Vielleicht wäre es an der Zeit für ein Krisenwörterbuch.

Für Wörter, die zu Unwörtern mutieren und die wir danach, wenn das alles vorbei ist, nie wieder hören wollen – oder wenn, dann nur noch in gänzlich anderem Zusammenhang.

Die Maßnahme zum Beispiel. Laut Duden eine "Handlung, die etwas Bestimmtes bewirken soll", und deren Ankündigungen durch die jeweils Regierenden uns früher mehr oder weniger unbeeindruckt gelassen haben. Nach der altbewährten Erkenntnis: Es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht.

Masken wollen wir künftig lieber wieder nur beim Karneval in Venedig (Venedig!) und im Theater (Theater!) sehen.
Foto: imago/Christian Spicker

Und ob! Wie heiß man essen können muss, das wissen wir jetzt – und freuen uns auf Kühleres, wenn nicht Eiskaltes. Auf Zeiten, die uns wieder Alternativen bieten, was zum Krisenwort alternativlos führt. "Keine andere Möglichkeit zu haben" oder das zumindest anzunehmen: Das ist echt ungemütlich. Zu Recht wohl kürte man alternativlos in Deutschland schon 2010 zum Unwort des Jahres.

Ja, dann wäre da natürlich noch die Maske, die wir künftig lieber wieder beim Karneval in Venedig (Venedig!) und im Theater (Theater!) sehen wollen, live und vor Ort. Oder der Shutdown, den wir bislang nach Budgetstreitigkeiten in den USA verortet haben, das Tracking, die Risikogruppe. Und das Abstandhalten. Das ist auf der Autobahn doch wirklich attraktiver als in unserem Alltag.

Das Wort des Jahres suchen wir noch. Vielleicht heißt es Solidarität. Oder auch Gesundheitsberufe. Oder schlicht danke. (Renate Graber, 31.3.2020)