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Ob im Tourismus oder am Bau, in der Industrie oder im Handel, alt oder jung: Die Corona-Krise hat tiefgreifende Spuren der Verwüstung am Arbeitsmarkt hinterlassen, die in Österreich keine Branche, keine Altersgruppe und auch keine Region ausgelassen hat. Überall ist die Zahl der Arbeitslosen stark, genau genommen um 199.934 Personen im Vergleich zu März 2019, angestiegen. Wer mit der Lupe sucht, findet sehr wohl einige Unterschiede in puncto Betroffenheit und auch durchaus ein paar überraschende Entwicklungen.

Regional war der Zuwachs bei der Arbeitslosenrate in den westlichen Bundesländern Tirol und Salzburg am stärksten. Das liegt einerseits daran, dass diese Länder bisher eine sehr niedrige Quote hatten, der Zuwachs sich also in der Statistik gleich stärker auswirkt, als zum Beispiel in Wien, wo die Lage am Jobmarkt schon länger angespannt ist. Zugleich wirkt sich hier aus, dass im Tourismus durch das vorzeitige Ende der Wintersaison besonders viele Menschen auf einen Schlag ihren Job verloren haben.

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Auch junge Menschen betroffen

Auch bei den unter 25-Jährigen sind deutlich mehr Menschen betroffen, als in übrigen Altersgruppen. Helmut Mahringer, Arbeitsmarktexperte beim Forschungsinstitut Wifo, führt das vor allem darauf zurück, dass Jüngere stärker in Branchen arbeiten, in denen kurzfristige und instabile Beschäftigungsverhältnisse üblich sind, die dann auch als erstes aufgelöst werden können. Neben Tourismus, ist das auch in der Gastronomie der Fall, wo die Kündigungsfrist oft gar nur einen Tag beträgt oder in der Leiharbeit. Ebenfalls stärker ist der Anstieg unter Migranten. Auch das liegt daran, dass die erwähnten Sektoren stärker betroffen sind.

Spektakulär war auch die Entwicklung am Bau mit einem Plus von über 100 Prozent. Viele Baustellen stehen still. Im Handel ist die Zahl der Jobsuchenden um 42 Prozent gestiegen.

Zu den Überraschungen: Christian Helmenstein, Chefökonom der Industriellenvereinigung, sagt, dass er diese starke Zunahme bei Arbeitslosenzahlen in so kurzer Zeit nicht erwartet hätte. Umso mehr, da der Staat Betrieben anbietet, ihnen Arbeitnehmer in Form von Kurzarbeit finanziell auf Zeit abzunehmen. Ein Betrieb kann aktuell Beschäftigte für ein oder zwei Monate gar nicht einsetzen. Das AMS zahlt das, erst danach muss im System wieder gearbeitet werden.

Ohne Perspektive

Dass dennoch viele Betriebe kündigen, deutet laut Helmenstein darauf hin, dass ein Teil der Unternehmen nicht nur mit dem aktuellen Einbruch kämpft, sondern auch schon davor Probleme hatte und nun endgültig keine längerfristige Perspektive mehr sieht. Eine weitere ernüchternde Nachricht hat er auch parat: Aktuell trifft die Rezession durch den Shutdown vor allem den Dienstleistungssektor. Der Industrie geht es noch besser. Hier sind bisher vor allem die Automobilhersteller betroffen, die zeitnah auf Kundenwunsch produzieren.

Weil aktuell die Aufträge fehlen, die Autohändler haben zu, steht ein Teil der Produktion still. Mittelfristig werden auch andere Industrieunternehmen stärker betroffen sein, sagt Helmenstein , weil die steigende Arbeitslosigkeit zu einem Konsumrückgang führen werde.

Kurzarbeit zeigt Ausmaß der Turbulenzen

Um das ganze Ausmaß der Turbulenzen am Arbeitsmarkt zu sehen, ist auch ein Blick auf die Kurzarbeit notwendig. Laut Arbeitsministerin Christine Aschbacher sind bisher 12.596 Anträge auf Corona-Kurzarbeit eingebracht worden. Diese betreffen 250.000 Arbeitsplätze. Sprich: 450.000 Menschen haben im März durch den Shutdown ihren Job verloren oder sind nun von staatlichen Zuschüssen zur Beschäftigung abhängig. Zum Vergleich: Aktuell gibt es 3,6 Millionen unselbständige Beschäftigte und 500.000 Selbständige.

Die hohe Zahl an Kurzarbeitsanträgen ist zugleich eine gute Nachricht: Das Modell, bei dem Arbeitnehmer besser aussteigen, als wenn sie arbeitslos werden, kommt offenbar bei einem Teil der Firmen sehr wohl an. Kurzarbeit ist traditionell nur in der Industrie ein etabliertes Instrument. Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Vida heißt es, dass nun auch viele Dienstleister das Modell beantragen. Vida-Generalsekretärin Anna Daimler erzählt, dass selbst kleine Friseurläden, mit ein oder zwei Angestellten, in Kurzarbeit gehen. Kaum angenommen werde das Modell in der Gastronomie.

Handel: Run auf Kurzarbeit

Ganz anders die Entwicklung im Handel: Praktisch der ganze Möbelhandel geht in Kurzarbeit, neben Kika, XXXLutz, auch Ikea – Letztere verhandeln gerade noch die Details. Ähnlich bei Drogeriekette DM: Seit 15. März sind die 171 Friseur- und 113 Kosmetikstudios sowie die Gesunde-Pause Frischetheken von DM geschlossen. Die 2200 hier beschäftigten Mitarbeiter wurden ab 23.3. zur Kurzarbeit angemeldet, soweit kein Einsatz im Handel möglich war. Auch Sportartikelhändler melden ihre Mitarbeiter an, etwa Sports Direct.

Beim AMS wird betont, dass einige der im März beantragten Kündigungen in Kurzarbeit umgewandelt wurden. Ein Hoffnungsschimmer: Am Mittwoch wurde mit einem neuen Ansturm gerechnet, weil bei vielen Angestellten die Kündigung erst Ende März ausgesprochen werden konnte. Im Vergleich zu den vergangenen zwei Wochen war der Mittwoch aber eher ruhig, heißt es aus dem AMS in Wien. Kommentar Seite 24. (András Szigetvari, Regina Bruckner, 2.4.2020)