Mama, ich mag den J. anrufen. Mit Video!", sagt mein Sohn. Nicht nur die Arbeitswelt nutzt in der Corona-Krise neue Kommunikationskanäle, selbst Dreijährige sind dieser Tage auf Tools wie Videotelefonie oder Sprachnachrichten angewiesen. Treffen im Park oder ein Besuch bei einem anderen Kind zu Hause sind nicht möglich. Die Tage zu Hause sind trotzdem lang. Zwischen Homeoffice und Haushalt dann das Handy zu schnappen und den um ein Jahr älteren Cousin des Kindes anzurufen ist auch für die Eltern eine willkommene Abwechslung.

Mit Einsatzfahrzeugen spielen geht auch übers Smartphone. Sirenentest und Feuer löschen inklusive.
Foto: Winkler-Hermaden

Wie sehr haben wir uns immer mit der Frage beschäftigt, ob zu viel Bildschirmzeit schlecht für die Entwicklung sei und sie auf einem Minimum belassen. Bequem wäre es öfter schon gewesen. Dann in der Not keine Muße mehr für solche Gedanken.

Und es stellt sich heraus: Das digitale Spielen in den 2020er-Jahren funktioniert blendend. Die Kleinen bedienen die Kommunikationswerkzeuge, als hätten sie davor nichts anderes getan. Was in meiner Kindheit nicht einmal in den kühnsten Vorstellungen möglich schien, wird nun Realität. Die Buben schnappen sich ihre Lieblingsautos, der eine sitzt vor Papas Smartphone-Schirm in Niederösterreich, der andere hängt am Tablet in Wien. Wer hat das Fahrzeug mit der lauteren Sirene? Wessen Abschleppwagen den längeren Kran? Mein Sohn läuft zwischen Wohnzimmer und Kinderzimmer hin und her, holt Spielzeugnachschub und kommentiert lautstark sein Tun. Die Eltern kommen im 30-minütigen Gespräch kaum zu Wort. Tränen kullern über die Wangen des Dreijährigen als wir dann doch irgendwann auflegen.

Theaterstück im Posteingang

Ein fixer Bestandteil sind auch die digitalen Begegnungen mit Oma, die wir im Real Life nun schon länger nicht mehr gesehen haben. Via Videocall erzählen wir von unseren Erlebnissen in den eigenen vier Wänden.

"Oma, Theater spielen!", fordert mein Sohn dann einmal. Am nächsten Tag wieder. Und nach dem dritten Mal? Da finden wir im Posteingang eine Videodatei vor. Oma spielt Theater und hat es mit dem Handy aufgezeichnet. In den Hauptrollen: Teddybär, Stoffhund und Gartenzwerg. Die Handlung: Irgendwer macht für irgendjemand anderen ein Essen.

Typisch meine Mama, denke ich mir und freue mich, welch Experimentierfreude sie an den Tag legt. Der Enkel ist begeistert: "Noch mal!", ruft er, als das Video zu Ende ist. Wir schauen es gleich fünfmal hintereinander. (Rosa Winkler-Hermaden, 04.04.2020)