Vor drei Wochen war eine kritische Einschätzung der Regierungsmaßnahmen zur Virusabwehr nicht besonders beliebt, aber es wird besser. Wenn es Sonntag sogar im "Kurier" hieß, es sei trotz Verboten "nicht nur erlaubt, sondern geradezu geboten, sich selbst Gedanken darüber zu machen, ob wir der Apokalypse wirklich nahe sind – zumindest wird dieser Eindruck teilweise vermittelt" –, dann deutet das darauf hin, dass die obrigkeitliche Schulterschlussrechnung ein Defizit ergibt, das sich nicht ganz auf null ausgeht. Und das ist gut so, denn es gilt dafür einzustehen, dass in kritischen Zeiten kritisches Denken nicht eingeschläfert werden darf, sondern ermuntert werden muss, soll die österreichische Gesellschaft vor dem Virus einer schleichenden Magyarisierung bewahrt und die demnächst anstehende Maskenpflicht nicht als nationaler Maulkorb verstanden werden. Unter Fachleuten umstritten, schadet sie auch nicht.

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Die US-Firma Palantir bietet Österreich Software an.
Foto: REUTERS/ARND WIEGMANN

Die messagekontrollierten Fernsehausritte der vier apokalyptischen Retter erstarren allmählich zu einem leeren Ritual, dessen Offenbarungscharakter stark mit Einschränkungen und Durchhalteparolen, versüßt durch das Lob einer gehorsamen Bevölkerung, durchsetzt sind. Ihre Pferde sind türkis bis grün, da schlägt man schon manchmal gegeneinander aus, aber nicht zu fest. Die gesundheitspolitisch versierte Landwirtschaftsministerin sperrt die eingesperrten Wienerinnen und Wiener von hunderten Hektaren an Bundesparks aus. Da darf es dann auch nicht zu den Corona-Straßen kommen, die eine grüne Vizebürgermeisterin der Bevölkerung als Ersatz verkehrsfrei halten will. Eine Gefährdung der Volksgesundheit, wie sie von Schönbrunn und Augarten ausgeht, darf nicht auf den Asphalt übergreifen.

Rettungsangebot

In die Ruhe vor dem Sturm platzt das Rettungsangebot aus dem Silicon Valley. Endlich ein Hoffnungsschimmer! Das amerikanische, von dem Wohltätigkeitsverein CIA mitfinanzierte Unternehmen Palantir will der Regierung helfen, das österreichische Gesundheitssystem effizienter zu machen. Natürlich völlig selbstlos. Das hat Sebastian Kurz zwar schon einmal mit der FPÖ versucht, aber ein zweiter Versuch kann nicht schaden. Besonders wenn er von einem Staat inspiriert ist, dessen Gesundheitssystem in der ganzen Welt für seine allgemein leistbare Versorgung von der Geburt bis ins hohe Alter berühmt ist. Wer da nicht zugreift, handelt verantwortungslos am virenbedrohten Volkskörper. Wie berichtet, prüft das Gesundheitsministerium das Angebot. Hoffentlich mit dem entsprechenden Wohlwollen.

Da ist es sicher hilfreich, wenn man nicht zu stürmisch, sondern zunächst gelinde das Thema Tracking und Überwachung durch sonstige Apps einsickern lässt. Die Menschen sind nun einmal so, dass sie sich an das, was für sie das Beste ist, erst allmählich gewöhnen müssen. Man kann ja damit beginnen, Überwachung auf freiwilliger Basis zu empfehlen. Das lässt sich dann immer noch steigern und polizeilich überwachen, wie schon jetzt die Einhaltung der vorgeschriebenen Distanz. Sollte sich eine Regierung damit von demokratischen Grundregeln distanzieren – es ist nur für die Gesundheit. (Günter Traxler, 2.4.2020)