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Seit Ende des Jahres setzt das Innenministerium auch Gesichtserkennungssoftware ein.

Foto: AP

Das österreichische Innenministerium verfügt in seinen Datenbanken über knapp zehn Millionen Gesichtsbilder. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervor, die vom Neos-Abgeordneten Nikolaus Scherak eingebracht wurde. Ein Teil davon wird vom Bundeskriminalamt eingesetzt, um seine neue Gesichtserkennungssoftware zu testen. Diese wird seit Ende des vergangenen Jahres eingesetzt, wie Bundeskriminalamt-Sprecher Vincenz Kriegs-Au dem STANDARD bestätigt.

Lichtbilder der "Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz"

Für seinen aktuellen Testbetrieb kann das Bundeskriminalamt auf Lichtbilder der "Zentralen Erkennungsdienstlichen Evidenz" zugreifen. In dieser Datenbank finden sich rund 604.200 Fotos von Personen, die von der Polizei bereits erkennungsdienstlich erfasst wurden.

"Wird eine Straftat verübt und der Täter bildlich festgehalten, dann wird diese Aufnahme mit den Fotos der Straftäter-Datenbank abgeglichen. Wenn es einen Treffer gibt, dann hat der Polizist einen Ermittlungsansatz, mit dem er weiterarbeiten kann", erklärt Kriegs-Au. Der Suchvorgang erfolgt nicht automatisch, sondern muss von einem Beamten in Gang gesetzt werden. Derzeit hat nur das Bundeskriminalamt Zugriff auf die Software, bis Ende 2020 soll auch in den Landeskriminalämtern der operative Regelbetrieb starten.

Innenministerium speichert Fotos in 13 Datenbanken

Angesichts der gut gefüllten Fotodatenbanken des Innenministeriums warnt der Neos-Politiker Scherak auch vor einem automatischen Abgleich der Bilder. Dieser könnte die "Basis für eine flächendeckende Überwachung" werden.

Die knapp zehn Millionen Fotos stammen aus 13 Datenbanken, etwa dem Identitätsdokumentenregister, in dem Passfotos gespeichert werden, dem Fremden- oder dem Waffenregister. Aus der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage geht auch hervor, dass das Innenministerium zwei Analyseplattformen unterhält, die auch der "Vorbeugung gefährlicher Angriffe" dienen.

Technologie umstritten

Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware ist höchst umstritten. Die US-Metropole San Francisco hat den Einsatz von Gesichtserkennungstechnologien durch Behörden im vergangenen Jahr verboten. Die Gefahr, dass der Einsatz solcher Technologien die Bürgerrechte verletzen könne, überwiege die behaupteten Vorteile bei weitem, entschied der Stadtrat. Der Einsatz von Gesichtserkennung drohe rassistische Ungerechtigkeit zu verschärfen und "bedroht unsere Möglichkeit, frei von ständiger Beobachtung durch die Regierung zu leben", heißt es in dem Beschluss.

Die städtische Polizei und andere städtische Behörden dürfen gemäß der Entscheidung keinerlei Gesichtserkennungstechnologie erwerben, besitzen oder nutzen. Flughäfen und andere von den Bundesbehörden betriebene Einrichtungen sind von dem Verbot ausgenommen. Mittlerweile verzichten auch andere US-Städte auf die Technologie.

Kritiker sehen einen starken Eingriff in die Privatsphäre. Zudem drohe die Gefahr, dass Unschuldige fälschlich als Straftäter identifiziert werden. Befürworter der Technologie halten dem entgegen, Gesichtserkennung helfe der Polizei im Kampf gegen die Kriminalität und bringe mehr Sicherheit. (Markus Sulzbacher, 2.4.2020)