Justizministerin Alma Zadić bei einer Pressekonferenz mit Schutzmaske.

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Wien – Hinter den Mauern und Gittern der heimischen Justizanstalten herrsche bei den Häftlingen großes Verständnis für die Covid-19-bedingten Einschränkungen, gab Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Freitag bei einer Pressekonferenz bekannt. Eine Umfrage in allen 28 Gefängnissen zeige, dass die Maßnahmen sehr gut angenommen würden.

Zumindest für die größte Anstalt des Landes, jene in Wien-Josefstadt mit rund 1.100 Insassen, stimmt das aber nur bedingt. Bereits in der Vorwoche berichtete ein Justizwachebeamter der Austria Presseagentur, dass die Stimmung "wie bei einem Kelomat sei" und man hoffe, dass der Deckel dem Druck standhalte. Das Justizministerium widersprach dem.

"Stimmung ist angespannt"

Aber auch dem STANDARD berichten Verteidiger, dass die Lage nicht so gut sei, wie es der Auftritt von Zadić vermitteln sollte. "Die Stimmung ist angespannt", sagt ein Rechtsvertreter, der derzeit sehr viele Häftlinge in der Josefstadt betreut. Die Streichung von Besuchen und massiv verkürzte Hofgänge belasten die Insassen.

Auch die Errichtung von Isolierabteilungen, in denen neu aufgenommene Häftlinge zwei Wochen in Quarantäne gehalten werden, habe zu Problemen geführt. Denn um Platz für diese Abteilungen zu schaffen, wurden Gesunde in bereits belegte Zellen verlegt, wo nun weniger Platz sei. Eine Verteidigerin erzählt, dass ihrem Mandanten nicht, wie ursprünglich versprochen, Videotelefonie als Ersatz für Besuche ermöglicht wurde.

Häftlinge nähen 3.000 Masken pro Woche

Zumindest für Beschäftigung werde gesorgt, verkündete die Justizministerin. Derzeit würden in der Hälfte des Justizanstalten Stoffmasken hergestellt. 3.000 Stück pro Woche sollen vorerst produziert werden, sowohl für den Justiz-Eigenbedarf als auch für den Gesundheitsbereich.

Zadić lieferte in der Pressekonferenz auch einen Überblick über jene Maßnahmen aus ihrem Ressort, die im Nationalrat am Freitag im Zusammenhang mit Corona zum Beschluss anstehen. So sind Mieten, die aufgrund der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von 1. April bis 30. Juni nicht oder nicht vollständig bezahlt werden, kein Kündigungsgrund, können bis Jahresende nicht eingeklagt und auch nicht mit einer bezahlten Kaution abgedeckt werden. Delogierungen werden gesetzlich verboten. Befristete Mietverträge können weiterlaufen, ohne dass sie sich automatisch um drei Jahre verlängern.

Videokonferenzen ermöglicht

Vermieter, die damit um ihr Einkommen umfallen, können ihre Kredite stunden lassen. Für Verzugszinsen gibt es eine Beschränkung auf die gesetzliche Höhe von vier Prozent. Im Baubereich sind bei Konventionalstrafen für Verzögerungen Erleichterungen vorgesehen. Gesellschaftsrechtlich wird etwa für GmbHs und Vereine die Möglichkeit geschaffen, Versammlungen auch mittels Videokonferenzen oder ähnlichem abzuhalten, und bei verpflichtenden Rechnungslegungen werden die Fristen erstreckt.

Für den Justizbereich selbst ist eine Unterstützung für jene vorgesehen, die ihre Haft zu Hause mit Fußfessel absitzen. Verlieren sie aufgrund der Krise ihren Job, müssen sie nicht sofort zurück ins Gefängnis, sondern erhalten einen mehrmonatigen Aufschub. Auch was ihre Versicherung in dieser Zeit betrifft, strebe man gemeinsam mit dem Sozial- und Arbeitsministerium eine Lösung an, versprach Zadić. (moe, APA, 3.4.2020)