"Isoliere dich!" ist die Forderung, die vom Kanzler abwärts bis zu den Tageszeitungen aufwärts postuliert wird. Dem Virus sei Dank haben sehr viele Menschen nun sehr viel Tagesfreizeit. Man könnte zu lesen beginnen. Man könnte jene Rezepte kochen, für die sonst keine Zeit ist. Auch die Wohnung an sich bietet viele Möglichkeiten, sich einzubringen: putzen, wischen, auskehren, Spinnen nach draußen bringen ... einfach einmal das Sofa zur Seite schieben, und schon füllt sich der Auftragskatalog wie von allein.

Viele Menschen haben nun mehr Tagesfreizeit, die fürs Garteln genützt wird.
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Die, die am wenigsten unter Isolation und Zeitüberschuss leiden, sind die Gartlerinnen und Gartler. Sie haben immer zu tun, brauchen dazu nur selten Mitmenschen und stehen so und so im Dialog mit ihren Pflanzen. Nehmen wir den Küchengartler her: Immer zwei Stockerln Basilikum auf dem Fensterbrett, hat er genug zu tun. Zwei Pflanzen pflegt er, damit sich immer eine von der kulinarischen Entlaubung erholen kann, während die andere devot ihre duftenden Blätter zur Verfügung stellt.

Der weise Küchengartler zupft immer von innen weg, damit die Blätter einander weniger beschatten. Und er kappt hin und wieder einen ganzen Trieb von der Spitze, um das Wachstum der Seitentriebe anzuregen. Die weise Zimmergartlerin hingegen steht stets im Zwiegespräch mit ihrem Zitronenbäumchen am hellen Fenster. Sie fragt, ob nicht bereits die eine oder andere Laus gut versteckt am Saugen und Sich-Vermehren sei – sie denkt dabei speziell an die Schild- und Wollläuse, auf die sie das Bäumchen penibel kontrolliert. Gelegentliches Besprühen mit kühlem, abgekochtem Leitungswasser hilft Zitruspflanzen, die meist zu trockenen und warmen Wintermonate in einer Wohnung zu überstehen.

Balkonpflege

Wer das Glück hat, einen Balkon nützen zu können, ist auch nie isoliert oder gar von Fadesse gezeichnet. Balkonisten kontrollieren regelmäßig den Rosmarin, freuen sich über erste Estragon-Austriebe und ernten fast täglich ein wenig Minze für ihren Tee. Jetzt im Frühling reichern sie die Erde in den Trögen mit Sand und Kompost an, schneiden eventuell einigen Wurzelfilz der Kübelpflanzen zurück und stutzen die Rosen auf ein Drittel.

Da brauchst niemanden, der neben oder hinter dir steht und Ezzes schiebt. Denjenigen, der ein paar Quadratmeter Garten zu pflegen hat, den juckt die Isolation auch Nüsse. Diese sind für die Gartlerin und den Gartler durchaus problematisch. Denn findige Eichkatzerln vergraben sie recht tief, und wenn Walnüsse einmal antreiben, sind sie nur mit Urgewalt aus dem Substrat zu reißen.

To-do

Der Frühling sieht aber noch andere Tätigkeiten vor: Es gilt, den Gartenboden auf gewünschte und ungewünschte Triebe zu kontrollieren und entsprechend einzuschreiten. Der Kompost gehört umgestochen und verblühte Samenstände letztendlich dann doch entfernt. Des Weiteren können die Voraussichtigen, die am Samstag oder Sonntag vor dem Shutdown noch in der Gärtnerei ihres Vertrauens den Kofferraum bis unters Dach angefüllt haben, nun ihre Mitbringsel im Garten vergraben. Wenn da noch Platz wäre.

Das ewige Problem der ambitionierten Umgestalter ist der Platz – überall wächst schon etwas. Wohin mit den Neuankömmlingen? Ratlos sieht man die unerfahrenen Hamsterkäufer in ihren noch leer scheinenden Beeten stehen, einen kleinen Pflanztopf in der einen, ein Schauferl in der anderen Hand und bar jeder Idee, wo man die Pflanze denn eingraben sollte. Ratlos, aber nicht einsam – denn Gartlerinnen und Gartler sind nie allein. (Gregor Fauma, RONDO, 5.4.2020)