Nachdem sich mehrere Oppositionsparteien in Malawi dieses Mal auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt hatten, schien das Schicksal des autokratischen Herrschers Peter Mutharika besiegelt.Jetzt kam ihm Corona zu Hilfe.

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Für manchen afrikanischen Potentaten ist die Corona-Pandemie keine Plage der Hölle, sondern ein Himmelsgeschenk. So musste Malawis Staatspräsident Peter Mutharika bereits mit dem Ende seiner Herrschaft rechnen, als ihm das Virus eine neue, ganz unerwartete Chance bot. Der 79-jährige Regierungschef war Ende vergangenen Jahres vom Obersten Gericht des südafrikanischen Armutsstaats zur Wahlwiederholung gezwungen worden, weil es die Richter als erwiesen angesehen hatten, dass die Wahl im Mai 2019 auf gröbste Weise gefälscht worden war.

So waren zahllose Stimmzettel mit Tipp-Ex "korrigiert" und die Resultate nicht verifiziert worden. Das Gericht setzte fest, dass die Abstimmung diesen Mai wiederholt werden müsse: Nachdem sich mehrere Oppositionsparteien dieses Mal auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt hatten, schien das Schicksal des autokratischen Herrschers besiegelt. Da öffnete das gefürchtete Coronavirus Mutharika ein Schlupfloch. Der Präsident rief den Notstand über den bettelarmen Binnenstaat aus und verbot sämtliche Veranstaltungen mit über 100 Menschen. Der bereits angelaufene Wahlkampf ist so zu einem Halt gekommen, Beobachter rechnen damit, dass die Wahl womöglich sogar verschoben wird. Und das, obwohl bislang kein einziger Ansteckungsfall aus dem 18 Millionen Einwohner zählenden Land gemeldet wurde.

Kein Einzelfall

Ein zwar krasser, aber kein singulärer Fall. In zahlreichen afrikanischen Staaten stehen in diesem Jahr Wahlen an. Manche wie jene in Guinea, Äthiopien, der Elfenbeinküste und Burkina Faso gelten sogar als Schicksalswahlen.

Anders als sein Amtskollege Mutharika nutzte Guineas Präsident Alpha Condé die Aufregung über die Pandemie, um am Wochenende schnell einen Volksentscheid über das Ende der Beschränkung des Präsidenten auf zwei Amtszeiten zu organisieren: Die minimale Wahlbeteiligung und die Beschäftigung ausländischer Regierungen mit dem pandemischen Jahrhundertthema lässt ihn hoffen, dass sein Blitzschachzug erfolgreich ist.

Auch Ugandas Dauerherrscher Yoweri Museveni sucht aus dem Virus das Beste für sich zu machen. Seine – wenn es nach ihm geht – sechste Wiederwahl zum Präsidenten des ostafrikanischen Staates steht zwar erst fürs nächste Jahr an, doch der Wahlkampf hat längst begonnen. Der 38-jährige Popstar Bobi Wine will den einstigen Befreiungschef in den Ruhestand verbannen.

Um das zu verhindern, rief auch Museveni jetzt den Notstand aus und erließ ein Dekret, wonach sich jeder Politiker strafbar macht, der Nahrungsmittel an die Bevölkerung verteilt. Bobi Wine hatte zuvor eine Versorgungskette für bedürftige Ugander organisiert. In der ehemaligen "Schweiz Afrikas" wurden bislang gerade einmal 33 Ansteckungen mit dem Coronavirus registriert. Viele Staatschefs des Kontinents folgten den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation und verhängten harsche Ausgangssperren über ihre Länder.

Gewalt gegen Demonstranten

Solche Lockdowns sind für Afrikaner wesentlich härter als für Europäer: Sie leben oft dichtgedrängt in Slums und von der Hand in den Mund – ohne Gelegenheitsjobs verdienen sie auch nichts. In Ländern wie Kenia, Burkina Faso und dem Senegal kam es deshalb auch schon zu Protesten, die die jeweiligen Sicherheitskräfte mit Gewalt unterdrückten. In Kenia wurden hunderte Demonstranten mit Tränengas, Schlagstöcken und Fußtritten traktiert. Senegalesen, die gegen das Ausgehverbot verstoßen, drohten zwei Jahre Gefängnis.

Selbst in dem als demokratischer Leuchtturm des Kontinents gepriesenen Südafrika ist eine Debatte über die Rechte der Bevölkerung entbrannt, nachdem auch dort die Sicherheitskräfte mit brutaler Härte gegen Verstöße geben die Ausgangssperre vorgingen. Zigtausende Obdachlose werden derzeit in Heime verfrachtet, Passanten ohne Passierschein ausgepeitscht oder zu Liegestützen gezwungen, in einem Township außerhalb Johannesburgs erschossen Polizisten am Sonntag einen 41-Jährigen im Vorhof seines Hauses. Manche sehen sich bereits an den Polizeistaat zur Apartheidzeit erinnert: "Wird die Reaktion auf das Virus unsere so mühsam errungene freiheitliche Gesellschaftsordnung wieder zerstören?", fragt sich Zaheera Jinnah, Soziologin an der Johannesburger Witwatersrand-Universität. (Johannes Dieterich, 31.3.2020)