Gesundheitsminister Anschober, Kanzler Kurz und Vizekanzler Kogler hatten am Montag keine guten Nachrichten für jene, die sich baldige Normalität wünschen.

Foto: APA / Roland Schlager

Zwei Wochen ist Österreich nun im Notbetrieb, dessen Ende seit Montag wieder etwas weiter in die Ferne gerückt ist. Nach wie vor stehe Österreich am Beginn eines Marathons, erklärte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Es ist die Ruhe vor dem Sturm", sagte er zur aktuellen Lage. Wie grausam dieser sein kann, sehe man, "wenn man in unser Nachbarland Italien schaut", mahnte Kurz. Denn Österreich sei nur zeitlich hinter anderen europäischen Staaten.

Mit einer von vielen in der Bevölkerung erhofften Lockerung der Maßnahmen konnte die Bundesregierung nicht dienen, im Gegenteil. Die Ansteckungskurve müsse weiter gedrückt werden, der Basisreplikationsfaktor, also die Anzahl an Personen, an die ein Infizierter das Virus weitergibt, müsse unter eins fallen. Laut einem Montagfrüh bekannt gewordenem Papier wird dieser Faktor derzeit von Experten mit 1,7 angenommen. "Kein Gesundheitssystem dieser Welt" könne eine rasante Ausbreitung stemmen, auch nicht das österreichische, betonte der Kanzler. Laut Kurz könnte Österreich "Mitte April in einer Situation sein, wo es zur Überforderung der Intensivmedizin kommt".

Experten warnen

Unter der "optimistischen Annahme", dass jeder Infizierte weniger als eine Person ansteckt, bleibt der Bedarf an Intensivbetten auch in Zukunft unter der maximalen Kapazitätsgrenze, prognostizieren laut APA namhafte Wissenschafter – unter ihnen etwa die Rektoren der Uni Wien und der Medizinischen Uni Wien, Heinz Engl und Markus Müller. Die Anzahl der Todesfälle in Österreich bliebe in diesem Fall bis Ende des Jahres bei rund 6000. Bleiben hingegen die aktuellen Zuwachsraten bestehen, wären laut der Expertenprognose bis Ende des Jahres fast 100.000 Tote zu beklagen.

Da der Anstieg und die Ausbreitung der Coronavirus-Pandemie in "einem besorgniserregenden Tempo" vorangingen, wie Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonte, gelte das "Vorsichtsprinzip". Die Verdoppelungsrate bei den Erkrankungen habe sich zwar von 2,5 Tage vor drei Wochen auf aktuell 5,9 Tage erhöht, doch auch das sei noch zu hoch. Das Ziel ist es, auf 14 Tage zu kommen – etwa die Zeit, in der man sich bei einem milden Krankheitsverlauf von Covid-19 auch wieder erholt. Das Problem: "Wir sind von unserem Ziel noch weit entfernt", betonte Anschober.

Um dieses zu erreichen, hat die Regierung weitere Maßnahmen bekanntgegeben. Ab Mittwoch werden Supermärkte am Eingang Masken verteilen, die in den Geschäften getragen werden müssen, sonst wird man nicht hineingelassen. Es handelt sich dabei um einen Mund-Nasen-Schutz.

Das sei eine Änderung der Kultur, sagte Kurz; die Pflicht in den Supermärkten nur der Anfang. Später soll die Maske auch in weitere Lebensbereiche einziehen – etwa bei der Arbeit oder im öffentlichen Raum. Die Maskenpflicht sei jedoch kein Ersatz für das Abstandhalten. Um vor allem zu Stoßzeiten die Einhaltung in Supermärkten zu verbessern, werden etwa Bodenmarkierungen angebracht. Auch soll kontrolliert werden, wie viele Käufer gleichzeitig hineindürfen.

Zudem sollen Personen mit Vorerkrankungen von der Arbeit freigestellt, die touristische Nutzung von Hotels eingestellt werden. Auch der Schutz von Spitälern soll weiter ausgebaut werden. Es gehe um weitere Schutzbarrieren, Zugangsbeschränkungen sowie mehr Testungen.

Bald am Ende der Fahnenstange

Am kommenden Montag will die Bundesregierung erneut Bilanz ziehen. Ob weitere Einschränkungen zu erwarten sind? "Wir sind bald am Ende der Fahnenstange", sagte Kurz.

Die Regierung arbeite derzeit hingegen an der Frage, wie der Notbetrieb wieder beendet und Normalität erneut hergestellt werden könnte. Wenn Maßnahmen irgendwann gelockert würden, dann nur Schritt für Schritt, hieß es. Kurz könne sich vorstellen, mit der Öffnung von Geschäften zu starten. Die Wiederaufnahme des Unterrichts an Unis und Schulen sei nicht prioritär. "Das geht nur, wenn die Zahlen das auch hergeben", sagte der Kanzler. "Im Moment sind wir weit davon entfernt." (Oona Kroisleitner, 30.4.2020)