Die Grafikerin und Studierende Valerie Huber hat zusammen mit Autorin Leslie Fedora Keferstein die Illustration zu diesem Beitrag entwickelt.

Illustration: Valerie Huber

Bündel von Plastikmüll, die einst britischen Zucker, deutschen Käse und italienische Zwiebeln enthielten, liegen auf den Mülldeponien Malaysias. Für das Investigativ-Team von Greenpeace Italien einer der vielen Hinweise, die sie auf die Spur illegaler Plastikexporte von italienischen Unternehmen brachten.

"Wird grüner Aufdeckjournalismus die Welt retten?" Elisa Murgese und Giuseppe Ungherese von Greenpeace Italien wollten diese Heilserwartung beim Journalismusfestival in Perugia diskutieren. Das Festival ist abgesagt – das Thema aber bleibt aktuell. Wie die oft unscharfen Grenzen von Journalismus und Aktivismus.

Recherchen und Berichte von Greenpeace und Co. "ergänzen den unabhängigen Journalismus, müssen aber immer mit Blick auf die Interessen der Verbände beurteilt werden. Unabhängiger Journalismus, der immer auch die Gegenseite hört, ist unverzichtbar", erklärt Joachim Wille, Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter.de, den wir zu dem Thema befragt haben.

1300 Tonnen Plastikmüll nach Malaysia

Nach den Recherche-Ergebnissen von Greenpeace Italien exportierten italienische Unternehmen von Jänner bis Ende September 2019 rund 1.300 Tonnen Plastikmüll illegal an malaysische Unternehmen. Aufmerksamkeit erhielten die Ergebnisse des Investigativ-Teams auch durch die breite Berichterstattung der Medien.

Aufgrund der Recherche-Ergebnisse forderte Greenpeace Italien die italienische Regierung auf, den illegalen Export nach Malaysia zu unterbinden. Der italienische Umweltminister Sergio Costa forderte als direkte Konsequenz Maßnahmen für einen besseren Recyclingkreislauf, wie Al Jazeera berichtet. Der Export von Plastikabfällen in Entwicklungsländer unterliegt scharfen Regeln. Ab 2021 tritt ein vollständiges Verbot für den Export schlecht recyclebarer Abfälle aus der EU in Entwicklungsländer ein, wie die 187 Vertragsstaaten des Basler Übereinkommens in Genf 2019 einstimmig beschlossen.

Langwierige Prozesse

Der Klimawandel wurde mittlerweile als globales Thema und immense Herausforderung verstanden. Leider setze das bisher nur selten wirkliche Veränderungen in Gang, beklagte Umweltjournalistin Susanne Götze gegenüber fachjournalist.de.

Der Kampf für die Umwelt setzt einen langen Atem voraus: Im Zuge der Kampagne "Stoppt Mochovce!" geht die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 schon seit Jahrzehnten gegen die vollständige Inbetriebnahme des technisch stark veralteten, 100 km von der österreichischen Grenze entfernten Atomkraftwerks Mochovce vor.

Gemeinsam mit Whistleblowern deckte das Team von Global 2000 zahlreiche gravierende Sicherheitsmängel des in Bau befindlichen Reaktors 3 auf. Trotz großer medialer Aufmerksamkeit, zahlreicher Aktionen, rechtlicher Schritte von GLOBAL 2000 und Forderungen der österreichischen Bundesregierung an die Slowakei, droht weiterhin die Inbetriebnahme.

Investigativer Journalismus ist zeitaufwändig und daher potenziell teuer. Schon vor der Corona-Krise waren viele Redaktionsbudgets knapp. Recherchezentren wie das gemeinnützige "Correctiv" und Rechercheplattformen wie das von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz finanzierte "Addendum" oder "Dossier" widmen sich, mit doch ganz verschiedenem Hintergrund, aufwändigeren Recherchen.

Kritische Kontrolle

"Klimareporter"-Chefredakteur Wille misst unabhängiger Berichterstasttung zu Themen wie Klimawandel und Energiewende eine besondere Bedeutung bei, wenn "Politiker zwar inzwischen die Bedeutung schnellen Handelns gegen die Klimakrise als wichtig bezeichnen, die tatsächlichen Beschlüsse dem aber meist noch nicht entsprechen".

Das Virus und die Umwelt

Wille weist besonders auf die aktuelle Lage aufgrund von Covid-19 hin. Tritt das Thema Umwelt, wie viele andere Themen derzeit, in den Hintergrund, sei es umso wichtiger, kritisch zu kontrollieren, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. "Hier muss jetzt insbesondere geprüft werden, inwieweit die Maßnahmen zur Überwindung der Corona-Wirtschaftskrise mit den Erfordernissen übereinstimmen, die etwa der Weltklimarat IPCC vorgegeben hat", erklärt er.

Die Aufgabe der kritischen Kontrolle übernehmen derzeit zumeist NGOs. Die Aufgabe des Journalismus müsse es dann sein, nicht etwa deren Recherche zu übernehmen, sondern in Anerkennung des Expertenwissens von NGOs und Interessensvertretungen, die richtigen Fragen zu stellen, nach den Regeln objektiver Berichterstattung die angebotenen Fakten zu überprüfen, Pro- und Gegenstimmen öffentlich zu machen und damit den Umweltdiskurs positiv zu beeinflussen. (Leslie Fedora Keferstein, 3.4.2020)