäfte wieder geöffnet werden. Schulen und Universitäten kämen erst später dran. Wann? Wie? In welcher Reihenfolge? Ist völlig offen. Es hänge davon ab, "wenn die Zahlen das auch hergeben".

Das große Problem im Schul- bzw. dem vorgelagerten Kindergartenbereich ist natürlich, dass Geschäfte und Bildungseinrichtungen eng zusammenhängen, eine Maßnahme im einen Bereich unweigerlich Folgen für den anderen hat und umgekehrt. Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité, der Schulschließungen zwar für richtig hält, auch weil sie ein "besonders vernetzter Ausschnitt" der Bevölkerung sind, wies in seinem NDR-Podcast auf die damit verbundenen Neben- und Folgewirkungen hin, die man auch berücksichtigen müsse: "Denn viele Eltern sind dann davon betroffen und können nicht zur Arbeit gehen. Das wirkt noch stärker in den Bereich von Kindergärten und Kitas."

Schulfrei bis Herbst? Ein Albtraum für Eltern

Was also tun im Bildungsbereich? Nicht unrealistisch ist, ihn so wie andere Politikfelder auch mit einem Stufenplan wieder hochzufahren. Beginnend mit den 42.000 Maturantinnen und Maturanten an österreichweit 700 Standorten. Sie haben im Bildungsministerium derzeit Vorrang. Zentrale Frage ist: Wie kann jeder, der einen Abschluss braucht, einen Abschluss machen? Anvisiert wurde fürs Erste einmal der 18. Mai als frühester Termin. Zeitlich fix ist aber auch da nichts – und es gibt ja noch etwas Puffer nach hinten. Dass die Schulen bis Herbst geschlossen bleiben könnten, will im Bildungsministerium niemand bestätigen, vielmehr sei man mit Anrufen "verunsicherter Eltern" konfrontiert, für die das eine Albtraumvorstellung wäre.

Derweil wird in Heinz Faßmanns Ressort so wie im Kanzleramt "auf Sicht" und an konkreten Gesetzesentwürfen gearbeitet, hieß es auf STANDARD-Anfrage. Ein Thema etwa ist der Erlass der Stornogebühren für alle zwischen März und Juli gebuchten Skikurse oder Sprachreisen. Weder Eltern noch Betriebe sollen auf den Kosten sitzenbleiben. Es geht dabei um rund 30 Millionen Euro. Und zeitlich schon in Sicht: die Anmeldungen der Kinder, die in den Osterferien Betreuung brauchen. Es zeichnet sich ein leichter Anstieg ab. Es wäre Corona-Woche vier. (Lisa Nimmervoll)

Das Handy als Corona-Kontrollinstrument.
Foto: imago images

ÜBERWACHUNG

Ausgang nur mit App?

Das Papier ist eindeutig: Um die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu begrenzen, sei es auch notwendig, Handydaten zu tracken. Diese Empfehlung kommt von jener Gruppe österreichischer Wissenschafter, die verschärfte Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie fordern. Einige ihrer Vorschläge, wie etwa der stärkere Einsatz einfacher Gesichtsmasken, werden von der Regierung bereits umgesetzt. Beim Thema Handy-Tracking hält sie sich hingegen zurück.

Noch. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat in den vergangenen Tagen den Einsatz von "Big Data" angedeutet. Damit ist die Verwendung und Auswertung riesiger Datenmengen durch komplexe Technologien gemeint. In anderen Ländern wie etwa Israel werden die Bewegungsdaten von Bürgern per Handy-Tracking ausgewertet, um so Kontakte von Infizierten nachvollziehen zu können. China, Taiwan, Südkorea, Singapur und Hongkong kontrollieren die Bewegungsprofile der Handynutzer und ob sich Menschen in Quarantäne an die Auflagen halten. Der Einsatz einer solchen App würde wohl auch hierzulande Gefallen finden – etwa als Preis für die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen. Sie wäre aber ein massiver Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte, vor dem SPÖ, FPÖ und Neos bereits vorsorglich warnen. "Es ist nicht möglich, die Bevölkerung zu überwachen, wie das etwa in China der Fall ist – und das ist auch dezidiert nicht geplant", versichert Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer dem STANDARD .

Leben vor Datenschutz

Der Datenschützer Viktor Mayer-Schönberger hält den Einsatz derartiger Technologien für zulässig. "Leben retten ist wichtiger als Datenschutz hochhalten", sagte er im Ö1-Morgenjournal am Montag. Wichtig sei, dass nach dem Ende der Corona-Krise alle Daten wieder gelöscht werden.

In Österreich soll die App "Stopp Corona" helfen, die Pandemie einzudämmen. Sie wurde vergangene Woche vom Roten Kreuz veröffentlicht und fungiert als Kontakttagebuch, in dem persönliche Begegnungen mit einem "digitalen Handshake" anonymisiert gespeichert werden. Erkrankt eine Person an Covid-19, wird jeder, der in den vergangenen 48 Stunden Kontakt hatte, automatisch benachrichtigt und gebeten, sich selbst zu isolieren. Regierungschef Kurz kündigte an, dass die App weiterentwickelt werde.

Die EU-Kommission setzt auf Mobilfunk-Standortdaten im Kampf gegen die Pandemie. Die Analyse von Bewegungsmustern von Handynutzern soll dabei helfen. (Michael Völker, Lisa Nimmervoll, Markus Sulzbacher, 30.3.2020)