Wien – Eine Apotheke gilt bereits während einer herkömmlichen Grippewelle als Hotspot, um sich anzustecken. Dementsprechend wurden wegen der Ausbreitung des Coronavirus dort die Sicherheitsmaßnahmen verschärft und sozusagen neue Benimmregeln eingeführt, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Risikogruppen sollten den Gang in die Apotheke überhaupt meiden. Das bekommen vermehrt Online-Apotheken zu spüren, sie zählen zu den wenigen Krisengewinnern.

"Seit Beginn der Krise haben die Bestellungen um bis zu 300 Prozent zugenommen", sagt Marco Vitula, der Chef der zweitgrößten Online-Apotheke des Landes, Vamida. Momentan gingen bis zu 9.500 Bestellungen pro Woche ein – in allen Produktkategorien vermehrt jedoch Erkältungs- und Desinfektionsmittel. Firmenangaben zufolge gab es auch einen veritablen Anstieg bei den Neukunden, im März ein Viertel mehr gegenüber Februar.

Wer ein rezeptpflichtiges Medikament braucht, kommt in Österreich nicht um den Gang in die Apotheke herum.
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Die Krux mit Rezepten

Kein Verständnis zeigt Vitula – besonders momentan – für das Verbot, rezeptpflichtige Medikamente zu versenden: "Ärzte schicken Rezepte in die Apotheke, dennoch muss jemand hingehen und das Medikament abholen. Das ist doch widersprüchlich, vor allem in der aktuellen Situation." Er fordert deshalb, dass dieses Versandverbot zumindest temporär während der Krise aufgehoben wird. Bisher ist das Verschicken lediglich in speziellen Einzelfällen erlaubt. Die dafür notwendigen Prozesse könnten von Versandapotheken analog zu den stationären Apotheken abgebildet werden, meint Vitula.

Diametral anders sieht man das bei der Apothekerkammer. "Beim Versenden rezeptpflichtiger Medikamente wäre die Sicherheit der Patienten nicht voll gewährleistet, weil die unbedingt notwendige Beratung wegfällt", sagt ein Sprecher der Kammer zum STANDARD. Die Beratung rund um Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen zwischen Medikamenten ließe sich nicht ersetzen. Daran soll und werde sich auch nichts ändern.

Für die Corona-Krise gibt es Pläne, dass Apotheker selbst vermehrt Medikamente ausliefern. So bliebe laut Kammer die Beratungskomponente aufrecht. Überdies verweist der Kammersprecher auf die Situation in Deutschland, wo es seit 2004 legal ist, rezeptpflichtige Medikamente über das Internet zu vertreiben: "Die Deutschen diskutieren wegen schlechter Erfahrungen über eine Rücknahme bzw. eine Abänderung des Gesetzes."

Schleppender Beginn in Österreich

In Österreich liefen die Geschäfte für Internet-Apotheken generell sehr schleppend an. Bereits 2012 durften ausländische Apotheken aus dem Europäischen Wirtschaftsraum rezeptfreie Medikamente grenzüberschreitend nach Österreich schicken, sofern diese hierzulande zugelassen waren. Heimischen Betrieben wurde das erst 2015 gestattet. Aus diesem Grund betreibt das 2012 in Wien gegründete Unternehmen Vamida auch einen Standort im tschechischen Brünn, von wo aus nach wie vor Medikamente verschickt werden.

Auch ohne rezeptpflichtige Medikamente wurden bei Vamida die Logistikkapazitäten bereits aufgestockt und zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. "Wegen des zusätzlichen Arbeitsaufwandes haben wir bereits drei neue Mitarbeiter eingestellt, und wahrscheinlich kommen noch weitere drei", sagt Vitula. Aktuell beschäftigt die Firma 32 Personen. (Andreas Danzer, 31.3.2020)